„Fußnote“
Einfacher Rating-Indikator für KMU-Anleihen - Seite 2
Synthetisches Rating
Doch trotz der hohen Bestimmtheitsmaße ist die Aussagekraft limitiert. Zwar lässt sich klar sagen, dass Unternehmen mit besseren Ratings im Durchschnitt höhere Zinsdeckungsgrade aufweisen, der Rückschluss, dass der Zinsdeckungsgrad alleine das Rating erklärt, gilt jedoch nicht automatisch. Um den tatsächlichen Erklärungsgehalt zu überprüfen und das Modell praktikabel zu machen, ist eine einfache Betrachtung der Mittelwerte nicht ausreichend. Um unser synthetisches Rating bestimmen zu können, haben wir auf einer statistischen Basis jeder Ratingklasse eine Ober- und Untergrenze der Zinsdeckungsgrade zugewiesen und die Ergebnisse in der nachstehenden Tabelle zusammengefasst:
Die Tabelle bestätigt den Zusammenhang und gibt zudem Auskunft über die mittleren bilanziellen Fremdkapitalkosten und die aktuellen Spreads für Anleihen mit einer Laufzeit von 5 Jahren in der jeweiligen Ratingklasse. Für Anleger ergibt sich damit ein einfaches Tool, um auf Basis einer einzelnen Kennzahl einem Unternehmen ein synthetisches Rating zuzuweisen und die realisierbare Rendite abzuschätzen. Auch für Finanzanalysten sind die Ergebnisse interessant, geben sie doch eine zumindest indikative Antwort auf die häufig gestellte Frage, wie sich die Fremdkapitalkosten eines Unternehmens bei Zunahme der Fremdkapitalquote und gleichzeitiger Abnahme des Zinsdeckungsgrades verhalten.
Einfluss des Zinsdeckungsgrades
Um die Güte der Schätzung und damit den tatsächlichen Erklärungsgehalt des Zinsdeckungsgrades zu verifizieren, haben wir jedem bewerteten europäischen Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von über 100 Mio. Euro ein synthetisches Rating zugewiesen und dieses in einem Backtest mit dem tatsächlich vorliegenden Rating verglichen. Lediglich in 13,4% der Fälle weicht die Schätzung um mehr als eine Klasse vom tatsächlichen Rating ab. In 39,2% der Fälle ist die Schätzung sogar komplett deckungsgleich.
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Es ist offensichtlich, dass ein so stark simplifizierter Zusammenhang keine fundamentale Risikoanalyse ersetzt. Der Einfluss des Zinsdeckungsgrades ist aber erstaunlich groß und die Zahlen unterstreichen, dass auch in den komplexen Modellen der Ratingagenturen ein großes Gewicht auf diesen Faktor gelegt wird. Gerade bei nicht-gerateten KMU-Anleihen kann es für Anleger deshalb hilfreich sein, zunächst einmal den Zinsdeckungsgrad des Unternehmens zu betrachten, um ein besseres Gefühl für das Risiko und die erwartete Rendite einer Anleihe zu erhalten.