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     2116  0 Kommentare Wie eine Whiskyflasche

    Und der gute alte Volksamazonen-Index

    Gerade komme ich aus Schottland zurück, aus den Highlands, wo man sich aber von der Börsenentwicklung ebenso wenig fernhalten kann wie von derjenigen im Fußball. Alles geht derzeit hoch, Celtic und Rangers im Pokal weiter – und auch für die Märkte gibt es anscheinend noch eine weitere Runde. Als ich dann auf dem Flughafen beim Rückflug eine Whiskeyflasche kaufe, habe ich sogar noch einen neuen Börsenvergleich.

    Zu Hause öffne ich die verschweißte Tüte des zollfreien Verkaufs, in der im Übrigen jeder Terrorist jede beliebige Menge giftiger Flüssigkeiten in jedes Flugzeug dieser Welt schmuggeln könnte, und da begegnet mir schon ein wunderbarer Whiskygeruch. Doch die Flasche ist heil, die Versiegelung auch. Und trotzdem ist die Verpackung durchnässt und die Flasche nicht mehr voll. Ich schneide die Versiegelung weg und sehe: Man hat in die Flasche keinen Korken hinein gesteckt!!! (Oder keinen Schraubverschluss aufgeschraubt, weil der Flaschenhals gar kein Gewinde besitzt.)

    Und ist es an der Börse nicht derzeit genau so?! Denken Sie darüber einmal in Ruhe nach! Wie eine Flasche ohne Korken, die ausläuft. Kein Etikettenschwindel, sondern eher wie eine Babywindel. Aber eine duftende. Ich meine, eine wirklich gut duftende. Irgendeiner hat hier totalen Mist gebaut. Oder war jemand total betrunken? Völlig berauscht? Und dann hat man das Ding trotzdem verpackt und verkauft. Was aber das Beste ist: Es gibt zwar Verluste, doch das Meiste übersteht diese Malaise hervorragend.

    Auf meinen Volksamazonen-Indikator wollte ich ja nicht primär anspielen in dieser Woche. Erinnert sich noch jemand an diese meine Wette aus dem Jahr 1999? Gibt es dazu noch Stammleser von damals? Ist ja schon fast 10 Jahre her. Im Herbst 1999, auf dem Hochpunkt der Interneteuphorie, habe ich gewettet, dass sich die Volkswagenaktie in den nächsten 10 Jahren besser entwickelt als diejenige von Amazon. Damals stand Amazon bei 70 Euro und Volkswagen bei 50 Euro. Das Ergebnis ist mir wirklich peinlich. Immerhin hat sich Amazon seitdem im Kurs fast gehalten ... Das hätte ich nicht gedacht.

    Vielleicht sollten wir daher nicht nur die Whiskyflasche als Muster für die Gegenwart nehmen, sondern auch den Volksamazonen-Index. Denn sich gegen den Strich zu verhalten muss nicht unbedingt das Falsche sein.


    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
    Wie eine Whiskyflasche Und der gute alte Volksamazonen-Index Gerade komme ich aus Schottland zurück, aus den Highlands, wo man sich aber von der Börsenentwicklung ebenso wenig fernhalten kann wie von derjenigen im Fußball. Alles geht derzeit hoch, Celtic und …