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    Meinungen  11356  8 Kommentare Asylrecht: Sticht Friedrich Merz ins Wespennest?

    Die Themen Migration und Asyl werden weltweit diskutiert. Aktuell gewinnen sie vor dem Hintergrund des UN-Migrationspakts an Bedeutung. Am Mittwoch gab Friedrich Merz ein Statement zur Asyl-Situation in Deutschland. Nun ist eine lebhafte Debatte entbrannt über Meinungslager und Rechtslage.

    Friedrich Merz sagte im thüringischen Seebach, dass Deutschland das einzige Land der Welt sei, das ein Individualrecht auf Asyl in der Verfassung stehen habe und so wörtlich: "Wir müssen irgendwann einmal eine große öffentliche Debatte darüber führen, ob man einen gesetzlichen Vorbehalt ins Grundgesetz schreibt".

    Grünen-Chefin Annalena Baerbock kommentierte die Aussage so: 

    "Es ist nicht klar, welches konkrete Problem er mit seinem Vorstoß lösen will. Jedenfalls scheint an Herrn Merz vorbeigegangen zu sein, dass das Asylgrundrecht in Deutschland bereits seit der Asylrechtsänderung von 1993 eingeschränkt ist. Im letzten Jahr haben gerade mal 0,7 Prozent der Schutzsuchenden Asyl auf Grundlage des deutschen Asylgrundrechts erhalten. Der Großteil, nämlich knapp 20 Prozent, erhielt dagegen Flüchtlingsschutz aufgrund der Genfer Flüchtlingskonvention. Diese gilt auch im Rest der EU. Herr Merz suggeriert also fälschlicherweise, das deutsche Asylrecht würde weit über das europäische Recht hinausgehen. In allen EU-Staaten wird aber bereits heute das Asylrecht gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention gewährleistet. Dieses geht zum Teil sogar über das deutsche Asylgrundrecht hinaus. Diese Fakten sollte auch Herr Merz wahrnehmen. Unabhängig davon gilt, dass das Grundrecht auf Asyl gute Gründe hat, die nicht zuletzt in der deutschen Geschichte liegen". (Quelle: "Funke Mediengruppe")

    Niema Movassat, verfassungspolitischer Sprecher der Linke-Fraktion im Bundestag, sagte:

    "Friedrich Merz legt die Axt an die letzten Reste des Asylrechts an und will sich so offensichtlich an AfD-Wähler anbiedern. Davon profitiert am Ende aber nur die AfD. Offenbar haben weite Teile der Union nur noch ein Thema: Migrationsabwehr". (Quelle: "Welt")

    Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel sagte: 

    "Das Individualrecht auf Asyl infrage zu stellen, ist geschichtsvergessener Unfug. Im CDU-internen Wettrennen wer populistischer daherredet, hat Friedrich Merz jetzt unsere Verfassung attackiert. Was kommt als Nächstes – die Menschenwürde oder die Religionsfreiheit?". Und Aziz Bozkurt, Bundesvorsitzender der AG Migration und Vielfalt in der SPD, sagte: "Der Drang nach verfassungsfeindlichen Vorschlägen scheint mit Friedrich Merz von der CSU nun auch auf die CDU geschwappt zu sein. Der geschichtsvergessene Quatsch zum Grundrecht auf Asyl hat allein das Ziel, auf der Welle der Rechtsextremen ins Kanzleramt zu surfen". (Quelle: "Welt")

    SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil meinte:

    "Für die SPD gibt es beim Grundrecht auf Asyl keinen Redebedarf. Das ist für uns unantastbar. Annegret Kramp-Karrenbauer polarisiert gegen die Ehe für alle, Jens Spahn verbreitet Verschwörungstheorien über den UN-Migrationspakt und Friedrich Merz stellt das Grundgesetz in Frage. Im Rennen um den CDU-Vorsitz scheint es nur noch darum zu gehen, sich möglichst weit von Angela Merkel zu distanzieren". (Quelle: "Funke Mediengruppe")

    AfD-Bundestagsfraktionschef Alexander Gauland äußerte:

