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     1950  0 Kommentare Deutschland hat mehr Staatsschulden als Italien

    „Schuldenkönig“ Italien und die EU-Südländer stehen am Pranger. Beim Maastricht-Kriterium bleibt Rom mit 130% statt zulässiger 60% hoffnungslos überschuldet. Das Pikante dabei:

    Die Rechnung berücksichtigt nur die expliziten (direkten) Staatsschulden, nicht aber die impliziten (indirekten), wie z.B. Staatsgarantien. Wären diese mitgezählt, hätte Deutschland schon lange Italien überholt https://www.stiftung-marktwirtschaft.de/inhalte/presse-und-aktuelles/p ...

    Explizite und implizite Schulden gab es immer und nicht nur auf Staatsebene

    Die Unterscheidung zwischen expliziten und impliziten Schulden ist weit verbreitet. Ein Privatmann, der Kredit beantragt muss Angaben sowohl über seine Schulden als auch über Garantien (z.B. Mietgarantien, Bürgschaften) - also impliziten Schulden - machen. Beim Unternehmen wie Siemens die als Fremdkapital bekannten Schuldenarten (Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen, Kredite, eigene Anleihen) der Bilanz direkt ablesbar. Hinzu kommen noch Eventualverbindlichkeiten (implizite Schulden). Der Konzern hatte 2018 rund 48 Mrd. € Eigenkapital, 90 Mrd. € Fremdkapital € und Eventualverbindlichkeiten außerhalb der Bilanz von 3 Mrd. €. https://www.siemens.com/investor/ pool/de/ investor_relations/ Siemens_GB2018.pdf

    Auch Banken müssen Eventualverbindlichkeiten wie Risikoaktiva mit Eigenkapital decken. Die Bankenkrise von 2009 war auch ein Problem der Verschleierung impliziter Schulden. Die Institute gaben kurzfristige Garantien für ihre SIV-Töchter (Structured Investment Vehicles) ab, die in der Bilanz nicht vorkamen und verletzten Eigenkapitalrichtlinien. 

    Explizite und implizite Staatsschulden bei deutschen Staatschulden

    Bei Staatsschulden gibt es dazu viele Analogien zu den vorgenannten Beispielen. So könnten in Deutschland zu den expliziten Staatsschulden von 1,96 Bill. € per Ende 2017 https://de.wikipedia.org/wiki/Staatsverschuldung Deutschlands - oder knapp 70% des BIP - die aus früheren Haushaltsdefiziten des Bundes, der Länder und der Gemeinden resultierenden, impliziten Schulden (nach H.-W. Sinn Schattenverschuldung) dazugerechnet werden. Den unten genannten Kategorien ist gemeinsam, dass sie nicht mit Rückstellungen unterlegt sind: 

    1. Eventualverbindlichkeiten - Garantien wegen mit der Banken- und Euro-Rettung
    2. Rentenzahlungen für Bedienstete im Öffentlichen Dienst und Belastungen aus der    Kranken- und Pflegeversicherung, für die keine Bilanz-Rückstellungen da sind.
    3. Extrahaushalte - Haftungen für Staatsbetriebe auf allen Ebenen, Beteiligungen sowie für juristische Personen des Öffentlichen Rechts (Universitäten)  

    Schätzungen der Gesamtverschuldung eines Staates zählt zum beliebten „Forschungsgebiet“ für Analysten verschiedener Couleurs. Das angesehene Forschungsinstitut des Rentenexperten Prof. Raffelhüschen schätzt für 2021 eine effektive Gesamtverschuldung von 439% des BIP, - ohne Corona-Auswirkung - statt der zugelassenen 60%. 

    Damit weißt der Musterschüler Deutschland bei 69,7% expliziter Staatschuld nur 17% ihrer Gesamtverschuldung aus. Aber auf die anderen mit dem Finger zeigen.  https://www.stiftung-marktwirtschaft.de/inhalte/presse-und-aktuelles/p .... Zwischen Ist und Darf liegen Welten!


