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    Gefahren für uns Börsianer  12210  0 Kommentare Crash-Risiko: Aktienkäufe auf Pump – Wie schlimm ist es?

    Kreditfinanzierte Aktienkäufe in den USA haben deutlich zugenommen. Sind das Crash-Vorboten oder Zeichen einer positiven Marktstimmung? Antworten von Patrice Kaiser, Kapitalmarktexperte bei der Merkur Privatbank.

    „Tanzt der Markt hier auf einer Rasierklinge?“, fragten wir Ende September frei nach Hedgefonds-Manager Mike Burry. Anlass war das deutlich angestiegene Kreditvolumen für Aktienkäufe in den USA. Top-Kapitalmarkt-Experten aus den Geldhäusern Vontobel, NORD/LB, DekaBank und Deutsche Bank antworteten hier meinungsstark. Mittlerweile ist das Kreditvolumen laut Finra-Daten weiter angestiegen.

    Also, wie schaut’s jetzt aus? Wir groß ist derzeit die Gefahr, dass die spekulative Aktienblase platzt und den Markt in den Abgrund reißt?

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    Patrice Kaiser, Kapitalmarktexperte bei der Merkur Privatbank mit einem Gastbeitrag, der die aktuelle Gefahrenlage bei den kreditfinanzierten Aktienkäufen in den USA einschätzt:

    „Die aktuellen Daten von FINRA zeigen für September einen leichten Rückgang der kreditfinanzierten Wertpapierinvestitionen in den USA. Mit nun rund 903 Mrd. USD liegen sie aber nur knapp unter dem bisherigen historischen Höchststand vom August mit etwa 911 Mrd. EUR und damit weiterhin deutlich über den Werten aus dem vergangenen Jahr. Von einer Entspannung kann also im Moment noch keine Rede sein. 

    Um den deutlichen Anstieg in den vergangenen Monaten interpretieren zu können, ist jedoch ein differenzierter Blick erforderlich. Betrachtet man die Situation vor einem Jahr, so befanden sich die Kapitalmärkte zu diesem Zeitpunkt fest in der Hand von Corona. Eine Impfung war noch nicht verfügbar. Einziges Mittel zur Bekämpfung der Pandemie waren harte Einschnitte wie Lockdowns und die zeitweise Geschäftsschließungen ganzer Branchen. Entsprechend schlecht waren Stimmung und Aussichten in der Wirtschaft wie bei Investoren.

    Ganz anders heute: Durch die schnell zugelassenen Impfungen hat Corona den Schrecken fast verloren. Länder wie Großbritannien, Schweden oder Dänemark haben nahezu alle Restriktionen aufgehoben. Zum Glück bleiben trotz im Herbst wieder steigender Infektionszahlen die Zahl der Toten auf eher niedrigem Niveau. Die Stimmung bei den Börsenteilnehmern hat sich deshalb in den vergangenen Monaten stark aufgehellt. Die Kurse sind deutlich gestiegen – über die Höchststände Anfang 2020 hinaus.  

    Somit kann der starke Anstieg der kreditfinanzierten Wertpapierkäufe auch als Ausdruck des Optimismus und der Hoffnung auf weiter steigende Kurse gedeutet werden, nicht zwingend als Ankündigung eines drohenden Crashs. Denn worum geht es bei dieser Art der Investition? Es werden Wertpapiere in der Erwartung gekauft, dass die Erträge daraus, also Dividenden und Kursgewinne, über den Kosten für den aufgenommenen Kredit liegen. Das ist eine wirtschaftlich sinnvolle und nachvollziehbare Entscheidung. Vor allem in der aktuell langandauernden Niedrigzinsphase, die die Kreditkosten praktisch auf Null senkt.

    Es stellt sich aber die Frage, wer aktuell diesen Weg der Investition geht. Problematisch wäre, wenn überwiegend private Anleger über Kredite Wertpapiere kaufen würden. Hier besteht das Risiko, dass, wenn die Kurswette nicht aufgeht, schnell eine Überschuldung droht. Trifft das die breite Mittelschicht, könnte das den besonders für die US-Wirtschaft existentiellen privaten Konsum einbrechen lassen. Für Deutschland lässt sich das nicht belegen. Hier erfolgen Anlagen überwiegend aus einer selbst im Corona Jahr 2020 gestiegenen Sparquote heraus.

    Weiterhin ist die Frage offen, in welche Wertpapiere investiert wird. Letzte Studien zeigen, dass Privatanleger in den USA über digitale Trading-Angebote wie Robinhood immer häufiger in Derivate statt in Aktien investieren. Damit verbunden ist eine deutlich höhere Chance auf Kursgewinne aber auch ein sehr viel höheres Verlustrisiko. Werden diese Geschäfte kreditfinanziert, sind selbst kleine Schwankungen am Aktienmarkt existenzbedrohend.

    Letztlich sind kreditfinanzierte Wertpapierkäufe nicht der Anlass für einen Crash, sie verstärken ihn und vor allem die Konsequenzen für Anleger aber. In gewisser Weise wird dadurch ein sowieso entstehender Ballon weiter aufgeblasen. Ursachen für ein mögliches Platzen der Blase sind dann aber andere, nicht vorhersehbare Ereignisse. Diese lassen dann die Stimmung am Markt kippen. Bei fallenden Kursen müssen kreditfinanzierte Anleger dann weitere Aktien mit Verlust verkaufen, um ihre Kreditverpflichtungen zu erfüllen. Das verstärkt die Spirale nach unten und führt gerade bei Privatanlegern schnell zum Bankrott.

    Zu einem weiteren belastenden Faktor könnten steigende Zinsen werden, die den Kredit verteuern und gleichzeitig die Performance am Aktienmarkt belasten würden. Die Attraktivität des Models würde leiten, Verkäufe folgen. In diesem Fall würde vermutlich aber eher langsam Luft aus dem Ballon gelassen. Ein Crash wäre unwahrscheinlich. Dieses Szenario ist jedoch im Moment noch unwahrscheinlich, da zumindest in nächster Zeit keine deutlichen Zinserhöhungen zu erwarten sind. 

    Summa-summarum ist der Anstieg aus unserer Sicht (noch) kein Indikator für einen nahenden Kurssturz. Vielmehr zeigt er den Optimismus am Markt. Gerade Privatanleger sollten sich davon aber nicht anstecken lassen und bei Investitionen besser nur auf langfristig verfügbares Anlagekapital zurückgreifen.

    Patrice Kaiser, Portfoliomanager / Vertriebs- und Produktmanager für Vermögensanlagen

    Kurzvita
    Patrice Kaiser, 42 Jahre alt, Bankbetriebswirt und Wirtschaftspsychologe, verantwortet seit 2011 die fachliche Seite des Anlagegeschäfts in der Merkur Privatbank. Im Vordergrund seiner Arbeit steht, die Komplexität einer Vielzahl von Anlageformen und -strategien für den Kunden aufzulösen. Um die individuell beste Lösung bieten zu können, trifft er die Wertpapierauswahl an Hand quantitativer und qualitativer Kriterien. Sein Ziel: die Anlagen zu finden, die langfristig überdurchschnittlich gut abschneiden.

    Text: Patrice Kaiser, Merkur Privatbank, und Christoph Morisse, wallstreet:online Zentralredaktion




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