Corona-Maßnahmen
Oberverwaltungsgericht Lüneburg stuft Ausgangssperre in Hannover als „voraussichtlich rechtswidrig“ ein
Niedersächsisches OVG kippt Ausgangssperre in der Region Hannover
Worum geht es in der Debatte?
Ende März, noch vor den Ostertagen, hat die Region Hannover eine Verschärfung der Kontaktbeschränkungen angesetzt – und eine Ausgangssperre für die Zeit zwischen 22 Uhr abends und 5 Uhr morgens verhängt. So sollte das Infektionsgeschehen weiter eingeschränkt werden. Denn es stand die Vermutung im Raum, dass sich gerade in den abendlichen und nächtlichen Stunden vermehrt mehrere Personen treffen und die Kontaktbeschränkungen dementsprechend nicht eingehalten werden. Vom 1. bis zum 12. April sollte die neue Maßnahme also ursprünglich gelten.
Innerhalb kürzester Zeit brachte jedoch ein Einwand des Verwaltungsgerichts Hannover diese Anordnung in Zweifel. Die Region Hannover reichte gegen die Anzweiflung jedoch Beschwerde ein – der Fall beschäftigte schließlich das Oberverwaltungsgericht Lüneburg.
Niedersächsisches OVG weist Beschwerde zurück
Das OVG hat sich mit einem Eilbeschluss schließlich auf die Seite des Verwaltungsgerichts geschlagen und die angeordnete Ausgangsbeschränkung für „voraussichtlich rechtswidrig“ erklärt.
Die Erklärung des OVG: Die Ausgangssperre ist zwar begrenzt geeignet, um die Infektionszahlen herunterzuschrauben, doch ist sie nicht verhältnismäßig. Denn ein derartiger Eingriff in die Grundrechte aller darf nur das letzte Mittel sein. Da jedoch vorherige Mittel von Seiten der Behörden nicht hinreichend durchgesetzt wurden, zum Beispiel durch staatliche Kontrollen, liegt hier laut Auffassung des OVG eine klare Unverhältnismäßigkeit vor. Die Ausgangssperre wurde also verhängt, ohne harmlosere Optionen hinreichend umzusetzen.
Argumente für Ausgangssperre kaum nachprüfbar
Der Auslöser für die angeordnete Ausgangssperre war zudem, dass zu spätabendlicher Zeit angeblich vermehrt gegen Kontaktbeschränkungen verstoßen werde, zum Beispiel durch Zusammenkünfte in privaten Räumen. Diese Begründung konnte die Region Hannover jedoch nicht ausreichend belegen.
Das Niedersächsische OVG hält dazu fest: „Nicht nachprüfbare Behauptungen reichten zur Rechtfertigung einer derart einschränkenden und weitreichenden Maßnahme wie einer Ausgangssperre nicht aus.“ Außerdem bestrafe eine derartige Maßnahme alle, obwohl nur wenige Einzelpersonen der Grund dafür sind. So sei es laut OVG weiterhin „nicht zielführend, ein diffuses Infektionsgeschehen ohne Beleg in erster Linie mit fehlender Disziplin der Bevölkerung sowie verbotenen Feiern und Partys im privaten Raum zu erklären.“
Betretungsverbot statt Ausgangssperre?
Eine mildere Alternative zur drastischen Maßnahme einer Ausgangssperre könnten zum Beispiel Betretungsverbote für bestimmte öffentliche Plätze sein. Auch so könnten Zusammenkünfte mehrerer Personen, die gegen die aktuell gültigen Kontaktbeschränkungen verstoßen, unterbunden werden. Dabei würde aber, im Gegensatz zur Ausgangssperre, der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eingehalten.
Denn die Ausgangssperre ist, auch laut der Auffassung des OVG, eine nicht angemessene Maßnahme, vor allem solange sich die Behörden nicht bemühen, bisherige Kontaktbeschränkungen durch Kontrollen strikter durchzusetzen.
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