BGH Urteil zum VW Diesel Skandal: Durchbruch zum Schadensersatz?
Der Bundesgerichtshof entscheidet erstmals, ob der Besitzer eines VW Diesel mit dem Skandal-Motor EA189 Anspruch auf Schadensersatz hat. Das Urteil dürfte auch für Besitzer anderer Diesel-Modelle wichtige Auswirkungen haben.
Die Chancen stehen gut, dass sich viele Teilnehmer an der Musterfeststellungsklage gegen Volkswagen ärgern werden. Denn Beobachter erwarten, dass der Bundesgerichtshof in seinem Urteil einen deutlich höheren Schadensersatz zusprechen wird, als ihn die Kläger der Musterklage erhalten haben. Für sie kommt das zu spät: Wer den Vergleich in der Musterklage angenommen hat, darf keine weiteren Schritte gegen Volkswagen unternehmen.
Für alle anderen Diesel-Besitzer dürfte das Urteil neue Chancen eröffnen. Wir rechnen mit einer neuen Welle an Schadensersatz-Klagen. Denn es stehen neben dem aktuellen Verfahren noch weitere Revisionen auf der Tagesordnung. Dabei soll unter anderem geklärt werden, ob einem Autobesitzer auch dann Schadensersatz zusteht, wenn er das Software-Update für sein Fahrzeug nicht installiert hat.
Zudem hat der BGH angekündigt, zeitnah auch über Schadensersatz-Forderungen bei anderen Herstellern als VW zu entscheiden. Allen voran dürfte dabei Mercedes Benz auf der Tagesordnung stehen. Aber auch andere Hersteller wie BMW, Opel und Fiat dürften verstärkt ins Visier rücken. Zudem weitere VW-Motoren wie EA288 und EA897. Denn auch dort sind Abschalteinrichtungen für die Abgasreinigung festgestellt worden.
Experten sprechen sogar davon, dass es kaum einen Diesel-Hersteller geben dürfte, der keine Abschalteinrichtung in seinen Fahrzeugen verbaut hat. Die entscheidende Frage dabei: Sind diese Abschalteinrichtungen alle verboten? Oder gibt es auch legale Abschalteinrichtungen?
Besondere Brisanz gewinnt das BGH-Urteil durch eine Entwicklung am Europäischen Gerichtshof (EuGH): Dort hatte das Gutachten der Generalanwältin in der vergangenen Woche ergeben, dass eine solche Abschalteinrichtung nur in ganz eng definierten Ausnahmefällen zugelassen sei. Beispielsweise dann, wenn es darum gehe, den Motor vor plötzlichen und unmittelbaren Schäden zu schützen, die eine Gefahr bei der Lenkung des Fahrzeugs darstellen. Nicht jedoch, wenn damit höherer Verschleiß oder Verschmutzung des Motors vermieden werden soll, wie etliche Autohersteller argumentieren.
Das Gutachten ist deshalb von hoher Bedeutung, weil sich die Richter des EuGHs in aller Regel den Anträgen der Generalanwälte anschließen. Ein Urteil wird in einigen Monaten erwartet – es scheint allerdings nur noch Formsache. Dies bringt die Autohersteller zusätzlich in die Defensive.
Diesel-Besitzer aller Marken sollten sich daher frühzeitig informieren, ob Ihnen möglicherweise Schadensersatz oder die Chance auf Rückgabe ihrer Fahrzeuge zusteht. Eine solche Prüfung ist beispielsweise kostenlos und unverbindlich bei der Interessengemeinschaft Widerruf möglich.