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Fiskalrat berechnet langfristige Budgetlücke
Kurz- bis mittelfristig zu erwartender budgetärer Spielraum soll zur Gegensteuerung genutzt werden
Wien (APA-ots) - Neu etablierter Bericht des Fiskalrates über die fiskalische Nachhaltigkeit
Der erstmals veröffentlichte Nachhaltigkeitsbericht des Fiskalrates zeigt, dass die langfristige Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen und damit die Erfüllung wirtschaftspolitischer Ziele
aufgrund des Anstiegs demografieabhängiger Ausgaben nicht gesichert ist. Eine rasche Rückkehr zur günstigen Fiskalposition Österreichs vor der COVID-19-Pandemie würde jedoch kurz- bis mittelfristig
budgetäre Spielräume generieren, um gegenzusteuern. "Unsere Berechnungen bestätigen eine langfristige fiskalische Nachhaltigkeitslücke, die durch Strukturreformen begleitet von wachstumsfördernden
Investitionen, für die sich gegenwärtig ein günstiger Implementierungszeitraum bietet, geschlossen werden könnte", so Prof. Christoph Badelt, der Präsident des Fiskalrates. Eine ergänzende
Berücksichtigung von ökologischen Faktoren wie dem Klimawandel würde die Dringlichkeit von zusätzlichen Investitionen in den Umwelt- und Klimaschutz aus fiskalischer Sicht unterstreichen.
Schnelle Rückkehr auf den fiskalischen Vorkrisenpfad schafft kurz- bis mittelfristig budgetäre Spielräume
Die derzeitige wirtschaftliche Erholung und das Auslaufen der temporären, pandemiebedingten fiskalischen Maßnahmen führen zunächst zu Primärüberschüssen wie in Vorkrisenzeiten und zu einem Rückgang
der Schuldenquote Österreichs - unter der Annahme keiner zusätzlichen fiskalpolitischen Maßnahmen (No-policy-change). Damit gehen laut aktueller FISK-Analyse budgetäre Spielräume für zusätzliche
fiskalpolitische Maßnahmen in der kurzen und mittleren Frist einher, die im Jahr 2025 rund 2,5% des BIP umfassen.
Langfristige Budgetlücke beträgt jährlich 2,5% des BIP
Dieser Spielraum wird jedoch aufgrund der demografiebedingten Ausgabenzuwächse zunehmend kleiner und kehrt sich in eine Lücke um, die bis zum Jahr 2070 auf 2,5% des BIP anwächst. Die Schuldenquote
wird daher aufgrund der sukzessiven Verschlechterung des Primärsaldos wieder ansteigen, obwohl ein anhaltend negatives
Zinswachstumsdifferenzial - das bei einem ausgeglichenen Primärsaldo einen automatischen Rückgang der Schuldenquote bewirken würde - erwartet wird. Permanent wirkende Erhöhungen (Senkungen) der
Staatsausgaben oder Senkungen (Erhöhungen) der Staatsein-nahmen würden den kurz- und mittelfristigen Spielraum dauerhaft reduzieren (erhöhen) und die langfristige Budgetlücke vergrößern
(verringern). Beispielsweise würden außertourliche Pensionserhöhungen - etwa um zusätzlich 0,4 Prozentpunkte pro Jahr (analog zum Durchschnitt der Jahre 2018 bis 2021) - die langfristige
Budgetlücke um 0,7 Prozentpunkte auf 3,3% des BIP im Jahr 2070 erhöhen.
Wenngleich die Resultate sensitiv auf Bevölkerungs-, Produktivitäts- und Zinsannahmen reagieren, bleibt der zeitliche Verlauf des fiskalischen Spielraums bzw. der fiskalischen Lücke bei
alternativen Annahmen qualitativ robust.
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COVID-19-Pandemie besitzt kaum Auswirkung auf die langfristige Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen
Erstmals wurde die COVID-19-Pandemie in einer Nachhaltigkeitsanalyse für Österreich berücksichtigt. Werden die temporär geplanten fiskalischen Maßnahmen vollständig rückgeführt, nimmt die
COVID-19-Pandemie fast ausschließlich über den Anstieg der gesamtstaatlichen Schuldenquote Einfluss auf die Fiskalposition Österreichs. Der Finanzierungssaldo bleibt hingegen aufgrund des
Niedrigzinsumfelds und der langen Laufzeit der österreichischen Verschuldung davon weitgehend unberührt.
