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    ce und ACG  289  0 Kommentare Fusion aufgeschoben oder aufgehoben?

    Der Wiesbadener Händler für Chips und SmartCards ACG lehnt einem Zeitungsbericht zufolge Fusionsverhandlungen mit der Münchner ce Consumer Electronic ab. „Es bringt nichts, ein solches Experiment zu wagen“, sagte der Vorstandssprecher Markus Solibieda gestern der „Financial Times Deutschland" (FTD). Damit ist ein möglicher Zusammenschluss zu einem der weltweit größten Chiphändler mit einem Jahresumsatz von rund 700 Mio. Euro geplatzt, meint das Blatt.

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    ce Consumer hat Anfang September gesagt, man wolle die Möglichkeiten einer Kooperation mit ACG ausloten. Die Wiesbadener hatten sich zunächst offen gezeigt. „Wir würden ein Gesprächsangebot annehmen", hat Solibieda damals erklärt. Inzwischen ist er aber offenbar überzeugt, dass die Kulturen der Unternehmen nicht zueinander passen. Für die plötzliche Distanz mag auch die Tatsache verantwortlich sein, dass der frühere ACG-Vorstandschef Peter Bohn designierter Nachfolger von Erich Lejeune ist, dem Gründer und bisherigen Chef von ce.

    „Beiden hätte ein Zuwachs an Größe gut getan", sagt Oliver Wojahn, Analyst der Berenberg Bank. Die Unternehmensgröße spielt für Chiphändler eine wichtige Rolle. Sie ermöglicht billigeren Einkauf und in Zeiten von Knappheit bevorzugte Belieferung seitens der Hersteller.

    Nach den Neunmonats-Zahlen von ACG haben die Analysten von Independent Research ihre Einschätzung der Aktie mit „untergewichten" bestätigt. Die Zahlen hätten den Prognosen entsprochen. Im vierten Quartal sei von einem deutlich günstigeren Geschäftsverlauf auszugehen, das schwache wirtschaftliche Umfeld sei aber noch nicht überstanden. Die Experten rechnen frühestens zur Mitte des kommenden Jahres mit einer nachhaltigen Stabilisierung des Halbleitermarktes.

    Sal. Oppenheim stuft die Aktie von „outperform“ auf „neutral" ab und taxiert den fairen Wert auf 8 Euro. Der Chipkartenbroker habe mit dem Umsatz der ersten neun Monate leicht unter der eigenen Erwartung von 260,1 Mio. Euro gelegen. Das EBITDA sei mit minus 0,7 Mio. Euro deutlich unter der Prognose von Sal. Oppenheim bei 4,8 Mio. Euro geblieben. Auch die Markterwartung von plus 1,5 Mio. Euro sei nicht erreicht worden.

    Der Analystenkonsens liegt für 2001_2002 bei 371_462 Mio. Euro Umsatz. Der Gewinn je Aktie soll sich im gleichen Zeitraum von minus 2 auf minus 0,10 Euro entwickeln. 14 Analysten raten im Mittel zum Halten der Aktie.

    ACG will nach einem Bericht der FTD mittelfristig nur noch die Minderheit am bisher erfolgreichsten Geschäftfeld Smart-Ident halten: Bis Ende des ersten Quartals 2002 werde man einen Finanzinvestor gefunden haben, sagte der Vorstandssprecher Solibieda.

    Ob die Fusion der beiden Gesellschaften nun tatsächlich geplatzt ist, darf getrost abgewartet werden. Sie macht wirtschaftlich Sinn, die Geschäftsfelder ergänzen sich eher, als dass sie sich überschneiden. Stolperstein ist sicherlich die besonders im Falle ce stark auf die Person Lejeune ausgerichtete Unternehmenskultur. Andererseits bringt Bohn als sein designierter Nachfolger Detailkenntnisse von ACG mit, die bei einer Fusion äußerst wichtig sind, um Synergien zu entwickeln.

    ACG wird an der Börse mit 107 Mio. Euro bewertet. Konkurrent ce bringt es auf 226 Mio. Euro. Die Umsatzerwartungen für das laufende Jahr liegen in ähnlichen Größenordnungen. Daher ist ACG aktuell mit einem Kurs-Umsatz-Verhältnis von rund 0,3 deutlich günstiger bewertet. Solange der schwache SmartCard-Markt die Wiesbadener am Boden hält, wird sich an diesen Relationen vermutlich nicht viel ändern. Zudem möchten Anleger auch sehen, was das neue Management nach dem Personalkarussel im Sommer leistet. Sobald allerdings aus dem Handy-Markt der Startschuss für eine Belebung der Nachfrage nach SIM-Karten fällt, dürfte die Übernahmephantasie wieder wach werden. Dann wird sich zeigen, ob die Fusionsgespräche nur aufgeschoben waren, oder ob sie tatsächlich aufgehoben sind.


    Klaus Singer
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    Verfasst von Klaus Singer
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