Aktien Frankfurt
DAX schwankt um Vortagesschluss – „Wumms“ aus Berlin und Frankfurt verpufft
Die große Koalition in Berlin will Deutschland mit einem „Wumms“ und 130 Milliarden Euro raus der Corona-Krise und hinein in den Aufschwung führen. Der Deutsche Aktienindex hat dies allerdings in den vergangenen Tagen und Wochen schon vorweggenommen. Heute hat der Markt das historische Konjunkturpaket deshalb lediglich mit einem Schulterzucken quittiert. Ebenso verpuffte die Freude über die Ausweitung des Anleihekaufprogramms durch die Europäische Zentralbank schon nach wenigen Minuten wieder. Die Messlatte für positive Nachrichten liegt nach der Rally sehr hoch – selbst kleine positive Überraschungen allein reichen nicht mehr aus.
In drei bis sechs Monaten könnte die Konjunktur wieder auf Volldampf laufen. Darin liegt aber auch ein Risiko – jenes, dass die Erholung vielleicht nicht so problemlos und linear verlaufen wird,
wie es der Anstieg des DAX vielleicht vorweggenommen hat. Anleger steigen gerade in der Angst, etwas zu verpassen, ein. Und Angst ist an der Börse selten ein guter Ratgeber. Fahnenstangen im Chart
sind an der Börse nett anzusehen, kaufen sollte man sie nicht.
Die EZB weitet ihre Anleihekäufe aus und setzt damit den geldpolitischen Grundstein für eine kraftvolle Konjunkturerholung in der zweiten Jahreshälfte. Sie schafft aber auch ein „Moral Hazard“ –
Regierungen müssen nicht so sehr auf ihre Haushalte schauen, weil die Zinsen niedrig sind. Das erzeugt neue Kreditrisiken in der Zukunft.
Ob die Mehrwertsteuersenkung der Regierung auch bei den Konsumenten ankommen wird, ist offen. Die Unternehmen könnten wegen nur sechs Monaten geneigt sein, nicht ihre gesamten Preise anzupassen und
die Differenz einfach selbst kassieren. Das würde zwar auf Unternehmensebene für eine willkommene Sonderkonjunktur sorgen, aber wäre für die Menschen keine sonderlich gute Nachricht.
Die Aussicht auf höhere Steuern und stärkere Belastungen des amerikanischen Finanzsektors wird von der Wall Street noch vollkommen ignoriert. Reuters-Umfragen zufolge liegt im Rennen um das Weiße
Haus Joe Biden mit 47 Prozent vor Donald Trump (37 Prozent) und neben der Rückabwicklung von Trumps Unternehmenssteuersenkungen aus dem Jahr 2007 sieht der demokratische Kandidat auch eine
Aufspaltung großer Technologiekonzerne vor – alles Themen, die der Wall Street möglicherweise am Ende nicht ins Konzept passen könnten.