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     237  0 Kommentare Gesundheitswesen: Warum Weniger wesentlich Mehr ist

    Bildquelle: Julia Veela

    Das deutsche Medizinwesen ist alles andere als gesund: Nicht nur die Patienten werden immer älter, auch die Ärzteschaft ist überaltert und gefangen in dem Bürokratismus von Krankenkassen und klassischer Schulmedizin. Bei der Suche nach einer besseren Versorgung der Menschen sind Alternativen gefragt – die zudem neue Berufschancen eröffnen.

    Was haben die Deutsche Bahn, die Deutsche Lufthansa und viele deutsche Arztpraxen gemeinsam? Nun, sie werden bestreikt. Während der Tarifkampf bei der Deutschen Bahn endlich beigelegt ist und auch bei der Lufthansa ein Ende ein Sicht scheint, ist die Situation im deutschen Medizinwesen weiter unausgegoren. Das liegt an der Komplexität der Materie und den vielen Beteiligten. Anders etwa als im Tarifstreit zwischen der Gewerkschaft der Lokführer und der Deutschen Bahn gibt es im deutschen Gesundheitswesen sehr viele Beteiligte: Ärztinnen und Ärzte, ihre Standesorganisationen, die gesetzlichen Krankenkassen und ihre privaten Versicherer, dazu die Pharmabranche, Krankenhäuser und nicht zuletzt den Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD).

    Apotheker und Ärzteschaft gemeinsam für mehr Honorare

    Ende 2023 machten viele Ärztinnen und Ärzte in vor allem Hausarztpraxen, ihrem Ärger Unmut und für einige Tage ihre Praxen dicht. Ähnliches machen bereits Deutschlands Apotheken im regelmäßigen Abstand. Die Wut der „Weißkittel“ zielt dabei primär auf Karl Lauterbach. Sie fordern stellvertretend von ihm und von den Kassen mehr Geld in Form höherer Honorare – und verweisen dabei auf seit Jahren sinkendes Realeinkommen. Der Minister hält mit anderslautenden Statistiken dagegen und verweist auf die weiter überdurchschnittlich hohen Einkünfte. Das Ende ist offen und mit Blick auf die ohnehin schon angespannte Kassenlage der gesetzlichen Krankenkassen, aus deren Mitteln letztlich die Arzthonorare bezahlt werden müssen, auch nicht bald zu erwarten.

    Praxissterben vor allem auf dem Land

    Doch das Problem des deutschen Gesundheitswesens ist nicht allein das liebe Geld. „Uns werden die Ärzte ausgehen. Es besteht enormer Handlungsbedarf“, mahnt die Bundesärztekammer. Das überrascht auf den ersten Blick. Denn nie gab es in Deutschland mehr Ärztinnen und Ärzte als heute. Im Jahr 2022 waren bei den Landesärztekammern 421.303 berufstätige Ärztinnen und Ärzte registriert. Doch zugleich steigt deren Teilzeitquote. Daher sind mehr Köpfe nötig, zumal die Gesellschaft altert und die Behandlungszahlen weiter steigen, sagt die Bundesärztekammer.

    Mehr als 80.000 Ärztinnen und Ärzte sind bereits heute mindestens 60 Jahre alt. Folglich scheiden Zehntausende in den kommenden Jahren aus dem Beruf aus – wenn sie denn einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin finden. Die Zahl der Praxen in Deutschland sinkt kontinuierlich. In den Jahren von 2012 bis 2022 gab es bundesweit einen Rückgang von 7,6 Prozent, meldet die Bundesärztekammer. Besonders auf dem Land ist die Versorgungslage vielerorts bereits heute kritisch – und wird sich weiter verschärfen. So kommen auf einen berufstätigen Arzt in Brandenburg bereits heute 247 Einwohnerinnen und Einwohner, zeigen Statistiken von Ärzteschaft und Statistischem Bundesamt. In Niedersachsen sind es 230, im Flächenstaat Sachsen-Anhalt 221. Besser ist die Lage noch in den Großstädten: Ein Arzt versorgt in Hamburg statistisch 127 Personen, in Berlin 146.

    Nachwuchs ist vielerorts gefragt, aber immer seltener vorhanden. Deutschlands Universitäten bilden absehbar zu wenige junge Medizinerinnen und Mediziner aus, die dann in die Fußstapfen eines Oberarztes im städtischen Krankenhaus treten oder vor allem die Nachfolge der aus Altersgründen ausscheidenden Landärztin in Ostdeutschland übernehmen könnten.

    Industrialisierung der Medizin: Lösungsweg oder gefährliche Sackgasse?

    In die entstehenden Lücken springen zunehmend vor allem angelsächsische Investoren und Private-Equity-Unternehmen, die Krankenhäuser und Medizinische Versorgungszentren übernehmen oder einzelne Praxen zu selbigen zusammenfusionieren.

