Marktkommentar
Stephan Rieke (Oddo BHF): Tariff Man sorgt für Gegenwind an den Börsen
Donald Trump, der selbst erklärte „Tariff Man“, löste mit seiner Ankündigung zusätzlicher Strafzölle auf Importe aus China eine scharfe Korrektur an den globalen Märkten aus.
Freitag, 9. August 2019 - Donald Trump, der selbst erklärte „Tariff Man“, löste mit seiner Ankündigung zusätzlicher Strafzölle auf Importe aus China eine scharfe Korrektur an den globalen Märkten aus. Die erneute Eskalation schickte Börsen und Anleiherenditen in den Keller – die Bundrendite erreicht mit gut -60 Basispunkten ein neues Rekordtief. Zur Erinnerung: Vergangene Woche verkündete Trump die restlichen Importgüter aus China, die bisher von den vorigen Zollmaßnahmen unberührt blieben, mit einem Zollsatz von 10% belegen zu wollen. Peking forderte daraufhin seine staatlichen Unternehmen auf, die Einfuhr von US-Agrarprodukten zu stoppen. Darüber hinaus ließ die People’s Bank of China (PBoC) den Renminbi (CNY) erstmals über die Marke von 7 CNY abwerten, was die USA dazu veranlasste, China als Währungsmanipulator zu klassifizieren.
Ob Peking an einer andauernden Abwertung des Renminbi interessiert ist, kann durchaus in Frage gestellt werden. Die Konsequenzen einer Kapitalflucht, die mit einer zu schwachen Währung einhergehen könnten, sind nicht zu vernachlässigen, wie die Lehren aus der Krise 2015/16 zeigen. Die chinesische Valuta dürfte deshalb weiterhin um die 7-CNY-Marke pendeln; eine allzu starke Abwertung würde die PBoC auf den Plan rufen, um die Währung durch Devisenmarktintervention zu stützen.
Interessen im Handelskonflikt
Wie es im Handelskonflikt weitergeht, ist schwer einzuschätzen. Trump-Berater Larry Kudlow ist zwar guter Dinge und gibt an, dass Washington auf eine Einigung hofft und die Strafzölle durchaus wieder zurückgenommen werden können. Rein wirtschaftlich ist eine Einigung im Interesse beider Parteien. Dass es bereits bei der Fortführung der Handelsgespräche im September zu einer Versöhnung kommt, erscheint unter den aktuellen Umständen aber unwahrscheinlich. Vielmehr könnte es zu einer weiteren Zuspitzung kommen, was gerade unter der Berücksichtigung des erratischen Verhaltens des US-Präsidenten nicht auszuschließen ist.
US-Fed weiter im Visier des Weißen Hauses
Auch die Fed, die laut Trump-Tweet das Kernproblem der Nation ist, bleibt weiter in der Schusslinie des US-Präsidenten. Mit der Leitzinssenkung um 25 Basispunkte sei nicht genug getan, twitterte es aus dem Weißen Haus weiter. Der Präsident der Federal Reserve Bank of St. Louis, James Bullard, sieht das anders. Das stimmberechtigte Mitglied des FOMC und ein bekennender Befürworter einer lockeren Zinspolitik bekräftigte die Botschaft des Fed-Chefs Powell, wonach die Zinssenkung vergangene Woche nicht als Anfang eines Lockerungszyklus zu interpretieren sei.
Der politische Druck auf die US-Notenbank könnte weiter zunehmen - sowohl von Seiten der Politik als auch der Märkte. Die Zinssenkungserwartungen und die zunehmenden Rezessionsängste sorgten für einen Einbruch der Renditen von US-Staatsanleihen. Die Verflachung der Zinsstrukturkurve, ein Indikator für die zunehmenden Konjunktursorgen der Marktteilnehmer, lässt auf eine gestiegene Rezessionswahrscheinlichkeit schließen. Das Modell der New York Fed beziffert die Wahrscheinlichkeit einer Rezession in den nächsten 12 Monaten mit über 30%.
Deshalb erscheint ein baldiger Wiederanstieg der Renditen vor dem Hintergrund der gestiegenen wirtschaftlichen und politischen Risiken unwahrscheinlich. Die Aktienmärkte haben sich zuletzt stabilisiert; Anleger dürften in diesem unruhigen Fahrwasser aber dennoch vorsichtiger agieren.
Ausklang der US-Berichtssaison
Rund 90% der im S&P 500 gelisteten Unternehmen haben inzwischen ihre Quartalsergebnisse präsentiert. Die US-Berichtssaison neigt sich somit dem Ende zu.
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Bis jetzt ist die Berichtssaison durchaus positiv einzustufen; das Gros der berichtenden Unternehmen konnte die Gewinnerwartungen übertreffen. Auf aggregierter Ebene kommen die Unternehmen auf ein Gewinnwachstum (pro Aktie) von 0,3% gegenüber dem Vorjahresquartal, im Vorfeld wurde ein leichter Rückgang erwartet. Heraus stechen die Branchen Technologie und Gesundheit, die unter den S&P-Sektoren für die größten positiven Gewinnüberraschungen sorgten. Von der fundamentalen Seite bleiben die Aktienmärkte also weiterhin unterstützt, wäre da nicht die Eskalation im Handelskonflikt, der aktuell den wohl größten Stolperstein darstellt. FactSet-Berechnungen zeigen nämlich, dass die Unternehmen im S&P 500, die mehr als die Hälfte ihrer Umsätze außerhalb der USA erzielen, einen Gewinnrückgang von -14% gegenüber dem Vorjahr einbüßten. Dagegen kommen US-Unternehmen mit inländischem Fokus (sprich mehr als 50% der Umsätze werden in den USA erwirtschaftet) auf ein kleines Plus von 3%.
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