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     1323  0 Kommentare Flüchtlingsanleihen: Warum diese auch bei Top-Renditen niemand zeichnen würde

    Viele glauben, die befürchtete „Klimasteuer“ wird de facto eine verkappte Flüchtlingssteuer sein. Wer an die Leistungsfähigkeit und -willigkeit unserer Migranten glaubt, sollte Flüchtlingsanleihen zeichnen, wenn es diese gibt. Mit seinem Geld könnten Asylkosten vorfinanziert werden. Zinszahlung und Tilgung erfolgen hier aus zukünftigen Steuer- und Sozialabgaben der neuen Leistungsträger. Bei diesem Konzept gäbe es nur Gewinner. Wie die Finanzprodukte börsentechnisch funktionieren würden und warum sie dennoch niemand – es gibt genügend junk bonds am Markt - kaufen würde beschreibt folgender theoretischer Beitrag. 

    Staat beteiligt sich nicht an den Asylkosten, weil er kein Geld hat

    Würde der Staat als Träger fungieren, hätte er die Asylausgaben aus dem Bundeshaushalt zu tragen, ohne dass die Bevölkerung und die Kommunen Einbußen erleiden. So etwas geht nur, wenn Reserven und Gewinne aus einer rentablen Staatswirtschaft vorliegen. Deutschland hat beides nicht mehr. Im Zuge der Reprivatisierung wurde alles was Geld bringt verkauft. Es verbleibt noch die Deutsche Bahn AG. Wer will diese schon haben?

    Es gibt lediglich paar Länder auf der Welt, die sich ein Flüchtlingsabenteuer leisten könnten. Staatsfonds besitzen Norwegen, China, Singapur, Hongkong, Russland, Australien und die arabischen Potentaten Saudi-Arabien, Kuwait, Katar und VAE. Die Rentier-Staaten “leben” von ihrem Vermögen, ohne als Produzenten auffällig geworden zu sein. Sie erwerben für ihre Öl-Milliarden lukrative Beteiligungen am ausländischen Produktivvermögen und finanzieren Moscheen im Westen. Für die Flüchtlinge aus den Bruderländern ist kein (wenig Geld) da – alles das ist bekannt. Nicht-Rentierstaaten wie China und Russland setzen dagegen ihre Finanzreserven als Stabilisierungs- und Pensionsfonds ein.

    Die Wirtschaft bleibt fern, weil sie an die Leistungen der Migranten nicht glaubt

    Die Wirtschaft könnte über Sondersteuern zur Finanzierung der Asylkosten zwangsverpflichtet werden: Praktisch reicht jedoch schon ein kleiner Alarm wegen Arbeitsplatz- und Wettbewerbsgefahr aus, damit solche Ideen im Papierkorb landen. Zudem würden Konzern-Anwälte sofort vor dem Bundesverfassungsgericht aktiv werden. 

    Wie könnten ungeachtet dieser Restriktionen eine privatwirtschaftliche Kostenträgerschaft dennoch aussehen? 

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    Hierzu folgende These: Würde die Wirtschaft an das Märchen glauben, junge muslimische Zuwanderer ließen sich in vertretbarer Zeit zu fleißigen Facharbeitern umschulen, würde sie mit der Finanzierung in Vorleistung treten. An diese Utopie glaubt zurzeit kein Vorstand. Außer paar Sprüchen, es bestehe hohe Einstellungsbereitschaft, wenn die Rahmenbedingungen (Deutsch-Sprachkenntnisse & Co.) stimmen, ist wenig passiert. Einige Konzerne haben der Optik wegen paar Dutzende als Lehrlinge und Praktikanten angestellt. Keiner darf es den Wirtschaftskapitänen verdenken. Ein DAX-Boss, der auffallend mehr wagt, riskiert Posten, Boni und den Kursverfall seiner Aktie. Die Wirtschaft neigt nicht zu Sozialromantik, hier zählen Fakten und Chancen, nicht Sprüche und Risiken. Aus einer Bürgerentlastung in der Flüchtlingskrise wird wohl freiwillig nichts werden.

    Dabei ist die Wirtschaft nicht so arm, wie der Staat. Allein die DAX-Dividenden würde die Flüchtlingskosten voll abdecken. Die Dividendensumme deutscher Gesellschaften belief sich 2017 auf 43 Mrd. € bei einem Eigenkapital von über einer Billion €, was der Hälfte der Gesamtverschuldung des Staates entspricht. Ein Teil dieses Kapitals arbeitet am Kapitalmarkt und könnte in Flüchtlingsanleihen (vgl. unten) umgepoolt werden. 

    Es sind die Privaten die letztendlich heute allein die Zeche zahlen. 

    Wären freiwillige Flüchtlingsanleihen die Finanzierungslösung - ein Zahlenbeispiel

    Deutsche Privathaushalte haben ein Geldvermögen von sechs Bill. € und wären mehr als die Wirtschaft in der Lage zu investieren. Damit sie das tun, müsste eine attraktive Verzinsung und die Rückzahlungssicherheit vorliegen. 

