Börsen-Zeitung
Santa Pause / Kommentar zur geldpolitischen Kursänderung der Fed von Stefan Paravicini
Frankfurt (ots) - Die Exegese von Mitteilungen der US-Notenbank
zur Geldpolitik ist normalerweise etwas für sprachliche
Feinmotoriker. Wenn die Federal Reserve nach den regelmäßig
stattfindenden Treffen des Offenmarktausschusses das Kommuniqué zu
den jüngsten Einschätzungen der Währungshüter verteilt, findet man
die stärksten Hinweise auf Veränderungen des geldpolitischen Kurses
oft nur in einem neuen oder plötzlich fehlenden Wort an
entscheidender Stelle. Und wenn der Chair der Notenbank nach diesen
Treffen vor die Presse tritt, muss man auch auf die Abstände
zwischen den Zeilen achten, um die zentrale Botschaft nicht zu
überhören.
Nach dem ersten Treffen des Federal Open Market Committee (FOMC)
in diesem Jahr war das ganz anders. Als Notenbankchef Jerome Powell
am Mittwoch vor die Presse trat, um zu erklären, warum die Fed die
Zinsen zum Auftakt des neuen Turnus unverändert lässt, hatten auch
sprachlich wenig gewandte Beobachter der Fed längst erkannt, dass das
geldpolitische Mantra der vergangenen Jahre komplett aus dem
Kommuniqué gestrichen wurde. Kein Wort mehr von "graduellen
Zinserhöhungen". Stattdessen will die Fed "Geduld" beweisen, bevor
sie die nächsten Schritte unternimmt. Powell schloss später nicht
aus, dass der nächste Schritt auch eine Zinssenkung sein könnte.
Außerdem teilte die Fed mit, dass der Abbau ihrer Bilanzsumme früher
als erwartet zu einem Halt kommen könnte und der Notenbank auch in
Zukunft alle Instrumente zur Verfügung stehen, um einem Abschwung
entgegenzuwirken.
Die Märkte hatten das gleich verstanden. Der S&P500 legte zum
ersten Mal in der vor knapp einem Jahr begonnenen Ära Powell an der
Fed-Spitze nach einem FOMC-Treffen zu und machte den größten Sprung
nach einer Sitzung des Offenmarktausschusses seit 2014. Selbst
US-Präsident Donald Trump, der Powell harsch kritisiert und für die
Rückschläge auf dem US-Aktienmarkt verantwortlich gemacht hatte,
jubelte.
Die Notenbank sei vor den Märkten eingeknickt, hieß es in
Kommentaren, die Powell wegen der Zinspause den Spitznamen "Santa
Pause" verpassten. Tatsächlich ist es auffällig, dass die Fed
mehrfach die verschlechterten Bedingungen an den Finanzmärkten zur
Begründung der neuen Haltung anführt. Schwerer als der schlechteste
Dezember seit 1931 auf dem US-Aktienmarkt dürfte für die
Währungshüter aber der Abschwung in China mit seinen Folgen für die
Weltwirtschaft wiegen; auch wenn von der zweitgrößten Volkswirtschaft
nur zwischen den Zeilen die Rede war.
(Börsen-Zeitung, 01.02.2019)
OTS: Börsen-Zeitung
newsroom: http://www.presseportal.de/nr/30377
newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_30377.rss2
Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de
zur Geldpolitik ist normalerweise etwas für sprachliche
Feinmotoriker. Wenn die Federal Reserve nach den regelmäßig
stattfindenden Treffen des Offenmarktausschusses das Kommuniqué zu
den jüngsten Einschätzungen der Währungshüter verteilt, findet man
die stärksten Hinweise auf Veränderungen des geldpolitischen Kurses
oft nur in einem neuen oder plötzlich fehlenden Wort an
entscheidender Stelle. Und wenn der Chair der Notenbank nach diesen
Treffen vor die Presse tritt, muss man auch auf die Abstände
zwischen den Zeilen achten, um die zentrale Botschaft nicht zu
überhören.
Nach dem ersten Treffen des Federal Open Market Committee (FOMC)
in diesem Jahr war das ganz anders. Als Notenbankchef Jerome Powell
am Mittwoch vor die Presse trat, um zu erklären, warum die Fed die
Zinsen zum Auftakt des neuen Turnus unverändert lässt, hatten auch
sprachlich wenig gewandte Beobachter der Fed längst erkannt, dass das
geldpolitische Mantra der vergangenen Jahre komplett aus dem
Kommuniqué gestrichen wurde. Kein Wort mehr von "graduellen
Zinserhöhungen". Stattdessen will die Fed "Geduld" beweisen, bevor
sie die nächsten Schritte unternimmt. Powell schloss später nicht
aus, dass der nächste Schritt auch eine Zinssenkung sein könnte.
Außerdem teilte die Fed mit, dass der Abbau ihrer Bilanzsumme früher
als erwartet zu einem Halt kommen könnte und der Notenbank auch in
Zukunft alle Instrumente zur Verfügung stehen, um einem Abschwung
entgegenzuwirken.
Die Märkte hatten das gleich verstanden. Der S&P500 legte zum
ersten Mal in der vor knapp einem Jahr begonnenen Ära Powell an der
Fed-Spitze nach einem FOMC-Treffen zu und machte den größten Sprung
nach einer Sitzung des Offenmarktausschusses seit 2014. Selbst
US-Präsident Donald Trump, der Powell harsch kritisiert und für die
Rückschläge auf dem US-Aktienmarkt verantwortlich gemacht hatte,
jubelte.
Die Notenbank sei vor den Märkten eingeknickt, hieß es in
Kommentaren, die Powell wegen der Zinspause den Spitznamen "Santa
Pause" verpassten. Tatsächlich ist es auffällig, dass die Fed
mehrfach die verschlechterten Bedingungen an den Finanzmärkten zur
Begründung der neuen Haltung anführt. Schwerer als der schlechteste
Dezember seit 1931 auf dem US-Aktienmarkt dürfte für die
Währungshüter aber der Abschwung in China mit seinen Folgen für die
Weltwirtschaft wiegen; auch wenn von der zweitgrößten Volkswirtschaft
nur zwischen den Zeilen die Rede war.
(Börsen-Zeitung, 01.02.2019)
OTS: Börsen-Zeitung
newsroom: http://www.presseportal.de/nr/30377
newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_30377.rss2
Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de