    Immer größer, immer besser? Zweifel sind nach diversen Berichten über die Versorgungsqualität und Abrechnungspraxis bei den Medizin-Riesen angebracht, mahnen Kritiker wie Dr. med Manuel Burzler. Der klassisch ausgebildete Mediziner plädiert für Alternativen zu den jahrzehntelang betretenen Pfaden. „Die klassische Medizin beruht heute in der Regel allzu oft auf der Überzeugung, dass uns bestimmte Krankheitsverläufe in die Wiege gelegt worden. Doch die Fokussierung auf DNA-Tests und Co. übersieht, dass es schlechte Gene in der Form nicht gibt. Die eigene Lebensweise und vor allem die eigene innere Einstellung zum Körper entscheiden maßgeblich darüber, ob wir gesund bleiben oder doch krank werden“, sagt Burzler. Er ist Gründer und Vorstandschef von HealVersity. Das Unternehmen konzentriert sich auf die sogenannte Epigenetik und ein neuartiges Verständnis von Medizin. Damit bietet HealVersity nicht nur einen Gegenentwurf zum klassischen Medizin-Business, sondern hält eventuell auch einen Schlüssel parat, um dem Kreislauf aus immer teurerer Medizin und entsprechend schlechter Kassenlage bei der gesetzlichen Krankenversicherung zu entkommen.

    Burzler kritisiert vor allem, dass sich die klassische Medizin in den vergangenen Jahren von ihren „Kunden“, den Menschen, entfernt hat. Daher sieht er den Trend hin zu immer größeren Medizinzentren auch sehr skeptisch: „Soll das die Zukunft der ärztlichen Versorgung sein? Eine noch stärkere industrielle Medizinproduktion und eine effizienzgetriebene Beratung von der Stange? Das darf nicht sein. Die Betreuung von Menschen mit Schmerzen und gesundheitlichen Beeinträchtigungen ist nicht vergleichbar mit der industriellen Fertigung von Autoreifen oder Bürostühlen. Es geht um Menschen – und einen individuellen Angang an das jeweilige gesundheitliche Problem.“

    Epigenetik macht Schluss mit dem Spruch von den „schlechten Genen“

    Die HealVersity-Gründer Burzler und Co-CEO Timo Janisch setzen stattdessen auf „Epigenetik“. Die zentrale Idee dahinter: Die Selbstheilungskräfte stärken durch mehr Bewusstsein und eine positive Verhaltensänderung. Burzler: „Dank der Epigenetik haben es Menschen ein gutes Stück selbst in der Hand zu bestimmen, ob vererbte Gene aktiviert, gedimmt oder stillgelegt werden. Diese Prozesse werden nicht durch Veränderungen in der DNA-Sequenz selbst hervorgerufen. Sondern allein durch äußere Einflüsse und Entscheidungen im persönlichen Lebensstil. Jeder von uns kann mehr selbst steuern, als die allermeisten von uns glauben.“

    Burzler und Janisch wollen der häufig skeptisch bis spöttisch beäugten Heilpraxis zu mehr Anerkennung verhelfen – aus medizinischer, menschlicher, aber auch ökonomischer Perspektive. Denn der veränderte Blick auf den Patienten oder die Patientin, kann wesentlich dazu beitragen, Gesundheitskosten zu reduzieren. Gesündere Körper und gesündere Psychen bedeuten zugleich weniger Operationen und weniger Medikamenteneinnahme.

    Damit eröffnen Unternehmen wie HealVersity mit seinen aktuell rund 20 Beschäftigten zugleich Alternativ-Medizinerinnen und -Medizinern neue Berufsmöglichkeiten. HealVersity versteht sich als digitale Hochschule für eine innovative Medizin. Burzler: „Wir wollen Menschen dabei unterstützen, ihr Leben nachhaltig zu verändern und zu verbessern. Selbstverständlich brauchen diese dabei Anleitung und Motivation. Und genau die bieten die Epigenetik-Coaches, die bei HealVersity ausgebildet werden.“

    Innerhalb der vergangenen zwei Jahre haben mehr als 800 Teilnehmerinnen und Teilnehmer die 24-wöchige Ausbildung zum Epigenetik-Coach durchlaufen. Die Ausbildung besteht aus insgesamt zwölf Themenbereichen. Die Zertifizierung erfolgt durch die Deutsche Gesellschaft für Naturstoffmedizin, funktionelle Medizin und Epigenetik und dem Berufsverband für Trainer und Coaches. Ein Master-Kurs bereitet die Teilnehmer zudem für die ersten Schritte als Neu-Unternehmer vor.

    Rainer Brosy
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    Rainer Brosy (B.Eng.) ist seit 10 Jahren Geschäftsführer einer Digital-Agentur und führt gerne Interviews mit Köpfen aus der Businesswelt.
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    Verfasst von Rainer Brosy
    Gesundheitswesen: Warum Weniger wesentlich Mehr ist Das deutsche Medizinwesen ist alles andere als gesund: Nicht nur die Patienten werden immer älter, auch die Ärzteschaft ist überaltert und gefangen in dem Bürokratismus von Krankenkassen und klassischer Schulmedizin. Bei der Suche nach einer besseren Versorgung der Menschen sind Alternativen gefragt – die zudem neue Berufschancen eröffnen