    Wie eine Flüchtlingsanleihe funktioniert zeigt exemplarisch unteres Zahlenbeispiel:

        1. Der männliche Flüchtling kommt nach zwei Jahren Ausbildungszeit in Lohn und Brot und zahlt seine “Integrationsschulden” mit Steuern und Sozialausgaben in 10 Jahren zurück. Werden monatliche Integrationskosten mit 1.500 € unterstellt, errechnet sich ein Rückzahlungsbetrag von 36.000 €.
        2. Diese Summe wird durch eine Flüchtlingsanleihe von 12 Jahren Laufzeit vorfinanziert, die nach zwei zinsfreien Jahren mit 5% jährlich verzinst wird. Der Schuldbetrag steigt dann auf 54.000 €.
        3. Der als Hilfsarbeiter beschäftigte Flüchtling mit einem Monatslohn von 1.500 € entrichtet Steuer- und Sozialabgaben von 30% oder 450 € monatlich bzw. 54.000 € in zehn Jahren. Die Schulden sind bezahlt.
        4. Der Anleger bekommt eine attraktive Rendite, die bei 12jähriger Laufzeit etwa 4,2% beträgt und den Hybridanleihen von RWE oder Volkswagen entspricht. 4,2% liegen etwa 3,5% über den Marktzins.
        5. Der Anleger trägt das Ausfall- und Karenzzeitrisiko, wenn der Flüchtling, – egal warum -, keine oder verspätet eine steuer- und sozialabgabenpflichtige Beschäftigung aufnimmt. Bleiben die Steuern und Sozialausgaben aus, weil aus der Facharbeiter-Story platzt, verliert er sein Kapital (Totalverlust).
        6. Eine Staatsgarantie darf es nicht geben, sonst hätten wir Griechenland in Kleinformat. Allenfalls könnte die staatliche KfW-Bank als Emittent gelten.

    Die Rechnung kann verfeinert werden (z.B. unterschiedliche Tranchen je nach Qualifikation). Das Prinzip bleibt aber das gleiche: die Zinszahlung und Tilgung sind an zukünftige Erträge gekoppelt. Im Normalfall sind Anleihen (Renten) unbedingte Zahlungsversprechen des Emittenten und die Zahlungen von dessen Ertragslage unabhängig.

    Würde es klappen, könnten von den Flüchtlingsanleihen alle profitieren.

    Staat: Angenommen es kämen am Anfang 750.000 junge Männer in das Anleihenprogramm. Dann beläuft sich das Zeichnungsvolumen auf 27 Mrd. €, was etwa die Asylkosten dieser Gruppe abdeckt und knapp 10% des jährlich deutschen Sparvolumens ausmacht. Die Steuerzahler wären entlastet.

    Anleger: Die zinsattraktiven Flüchtlingsanleihen könnten außer von Privaten von Institutionellen (Fonds, Banken, Versicherungen) erworben werden. Diese starken Investoren hätten fundiertes Interesse am Gelingen des Integrations- und Beschäftigungsprogramms und könnten öffentlichen Druck ausüben.

    Flüchtlinge und Wirtschaft: Auch sie würden profitieren, wenn es statt der ARGE-Umschulungsalibis eine echte Berufserfahrung und einen Wettbewerb um die besten Arbeitsplätze gäbe. Sobald Kapitalmarktinteressen im Spiel sind, steigt die Effizienz der Maßnahme. Die Wirtschaft bekäme vielleicht endlich „ihre Fachkräfte“.

    Bürger: Der würde laut applaudieren, weil er die Möglichkeit hätte, an den Börsenkursen der Anleihen zu prüfen, ob und welche Fortschritte das Arbeitsmarktintegrationsprogramm macht. Seine Motivation (Demotivation) für die Flüchtlingspolitik der Regierung würde je nach Lage steigen (fallen). Endlose Diskussionen um gelungene, bzw. misslungene Integrationen würden beim Börsenbarometer Anleihenkurs entfallen.

    Flüchtlingsanleihen – ein modernes Märchen, viel zu schön, um wahr zu sein

    Das Anleihenprogramm sollte vor der Emission von der Bundesregierung, wie vormals die Volksaktien propagiert werden und sich an alle Bevölkerungsschichten richten. Nicht zuletzt damit auch der Gutmensch daran teilnehmen kann. Nicht nur Gutmenschen http://prawda24.com/category/medien/der-deutsche-michel/ sollten mit einem guten Beispiel für den unentschlossenen Bürger vorausgehen. Auch die Politprominenz und die VIPs wären einzuladen. Sie wären aufzufordern, die Hälfte ihrer üppigen Saläre für die „nationale Aufgabe“ zu investieren. In der Internetära kann so etwas schnell lanciert werden.

    Das vorgestellte Märchen ginge nur in Erfüllung, wenn nennenswerte Gruppen an den Erfolg glauben würden. Weil das nicht der Fall ist, würde die Neuemission zum Fiasko werden. Niemand würde die Papiere kaufen, auch nicht der Gutmensch. Auch er ist schließlich kein finanzieller Selbstmörder. 

    Die Blamage fiele umso bitterer aus, wenn die täglich fallenden Anleihenkurse jedermann an der Utopie des Abenteuers Migration erinnern würfen. Das würde Berlin nicht passen.

    Dr. Viktor Heese – Finanzanalyst und Fachbuchautor; www.finanzer.eu




    Dr. Viktor Heese
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    Dr. Viktor Heese ist promovierter Volkswirt und war bis 2010 dreißig Jahre bei verschiedenen Großbanken im Wertpapierresearch tätig. Heese spezialisierte sich auf Versicherungs- und Bankaktien sowie Kapitalmarktanalyse. 2010-2013 leitete er das Deutsch-Russische-Zentrum- für Wirtschaftsforschung und deutsches MBA in Moskau. Seit 2014 ist er als Fachbuchautor und Publizist freiberuflich tätig und bietet Fachseminare zu Börsen- und Bankthemen an. Er ist Herausgeber des Anleihen-Börsenbriefes „Der Zinsdetektiv“
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    Verfasst von Dr. Viktor Heese
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