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    Mietendeckel  797  1 Kommentar Auf die Barrikaden der Freiheit!

    Von Dr. Josef Girshovich, Managing Partner, PB3C GmbH

    Die größte Gefahr geht aktuell von der Immobilienwirtschaft selbst aus. Sie verfällt in Apathie, sie handelt reaktiv, sie verheddert sich im Kleinklein, sie lässt sich von angeblichen Kompromissen blenden. Wie viel Euro darf man laut Berliner Mietendeckel bei sanierten Wohnungen draufschlagen? Welche Baujahre sind besonders günstig und welche besonders teuer vermietbar? Richten sich die wenigen zulässigen Mietsteigerungen nach der Inflation oder nach der Lohnentwicklung? All das macht blind, und vor lauter etatistischem Kleinwuchs drohen wir die bevorstehende Entwicklung zu übersehen oder gar pflichtgemäß hinzunehmen.

    Dabei steht nach der turbulenten Mietendeckelwoche fest: Berlin rutscht endgültig in einen übervorsorglichen Bevormundungsstaat. Was die Menschen wollen und brauchen, das ist dem Berliner Senat einerlei. Denn die Menschen haben zu wollen und zu brauchen, was der Senat für gut und richtig erachtet.

    Drei Beispiele aus den derzeitigen Plänen der Senatsverwaltung, die uns allen die Augen öffnen müssen:

    Erstens: Bei Neuvermietungen gelten fortan die neuen, niedrigen Mieten. Wer dachte, dass der Mietendeckelkompromiss den Eigentümern entgegenkommt, hat weit gefehlt. Sobald eine Wohnung frei wird, muss die Miete auf die laut Mietendeckel zulässigen Höchstmieten gesenkt werden. Wen das trifft? Am wenigsten die großen Unternehmen und die kommunalen Wohnungsbaugesellschaften. Am meisten aber private Eigentümer; vor allem diejenigen, die in den vergangenen acht Jahren mangels Zinsen in Eigentum investiert haben, um ihre Altersvorsorge zu sichern. Stellen Sie sich das doch mal vor: Sie haben eine Wohnung in Berlin gekauft und rechnen mit marktgerechten Mieteinnahmen. Da haben Sie jetzt ein gewaltiges Problem, insbesondere wenn Sie finanziert und bestimmte Mieteinnahmen gegenüber der Bank garantiert haben. Diese Eigentümer werden in den nächsten Monaten Post von ihren Banken erhalten, und zwar zu ihrem Missvergnügen. Genau das ist das Ziel des Berliner Senats: Privates Eigentum soll mit allen Mitteln geschwächt werden, vor allem auch das des bürgerlichen Privatinvestors.

    Zweitens: Wer wie viel Wohnraum haben darf, bestimmt jetzt der Staat. Dieser Eingriff ist erst recht ideologischer Natur und dabei durchweg subtiler. Laufende Mieten sollen gesenkt werden dürfen, wenn die Bewohner mehr als 30 Prozent ihres Einkommens für die Miete aufbringen müssen. Lassen wir das bürokratische Monster Monster sein - die Falle der Berliner Regierung ist eine andere: Der Staat wird in Zukunft vorschreiben, wie viel Quadratmeter pro Person angemessen sind. Beispiel: Sie wohnen allein auf 100 Quadratmetern, weil Ihnen die Größe Ihrer Wohnung wichtig ist, und nehmen dafür in Kauf, dass Sie 50 Prozent Ihres Einkommens für die Miete aufbringen. Nun, Sie werden ihre Miete nicht absenken dürfen - Sie bewohnen schließlich zu viele Quadratmeter. Die Frage aber ist: Wie viele Quadratmeter darf man denn pro Person gerechterweise nutzen? Wenn Sie an diesem Punkt angekommen sind und das alles für gerecht finden, dann gute Nacht, individuelle Freiheit.

    Drittens: Berlin ist gar nicht zuständig. Der große Coup der vergangenen Woche liegt nicht in der materiellrechtlichen Unzulässigkeit des Berliner Senats. Was kümmern uns Obergrenzen und vermeintliche Gerechtigkeiten, zu denen die Menschen "genudged" werden sollen. Berlin ist schlicht nicht zuständig und darf einen Mietendeckel nicht einführen. Mietrecht ist Sache des Bundes - das deutsche Mietrecht ist im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt, Punkt. Und der Bund hat mit der Verschärfung der Mietpreisbremse und mit dem erst im August beschlossenen Wohn- und Mietenpaket (man kann davon halten, was man will) erst recht noch einmal bekräftigt, dass die Gesetzgebungskompetenz beim Bund liegt.

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    Die Karten sind auf dem Tisch. Der Berliner Senat tut so, als würde der jetzige Kompromiss Eigentümer schützen, Investoren entgegenkommen, den Menschen helfen und dem "Mietenwahnsinn" Einhalt gebieten. Das ist glatt gelogen.

    Vier Folgen darf Berlin erwarten:

    • - Erstens werden frei werdende Wohnungen zunehmend als Eigentumswohnungen angeboten werden.
    • - Zweitens wird ein Schwarzmarkt für Mietwohnungen aufkeimen, es wird teure Abschläge für alte Sofas und Küchenzeilen geben.
    • - Drittens werden Investoren ihre Neubauprojekte auf ein Minimum zurückfahren.
    • - Und viertens werden noch mehr Menschen nach Berlin ziehen wollen, weil die Mär vom günstigen Wohnen sich international herumspricht.


    Mehr Menschen, weniger neue Wohnungen, weniger Mietwohnungen und ein Run auf Eigentum. Willkommen im sozialistischen Berlin.




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    Die Immobilienbranche ist breit gefächert: Vom Verwalter über den Makler hin zu Bestandshaltern und Projektentwicklern ist alles dabei. Außerdem gibt es zahlreiche Spezialisten in den einzelnen Nutzungsarten Wohnen, Büro, Einzelhandel, Hotel oder Logistik. An dieser Stelle veröffentlichen verschiedene Immobilienexperten aus unterschiedlichen Bereichen zu aktuellen Themen rund um die Immobilie.
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