DWS Chart der Woche: Die Realrenditen fallen. Grund zur Sorge?
So langweilig der Seitwärtstrend der US-Staatsanleiherenditen seit April dieses Jahres auch aussieht, so spannend wird es unterhalb der Oberfläche, wenn man die Rendite in ihre zwei Bestandteile Realrendite und Inflationserwartungen1 zerlegt.
Die Inflationserwartungen sind in der Corona-Krise zunächst abgestürzt, bevor sie sich dann von ihrem Tief im März kontinuierlich erholten. Aktuell beträgt die implizite Inflationserwartung über 1,6 Prozent über die kommenden zehn Jahre – nur noch knapp unter dem Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre2. Die Realrenditen hingegen haben ihren Rückgang fortgesetzt und ihren bisherigen Rekordtiefststand aus der Finanzkrise sogar noch unterboten – im August standen sie bereits bei minus 1,1 Prozent3, wie unser „Chart der Woche“ zeigt.
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Realrenditen sollten nach gängiger Lehrmeinung die Wachstumserwartungen widerspiegeln. Wörtlich genommen würden daher ansteigende Inflationserwartungen in Kombination mit sinkenden Realrenditen die Erwartung des Marktes reflektieren, dass die Wirtschaft in eine Stagflation abgleitet. Mit dieser Interpretation würden wir hingegen vorsichtig sein. Denn die Fähigkeit des Rentenmarktes, den Wachstumspfad vorherzusehen oder überhitzende Volkswirtschaften oder ausgabeüberfreudige Regierungen zu zähmen, wurde zuletzt oft unterminiert. In erster Linie natürlich durch die gewaltigen Aufkäufe durch die Zentralbanken. Dass die Existenz eines Käufers, der keine Kurs- sondern Mengenziele verfolgt, die Preise mindestens verzerren kann, ist wohl unstrittig. Implizit werden so durch die Zentralbankkäufe auch die Realzinsen beeinflusst4, was ihre Aussagekraft über die Wachstumserwartungen verwässert. Der Realzins wird zum Instrument der Zentralbank, um Konsum und Investitionen zu stimulieren.
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