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     191  0 Kommentare Fehlstart der Schwellenländer / Kommentar zu den Währungsfolgen des Coronavirus von Christopher Kalbhenn

    Frankfurt (ots) - Hoffnungen auf eine überdurchschnittliche Performance von
    Emerging-Market-Assets in diesem Jahr haben sich bis auf Weiteres zerschlagen.
    Nach einem festeren Jahresbeginn stehen die Währungen der Schwellenländer seit
    Mitte Januar, als die Ausbreitung des Coronavirus begann, die Finanzmärkte zu
    verunsichern, unter Druck. Der MSCI-Sammelindex der Emerging-Market-Währungen
    ist seither um bis zu 2,3% gesunken. Für die Aktienmärkte der Schwellenländer
    hat dies zur Folge, dass sich ihre Underperformance fortsetzt. Ihr auf Dollar
    lautender MSCI-Sammelindex hat seit Jahresbeginn 1,7% abgegeben, während sein
    Industrieländerpendant um 2,6% zugelegt hat.

    Der Fehlstart der aufstrebenden Märkte hat eine zentrale Ursache. Die
    Coronavirus-Epidemie sorgt für erhebliche Verunsicherung unter den
    Marktteilnehmern, die auch am Höhenflug des Goldpreises erkennbar ist. Durch die
    von ihr ausgelösten ökonomischen Verwerfungen, deren Ausmaße derzeit noch nicht
    abgesehen werden können, droht eine Wiederholung der bösen Überraschung des
    Jahres 2019. Anstatt sich wie erhofft leicht zu beschleunigen, ist das globale
    Wachstum deutlich gesunken - und die Wahrscheinlichkeit, dass es 2020 weiter
    abbröckelt, gestiegen. Verunsicherung bzw. die damit einhergehende verstärkte
    Risikoscheu der Marktteilnehmer ist Gift für eine Asset-Klasse, die so stark von
    Kapitalzuflüssen aus den Industrienationen lebt wie die Emerging Markets.

    Gewinner der Entwicklung ist neben den "klassischen" Safe-Haven-Währungen wie
    dem Schweizer Franken der Dollar, in den sich die Anleger in Krisensituationen
    gerne zurückziehen. Das war etwa während der Euro-Staatsschuldenkrise der Fall
    und auch zur Zeit des Lehman-Desasters, obwohl in diesem Fall die USA
    Verursacher bzw. Epizentrum der Krise waren. Die Dollar-Stärke bekommen nicht
    nur Schwellenländerwährungen zu spüren, sondern auch der Euro, der auf den
    niedrigsten Stand seit drei Jahren gesunken ist.

    Die Schwellenländer sind allerdings eine heterogene Gruppe mit großen
    ökonomischen und wirtschaftspolitischen Unterschieden. Sie allein als Opfer des
    Coronavirus bzw. der erhöhten Risikoaversion zu sehen, würde zu kurz greifen. In
    vielen Fällen leiden ihre Währungen auch an selbstverschuldeten bzw.
    hausgemachten Problemen und Fehlentwicklungen. Paradebeispiel dafür ist
    Argentinien.

    Das Land steht kurz davor, seinem "Track Record" als notorischer Pleitier eine
    neue Episode hinzuzufügen. Doch neben diesem üblichen Verdächtigen und dem von
    Unruhen erschütterten ehemaligen Musterknaben Chile gerät auch der große Nachbar
    Brasilien, der vor nicht allzu langer Zeit als ökonomischer Hoffnungsträger
    Lateinamerikas galt, in Bedrängnis. Die brasilianische Währung hat seit Beginn
    des Jahres 8% eingebüßt und am Freitag bei 4,41 Dollar pro Real ein Rekordtief
    erreicht. Dazu beigetragen haben die Sorgen über China, da mehr als ein Viertel
    der Ausfuhren Brasiliens auf das Land entfallen. Jedoch sind auch die Hoffnungen
    auf durchgreifende Reformen von Präsident Jair Bolsonaro inzwischen der
    Ernüchterung gewichen, nachdem der Reformeifer des Rechtspopulisten deutlich
    nachgelassen hat.

    Die Liste der "Sünder" unter den Schwellenländern ist zu lang, um hier
    abgehandelt zu werden. Daher nur eine Auswahl weiterer Staaten. Die türkische
    Währung ist am Freitag auf ein Neunmonatstief von 6,12 Lira pro Dollar gesunken.
    Neben den sich verstärkenden Spannungen im Verhältnis zur syrischen Regierung
    wegen der Offensive in der Idlib-Region wird der Druck dadurch verstärkt, dass
    die Notenbank des Landes nicht mehr unabhängig ist und seit dem zurückliegenden
    Jahr ihren Leitzins auf Befehl des Präsidenten Recep Tayyip Erdogan drastisch
    gesenkt hat.

    Unter Druck steht auch Südafrikas Währung, die kürzlich bei 15,19 Rand pro
    Dollar den tiefsten Stand seit viereinhalb Monaten erreichte. Die Währung zählt
    zu denen, die am stärksten negativ auf Risikoaversion reagieren, und auch die
    von der Corona-Epidemie ausgehenden Sorgen über die Rohstoffnachfrage haben zu
    ihrer Schwäche beigetragen. Hinzu kommen aber auch erhebliche interne Probleme
    wie u.a. Korruption und die prekäre Lage der öffentlichen Finanzen. Das Wachstum
    des Landes liegt am Boden, auch weil die staatliche, hoch verschuldete Eskom als
    einziger zugelassener Versorger nicht mehr in der Lage ist, die Versorgung zu
    gewährleisten. Infolgedessen kommen große Teile der Wirtschaft regelmäßig durch
    Stromausfälle zum Erliegen.

    (Börsen-Zeitung, 22.02.2020)

    Pressekontakt:

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    Redaktion

    Telefon: 069--2732-0
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