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     136  0 Kommentare Erfindungsreiche Italiener / Kommentar über phantasievolle Pandemiebonds von Kai Johannsen

    Frankfurt (ots) - Die Covid-19-Krise zieht Volkswirtschaften rund um den Globus
    in Mitleidenschaft. Die großen Zentralbanken haben reagiert und Leitzinsen
    gesenkt sowie das Quantitative Easing (QE) zum Teil drastisch nach oben
    gefahren. Gigantische Anleihekaufprogramme stützen die Märkte. Damit wird vor
    allem Zeit für die Staaten gekauft, die mit enormen Konjunkturprogrammen der
    Wirtschaft zur Seite springen. Das muss finanziert werden. Schuldenberge werden
    steigen, und Rekordverschuldungen werden vermeldet werden, mancherorten sind sie
    schon Realität. Auch Deutschland macht in diesem Jahr hierbei keine Ausnahme,
    sondern wird sich über den Kapitalmarkt so viel Geld besorgen wie noch nie
    zuvor. Und so mancher fragt sich, ob die bislang veranschlagten Summen - auch im
    Falle des Bundes - reichen werden oder ob noch mal nachgelegt werden muss.
    Vieles hängt davon ab, ob es zu einer zweiten Viruswelle und damit zu einem
    nochmaligen Lockdown der Wirtschaft und des öffentlichen Lebens kommen wird.

    Da die Zentralbanken am Bondmarkt ein großer Käufer sind, wird wohl kaum damit
    zu rechnen sein, dass die Primärmärkte für Staatsanleihen auch mal geschlossen
    sind. Staaten kommen auch recht günstig an Geld, im historischen Vergleich sogar
    sehr günstig. Das gilt auch für die Eurozonenperipheriestaaten. In Italien und
    auch Spanien waren schon Rekordorderbücher für ein oder zwei Anleihen zu
    beobachten. Italien zapft nun - trotz des uneingeschränkt vorhandenen
    Marktzugangs bei institutionellen Investoren und keinerlei Anzeichen von
    Käuferstreik sowie der Aussicht auf eine noch geraume Zeit währende
    Unterstützung durch die Europäische Zentralbank als Bondkäufer - noch den
    inländischen Retailmarkt als zusätzliche Refinanzierungsquelle an, und zwar mit
    einer neuen Anleiheart, den sogenannten BTP Futura (BTP stellt die Bezeichnung
    für italienische Staatsanleihen dar).

    Um die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie im eigenen Land zu bekämpfen
    beziehungsweise die entsprechenden Maßnahmen der Regierung zu finanzieren,
    können italienische Privatanleger in der Zeit vom 6. bis 10. Juli die Emission
    des BTP Futura zeichnen, und zwar ab einem Minimum von 1.000 Euro, also eine
    privatanlegerfreundliche Stückelung. Nach oben gibt es bei der Anleihezeichnung
    verständlicherweise keine Grenze. Über das Volumen des Bonds gibt es seitens des
    italienischen Finanzministeriums noch keine Angaben; vermutlich werden sie
    angesichts des Kapitalbedarfes keine Obergrenze festlegen wollen.

    Angelehnt ist das neue Papier an den Patriotenbond Italiens, den sogenannten BTP
    Italia, weist aber einige neue Features auf. Das Papier mit zehnjähriger
    Laufzeit (Fälligkeit 14. Juli 2030) lockt Anleger mit einer sogenannten
    Treueprämie (Loyalty Bonus). Die feste Rendite des Bond - die garantierte
    Minimumrendite soll am 3. Juli bekannt gegeben werden - soll nach bestimmten
    Zeitpunkten steigen (step-up), und zwar nach dem vierten und siebten Jahr; wer
    den Bond bis zur Endfälligkeit hält, bekommt dann noch eine Prämie. Das alles
    soll Anleger dazu motivieren, bei der Stange zu bleiben, also das Papier zu
    kaufen und zu halten. Es sollen mindestens 1% Prämie gezahlt werden, maximal 3%,
    und das Ganze wird abhängig gemacht von der wirtschaftlichen Entwicklung des
    Landes, also vom Wachstum des Bruttoinlandsproduktes.

    Auf welche Resonanz wird das Produkt wohl stoßen? Würde man den Bond
    institutionellen Anlegern anbieten, wäre angesichts der gegenwärtigen
    Marktverfassung sowie des Appetits der Investoren auf Anleihen aus der
    Eurozonenperipherie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von einem
    Rekordorderbuch auszugehen. Denn dafür würden schon allein die Prämien sorgen,
    der Bond liegt damit ja deutlich im positiven Renditebereich. Vermutlich ist
    auch bei den Privatanlegern von einer guten Aufnahme auszugehen. Wenn es eine
    Pleite wird, weil die Käufer streiken, ist das sicherlich ein Alarmsignal, nicht
    nur für Italien.

    Der Bond BTP Futura Italiens zeigt den Erfindungsreichtum, wenn es darum geht,
    Kapital zu mobilisieren. Und der BTP Futura ist mit Sicherheit nicht die letzte
    Innovation, die in Sachen Bonds im Zusammenhang mit Covid-19 auf den Markt
    kommt. Man darf gespannt sein, welche neuen Fixed-Income-Formen den Bondmarkt
    noch erreichen werden und vor allem, wer der Emittent sein wird, das heißt, wer
    in die Fußstapfen Italiens treten wird.

    (Börsen-Zeitung, 27.06.2020)

    Pressekontakt:

    Börsen-Zeitung
    Redaktion

    Telefon: 069--2732-0
    www.boersen-zeitung.de

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    OTS: Börsen-Zeitung



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