Demografieabhängige Ausgaben bestimmen Primärsaldoentwicklung und steigen bis 2070 um 5,8% des BIP an
Rund die Hälfte der demografieabhängigen Gesamtausgabenerhöhung gegenüber dem Basisjahr 2019 entsteht durch den Anstieg der Gesundheitsausgaben im Umfang von 2,8 Prozentpunkten auf 9,9% des BIP.
Auffällig ist, dass ein signifikanter Teil des
Gesundheitsausgabenwachstums auf jene historische Dynamik zurückzuführen ist (z. B. medizintechnischer Fortschritt, steigende Nachfrage nach Gesundheitsleistungen bei Einkommenszuwächsen), die sich
nicht direkt aus Inflation, Produktivitätswachstum oder Bevölkerungsstrukturänderungen erklärt. Die gesamtstaatlichen Ausgaben für Pensionen steigen um 1,2 Prozentpunkte auf 15,2% des BIP, jene für
Pflege um 1,8 Prozentpunkte auf 3,1% des BIP - jeweils bis 2070.
Die Zinsausgabenquote (2019: 1,4% des BIP) geht mittelfristig weiter zurück, steigt aber nach den getroffenen Annahmen langfristig deutlich über das derzeitige Niveau an (2070: 2,5% des BIP). Die gesamtstaatliche Einnahmenquote verläuft aufgrund des engen Konnexes mit der Wirtschaftsleistung stabil über den Projektionshorizont.
Strukturreformen begleitet von wachstumsfördernden Investitionen sind nötig, um langfristige Budgetlücke zu schließen
"Um für künftige Krisen gewappnet zu sein, soll die bewährte hohe Krisenresilienz Österreichs, die eine starke finanzpolitische Intervention zur Bewältigung der COVID-19-Pandemie ermöglichte, rasch
wiederhergestellt werden", empfiehlt Prof. Badelt. Zwar vollzieht Österreich - unter der No-policy-change-Annahme - eine Rückkehr auf den Wirtschaftswachstums- und Primärsaldopfad vor der
gegenwärtigen Krise. Allerdings führt der demografische Wandel zur laufenden Verschlechterung des Primärsaldos. Die Stabilisierung der Schuldenquote ist dadurch in der langen Frist nicht gesichert.
Öffentliche bzw. staatlich geförderte private Investitionen zur Beschleunigung des technischen Fortschritts (z. B. Digitalisierung) tragen dazu bei, die berechnete langfristige Budgetlücke zu
verringern. Selbst bei einer starken Erhöhung des
Produktivitätswachstums schließt sich die Nachhaltigkeitslücke aber nicht vollständig. Die oftmals diskutierten Strukturreformen in demografiesensitiven Bereichen (Gesundheit, Pflege und Pensionen)
sind - begleitet von wachstumsfördernden Investitionen - hingegen geeignet, die langfristige Budgetlücke zu schließen bzw. größeren Spielraum für notwendige künftige Ausgaben oder auch für
Abgabensenkungen zu schaffen. So zeigt die Szenario-Analyse des Fiskalrates, dass bereits eine dauerhafte Beschränkung des jährlichen Wachstums der Gesundheitsausgaben um 0,3 Prozentpunkte auf 3,8%
die fiskalische Lücke um 1,1 Prozentpunkte auf 1,4% des BIP im Jahr 2070 reduziert. Eine schrittweise Erhöhung des erwarteten effektiven Pensionsantrittsalters von 62,5 auf 64,5 Jahre bis 2070 -
dies entspricht einer Beibehaltung des Anteils der Jahre in Pension an der gesamten Lebenszeit ab 2033 - würde die Lücke im gleichen Ausmaß verringern. Natürlich ist bei der Implementierung von
strukturellen Maßnahmen auf den erforderlichen zeitlichen Vorlauf zu achten, der sich durch Systemumstellungen, Wahrung des Vertrauensschutzes o. Ä. ergibt.
Presseunterlagen, Nachhaltigkeitsbericht sowie Unterlagen eines internen Workshops des Fiskalrates zu diesem Thema finden Sie unter www.fiskalrat.at.
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OTS0065 2021-09-28/10:00