    "Der Vorschlag von Friedrich Merz zur Einschränkung des Asylrechts ist völlig richtig. Ich freue mich, dass Merz damit eine alte Forderung der AfD-Fraktion aufgreift. Merz kann bei einer Änderung des Asylrechts im Grundgesetz auf die Unterstützung der AfD-Fraktion zählen. Deutschland kann sich das Asylrecht in seiner jetzigen Form nicht länger leisten. Angesichts der anhaltenden weltweiten Flüchtlingsströme überfordert das aktuelle Asylrecht Deutschland und macht es zum Anziehungspunkt für Millionen Menschen, die nicht hierhergehören. Das Asylrecht muss wie in anderen Ländern auch endlich von einem individuell einklagbaren Recht in eine institutionelle Garantie umgewandelt werden. Allerdings darf die Diskussion über eine Änderung des Asylrechts nicht wie von Merz vorgeschlagen ‚irgendwann einmal‘ geführt werden, sondern muss sofort beginnen. Angesichts der anhaltenden Masseneinwanderung und der Politik der offenen Grenzen haben wir keine Zeit zu verlieren". (Quelle: "Welt")

     

    CDU-Vorsitzkandidat Jens Spahn sagte: 

    "Jedes Argument muss offen auf den Tisch. So nehmen wir bei dem Thema viel mehr Bürger mit als bisher. Das Grundrecht auf Asyl für politisch Verfolgte ist vor dem Hintergrund zweier Weltkriege, von großem Leid und Vertreibungen eine große Errungenschaft unseres Grundgesetzes. Das Problem ist, dass es heute zu oft ausgenutzt wird und zu ungesteuerter Migration führt. Um Akzeptanz für dieses wichtige Grundrecht zu erhalten, müssen wir zuallererst unsere EU-Außengrenze wirksam schützen und unsere Asylverfahren beschleunigen. Wir könnten viel für mehr Akzeptanz tun, indem wir endlich Ankerzentren einrichten und die Maghreb-Staaten zu sicheren Herkunftsländern erklären und damit den Missbrauch des Asylrechts besser bekämpfen. Wir müssen hier Recht besser durchsetzen. Es ist aber wichtig, diese Debatten endlich breit zu führen".

    FDP-Vizechefin Marie-Agnes Strack-Zimmermann meint: 

    "Es ist offensichtlich dem CDU-internen Machtkampf geschuldet, dass Friedrich Merz hemmungslos sogar am Menschenrecht auf Asyl rumdoktern will. Das Recht auf Asyl als Teil des Grundgesetzes ist mit der FDP selbstverständlich nicht verhandelbar. Es ist Teil unseres christlichen humanen Menschenbildes. Herr Merz diskreditiert sich damit bereits jetzt als möglicher neuer Chef der CDU, wenn er aus machtpolitischen Kalkül gefährlichen rechten Strömungen das Wort redet und gesellschaftsfähig machen will". (Quelle: "Welt") 

    Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte:

    "Bei der Diskussion um das Asylrecht im Grundgesetz darf eines nicht außer Acht gelassen werden: Auch auf Grund der großen Asylreform Anfang der Neunziger Jahre kann sich mittlerweile nur noch ein sehr kleiner Anteil tatsächlich erfolgreich auf das Asylrecht im Sinne des Grundgesetzes berufen. Letztes Jahr haben bundesweit gerade einmal rund 0,7 Prozent der Anerkannten Asyl nach dem Grundgesetz erhalten, heuer waren es bislang 1,3 Prozent. Wer in unserem Land ein Bleiberecht erhält, bekommt es stattdessen in fast allen Fällen auf Grundlage der Genfer Flüchtlingskonvention oder des europäischen Rechts. Die Frage, ob sich aus unserem Grundgesetz ein Anspruch des Einzelnen auf Schutz ergibt, spielt also für die Masse der Fälle kaum eine Rolle". (Quelle: "Funke Mediengruppe")

    Am gestrigen Tag hatte sich Volker Türk, Vizehochkommissar der UN für Flüchtlinge, zu den Bedenken gegenüber dem UN-Migrationspakt geäußert: "Ich habe den Eindruck, dass viele die Vertragstexte gar nicht gelesen haben, um die es geht. (...). In Europa sind die Zuwanderungszahlen zurückgegangen. (...) Der Pakt ist nicht statisch. Er wird überarbeitet werden in den nächsten Jahren".





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