Cum-Ex – Steuertricksereien für Reiche - Seite 2
Bei Cum-Ex-Geschäften greifen die Finanz- und Steuerprofis auf das bewährte Mittel Leerverkäufe zurück. Wie wir wissen, kann es bei dieser Art Aktiengeschäften für kurze Zeit quasi zwei Eigentümer geben: den Investor, der die Aktie geliehen hat, und den Besitzer, der die Aktie verliehen hat. Aber schon in dem Moment, in dem der Leerverkauf vereinbart wird, gilt der Käufer als wirtschaftlicher Eigentümer. Damit erwirbt er auch einen Erstattungsanspruch für die Kapitalertragsteuer auf die Dividende. Das Paradoxe daran ist, dass die Steuer nur einmal zuvor an den Fiskus abgeführt wurde.
Ist das alles juristisch okay?
Zumindest war es das bis 2012, dann änderte die Bundesregierung die Praxis bei der Abführung der Kapitalertragsteuer so, dass der Trick zumindest auf die bisherige Art nicht mehr funktionierte.
Da es jedoch zuvor scheinbar eine gesetzlich abgesicherte Basis für diese Geschäfte gab, unter anderem durch das 1999 vom höchsten deutschen Gericht, dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe, ergangene
Urteil zur Rechtmäßigkeit des wirtschaftlichen Eigentums, sehen sich Cum-Ex-Betrüger teilweise bis heute im Recht. Die Strafverfolger argumentieren jedoch, die Deals seien niemals legal gewesen,
weil die Gesetze gezielt missbräuchlich genutzt wurden, um den Fiskus auszunehmen.
Also wird sich der Gesetzgeber weiter damit zu beschäftigen haben und hoffentlich dieses Mal alle Schlupflöcher schließen.
Allerdings geht es dabei ja um die „notleidenden“ Banken, die leider immer wieder unter Artenschutz der Bundesregierung gestellt werden, egal welchen Blödsinn sie verzapfen. Die Banken und Investoren teilen sich wegen der fehlenden grenzüberschreitenden Kontrollen die dabei eingestrichenen europaweiten Steuergutschriften.
Um welche Beträge geht es?
Peanuts sind es keine. Der Schaden für die deutschen Finanzämter ist allein in den Jahren 2001 und 2016 mit 31,8 Milliarden Euro zu beziffern, so die Steuerexperten der Universität Mannheim. Europaweit beträgt der Schaden mindestens 55,2 Milliarden Euro.
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Zu Recht fragt sich der NDAC nun wie viele andere Steuerzahler auch, wieso die Banken einerseits mit Milliardengeldern gerettet wurden und andererseits alles tun, um die rettende Hand massiv zu schädigen.
Auch stellt sich die Frage, wie schlimm es um Europas Bankenlandschaft eigentlich bestellt ist, wenn wir davon ausgehen, dass der Gewinn der siechen Banken ohne diese Tricksereien in den letzten Jahren um mindestens 27,6 Milliarden – wir nehmen an, der Gewinn wurde wie unter Gaunern üblich fifty fifty redlich geteilt – niedriger ausgefallen wäre.
Fazit
Die Regierungen der betroffenen Länder sind den Banken praktisch hörig, und die Kontrolle der europäischen Steuerpolitik ist Ländersache. Es wird Zeit, dass der Bundesfinanzminister endlich alle Schlupflöcher schließt. Dazu braucht es neben dem politischen Willen allerdings auch fachliche Expertise. Journalisten hatten diese Kenntnisse, die hoch bezahlten Beamten im Bundesfinanzministerium offenbar nicht oder durften sie nicht haben bzw. anwenden. Der Steuerzahler ist ja auch letztlich dazu da, diese Fehler immer wieder auszubügeln – sehr ärgerlich.
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