     
    Die internationalen Vergleiche der Stiftung Marktwirtschaft überraschen 

    Ein internationaler Vergleich auf EU-Ebene für 2018 überrascht weiter. Wie die untere Graphik zeigt. Der Ausweis einer negativen staatlichen Gesamtschuld (Überschuss) der unbedeutenden Länder - wie bei dem am Kapitalmarkt hochverschuldeten Griechenland mit -105% - resultiert aus „geschönten“ Prognosen der zukünftigen Rentenausgaben und Wachstumsprognosen, die als sog. politisches Reporting der EU-Kommission vorgelegt werden. Am Schreibtisch lassen häufig günstige Ergebnisse „produziert“. Das Minus ist vergleichbar mit einer Auflösung einer Pensionsrückstellung in der Bilanz, die materiell eine Schuldenreduzierung impliziert. 

    Quelle: Forschungszentrum Generationenverträge

    Dennoch sind die Angaben für die großen Länder, die seriös berichten, aufschlussreich. So fällt auf, dass Deutschland bei der Gesamtverschuldung mit 170% des 2018er BIP deutlich schlechter dasteht als Italien mit 122% (2017: 146% zu 130%). 

    Auch das gute Abschneiden Frankreichs und das katastrophale Luxemburgs irritieren den informierten Leser. Andererseits wechselt die Reihenfolge von Jahr zu Jahr zum Teil deutlich, was Gesamtaussagen erschwert. Dennoch wird für die EU insgesamt ein Trend in Richtung langsamen Schuldenabbau attestiert.  

    Die Rechnung des Instituts ist bei methodisch nicht vollständig. Die Nichtberücksichtigung der Garantien in der impliziten Schuld wird Fragen auf. 

    Warum die explizite Staatsschuld statt der Maastricht -Regel problematisch ist

    Die Ausführungen zeigen, dass es sinnvoll wäre, überstürzt die implizite Schuldendefinition als Indikator für die „wahre Staatsverschuldung“ heranzuziehen. Es würde sich bei der Definition ein Fass ohne Boden auftun (was kommt herein, was nicht?), die einzelnen Module hätten unterschiedliche Eintrittswahrscheinlichkeiten (Garantien werden selten gezogen), Staaten könnten absichtlich durch geschönte demographische Prognosen (siehe Griechenland) das Ergebnis manipulieren, die Börsen und Rating-Agenturen würden ein solches definitorisches Konstrukt nicht akzeptieren und last but not least anders als im Falle der ABS entsteht durch die Unkenntnis der impliziten Schuld heute keine akute Täuschungsgefahr für die Politik, wie damals bei den Banken.

    Fazit: 
    Ob die EU langfristig eine Lösung suchen soll, wie Staatsschulden korrekt zu erfassen sind ist fraglich. Auch weil die Gemeinschaft heute andere Sorgen hat und an die Verschuldungsregeln sich ohnehin niemand hält. Wenn jetzt dadurch wir als Bürger niemals erfahren werden, ob Deutschland mehr Schulden als Italien hat ist schon eine akademische Frage. 

    Autor: Dr. Viktor Heese – Fachbuchautor und Finanzanalyst, www.prawda24.com, www.finanzer.eu

     


     




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    Dr. Viktor Heese
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    Dr. Viktor Heese ist promovierter Volkswirt und war bis 2010 dreißig Jahre bei verschiedenen Großbanken im Wertpapierresearch tätig. Heese spezialisierte sich auf Versicherungs- und Bankaktien sowie Kapitalmarktanalyse. 2010-2013 leitete er das Deutsch-Russische-Zentrum- für Wirtschaftsforschung und deutsches MBA in Moskau. Seit 2014 ist er als Fachbuchautor und Publizist freiberuflich tätig und bietet Fachseminare zu Börsen- und Bankthemen an. Er ist Herausgeber des Anleihen-Börsenbriefes „Der Zinsdetektiv“
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    Verfasst von Dr. Viktor Heese
    Deutschland hat mehr Staatsschulden als Italien Bei einer korrekten all inclusive-Rechnung

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