checkAd

     297  0 Kommentare „Aktuell werden viele Standard-Impfungen aus der Corona-Zeit nachgeholt“

    Interview mit Facharzt Dr. Markus Frühwein

    Ein Bild, das Mann, Person, Wand, Lächeln enthält. Automatisch generierte Beschreibung
    Bildquelle: Dr. Markus Frühwein

    Im Rahmen der Corona-Pandemie hat das Thema Impfung im Bewusstsein vieler Menschen wieder deutlich an Präsenz gewonnen. Dabei sind vor allem Fragen nach der Wirksamkeit, der empfohlenen Häufigkeit und Nebenwirkungen in den Vordergrund gerückt. Facharzt Dr. Markus Frühwein ist Spezialist für das Thema und hat sich mit uns über die wichtigsten Aspekte unterhalten.

    Guten Tag, Herr Dr. Frühwein! Ehe wir uns eingehender mit dem Thema Impfung befassen, lassen Sie uns zunächst einen Blick auf Ihren Werdegang werfen. Sie sind Allgemeinmediziner, aber auch Experte für Tropen- und Reisemedizin, Impfungen und Vorsorge. Wie kam es zu dieser breiten Positionierung?

    Dr. Markus Frühwein:    Das ist eine gute Frage. Nun, zunächst einmal hat die Allgemeinmedizin als sehr breit aufgestellter Fachbereich immer eine große Faszination auf mich ausgeübt. Doch ich komme auch aus einer Familie, die seit drei Generationen hausärztlich, in der Tropen- und Reisemedizin sowie im Impfbereich tätig ist. So hatte ich bereits früh einen sehr persönlichen Bezug zu diesen Fachbereichen. Dass ich über die Ausbildung in der Tropenmedizin außerdem einen breiten Zugang zu anderen Ländern und Kulturen gewonnen habe, hat schließlich den Ausschlag bei meiner Entscheidung gegeben.

    Darüber hinaus habe ich ein betriebswirtschaftliches Studium zum Master of Health Management absolviert, sodass ich die Organisations- und Verwaltungsaufgaben in einer großen Praxis gut bewältigen kann.

    Wie kam es zur Gründung Ihrer Münchener Praxis?

    Dr. Markus Frühwein:    Gegründet wurde die Praxis vor mehr als 70 Jahren von meinem Großvater Dr. Friedrich Frühwein. Damals war das die erste Gelbfieberimpfstelle in Bayern, direkt im Herzen von München.

    Drei Jahre Pandemie liegen hinter uns. Wie ist Ihre grundsätzliche Einschätzung? Ist die Bereitschaft, sich impfen zu lassen, im Vergleich zu früher gesunken?

    Dr. Markus Frühwein: Aus meiner Sicht nicht. Durch COVID-19 hat die Bevölkerung einen deutlich besseren Zugang zur Thematik Impfen bekommen und ist insgesamt wesentlich besser informiert. Vielen ist dabei noch deutlich bewusster geworden, welchen Beitrag Impfungen nicht nur in Hinblick auf COVID-19 bei der Prävention für ein gesundes Leben leisten können. Keine Vorsorgemaßnahme ist effektiver und kostengünstiger. Die Grippeimpfung wurde in den letzten 2 Jahren beispielsweise deutlich besser angenommen.

    Wie sind Sie im Bereich Impfung aktuell ausgelastet? Lassen sich noch Menschen gegen Corona impfen?

    Dr. Markus Frühwein:   Auf der einen Seite haben die COVID-19 Impfungen deutlich abgenommen, auf der anderen Seite besteht aus der Pandemiezeit noch ein großer Nachholbedarf bei den von der STIKO empfohlenen Standard- und Indikationsimpfungen wie beispielsweise gegen Lungenentzündung oder Gürtelrose. Besonders haben die Reiseimpfungen wieder zugenommen. Hier wird gerade viel nachgeholt, was während der Pandemie liegengeblieben ist.

    Von welchen Faktoren ist es abhängig, wie gut eine Impfung bei einem Menschen wirkt? Welche individuellen Unterschiede gibt es?

    Dr. Markus Frühwein:   Grundsätzlich ist ein funktionierendes Immunsystem die Voraussetzung für eine adäquate Impfwirkung. Lässt das Immunsystem nach, z.B. im fortschreitenden Alter, was Immunseneszenz genannt wird, wirken Impfungen nicht mehr so gut.  Das gilt auch für Menschen, die aufgrund einer chronischen Erkrankung oder immunsupprimierender Medikamente nur eine eingeschränkte Immunfunktion haben. Hier wirken die Impfungen zwar nicht so gut, diese Patienten sind aber besonders schutzbedürftig, da Infektionen zum einen häufiger sind und zum anderen schwerer verlaufen. Daher machen sie gerade für diese Personengruppen, auch bei leicht eingeschränkter Wirksamkeit, besonders viel Sinn.

    Im Zuge der COVID-19-Pandemie sind verstärkt Impfnebenwirkungen in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Wie berechtigt sind die Sorgen?

    Dr. Markus Frühwein:  Insgesamt wurden weltweit mehr als 13 Milliarden Impfungen verschiedenster Impfstofftypen verimpft. Jedes Medikament, jeder Wirkstoff ist mit potentiellen Nebenwirkungen verbunden. Gerade bei den COVID-19-Impfungen sind insgesamt überraschend wenig Nebenwirkungen aufgetreten, auch wenn es in Einzelfällen zu schweren Nebenwirkungen, insbesondere in Hinblick auf allergische Reaktionen, kam. Zusammenfassend hat der Nutzen der Impfung die Risiken sicher deutlich überwogen.

    Wie oft sollten Erwachsene welche Impfungen auffrischen lassen?

    Dr. Markus Frühwein:    Jeder Erwachsene sollte alle 10 Jahre seine Impfung gegen Tetanus und Diphterie, gegebenenfalls mit Keuchhusten, auffrischen lassen. Ab 60 Jahren und für chronisch Kranke schon in jüngeren Jahren bestehen Empfehlungen für eine Impfung gegen Lungenentzündung, die Gürtelrose und eine jährliche Influenzaimpfung. Gerade in Endemiegebieten ist eine Impfung gegen Frühsommer-Meningoenzephalitis sinnvoll und sollte nach Grundimmunisierung alle 5 Jahre wiederholt werden.

    Über die Gemeinschaftspraxis Dr. Frühwein und Partner

    Die 1946 gegründete Gemeinschaftspraxis Dr. Frühwein und Partner ist eine Hausarztpraxis in München und deckt als allgemeinmedizinisch-internistische Einrichtung das gesamte Spektrum der inneren und äußeren Medizin ab. Zu den Schwerpunkten gehören die medizinische Grundversorgung bei akuten Fällen, bei der Langzeitversorgung und bei Rehabilitationen. Darüber hinaus sind Dr. Frühwein und Partner Spezialisten für Reise- und Tropenmedizin.

    Rainer Brosy
    0 Follower
    Autor folgen
    Mehr anzeigen
    Rainer Brosy (B.Eng.) ist seit 10 Jahren Geschäftsführer einer Digital-Agentur und führt gerne Interviews mit Köpfen aus der Businesswelt.
    Mehr anzeigen
    Verfasst von Rainer Brosy
    „Aktuell werden viele Standard-Impfungen aus der Corona-Zeit nachgeholt“ Im Rahmen der Corona-Pandemie hat das Thema Impfung im Bewusstsein vieler Menschen wieder deutlich an Präsenz gewonnen. Dabei sind vor allem Fragen nach der Wirksamkeit, der empfohlenen Häufigkeit und Nebenwirkungen in den Vordergrund gerückt.