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     1940  0 Kommentare Der (Börsen-)Stein des Sisyphus - Seite 2

    Doch haben wir es derzeit mit einer untypischen Rezession zu tun. Real schrumpft Amerika zwar, doch aufgrund der konjunkturuntypisch hohen Teuerung schlägt das nominale Herz so stark wie seit vielen Jahrzehnten nicht mehr: In den letzten fünf Quartalen sind die USA im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 17, 10, 12, gut 11 bzw. 10 gewachsen.

    Reale Schrumpfung bedeutet natürlich auch Wohlstandseinbuße. Doch spielen in Amerika Psychologie, Stimmung und Gefühle eine viel größere Rolle als bei uns. Wenn sich Verbraucher - die für die US-Konjunktur zu zwei Dritteln entscheidend sind - vermögender fühlen, weil sie nominal mehr im Portemonnaie haben, nimmt der "gefühlte Wohlstand“, die Wohlstandsillusion, zu.

    Ebenso ist für Wall Street eine real zwar rezessive Wirtschaft leichter auszuhalten als eine auch noch nominal schrumpfende mit sinkenden Unternehmensumsätzen.

    Hinzu kommt the American Way of Killing Debt Softly: Liegt die Teuerung über den Zinsen sind Peter, Paul & Mary mit ihren alten Krediten schneller durch und können mit neuen zum Wohle des Wachstums wieder durchstarten. Die US-Wirtschaft war doch immer schon ein Durchlauferhitzer.  

    Europa im (wirtschafts-)politischen Schwitzkasten

    Diese „Segnungen“ sind in Europa Mangelware. Wir haben keinen starken Binnenmarkt, wir sind abhängig von der Weltwirtschaft. So führen chinesische Wirtschaftsschließungen zur Eindämmung von Corona bei uns sofort zu konjunktureller Schnappatmung.

    Daneben ist speziell Deutschland im Vergleich zu den USA dramatisch energieabhängig. Wir zahlen jetzt den Preis einer jahrzehntelang weltfremden Energiepolitik, die den Konsumenten über steigende Preise dramatische Kaufkraft- und energieintensiven Industrieunternehmen Margenverluste beschert.

    Und immer noch denkt Deutschland wirtschafts- und energiepolitisch zu ideologisch. Staatliche Kompensationszahlungen mögen zwar zur Abfederung von hohen Gaspreisen vielen Verbrauchern buchstäblich über den Winter helfen. Ansonsten wird aber zu viel Bullerbü-Politik betrieben und nur an den Symptomen ohne vernünftigen Plan B herumgedoktert. Der Einsatz zusätzlicher Kohlekraftwerke wird verzögert. Und wirklich große Mengen an alternativem Flüssiggas stehen nicht vor 2027 zur Verfügung. So muss weiter zu viel Gas verstromt werden, das anderswo fehlt. Übrigens, wenn zu wenig geheizt wird, hat man ruckzuck Schimmel in der Bude.

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    Robert Halver
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    Robert Halver verfügt über langjährige Erfahrung als Kapitalmarkt- und Börsenkommentator und ist durch regelmäßige Medienauftritte bei Fernsehsendern und Radiostationen, auf Fachveranstaltungen und Anlegermessen sowie Fachpublikationen und als Kolumnist einem breiten Anlegerpublikum bekannt. Seine Markenzeichen, die unterhaltsame, bildhafte Sprache, kommen bei keinem seiner Auftritte zu kurz.

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    Verfasst von Robert Halver
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