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     1666  0 Kommentare Unverstandene Schulden



    Staatsschulden machen reich

    Die Warnungen vor den hohen Staatsschulden werden immer zahlreicher. Uns drohe neues wirtschaftliches Ungemach, heißt es, denn die Staaten kämen mir diesen Schulden immer weniger klar. Sogar ein wirtschaftlicher Kollaps wird nicht mehr ausgeschlossen.

    Richtig daran ist sicherlich, dass ein Kraftakt, wie er in dieser Krise bewältigt worden ist, so schnell wohl nicht zu wiederholen ist. In der nächsten Krise wird es daher kritisch. Wer mein Buch „Der MADchester-Kapitalismus“ gelesen hat, sieht sie dort im Jahr 2014 angesiedelt.

    Dennoch scheinen mir die Wirkungen von Staatsschulden in der Öffentlichkeit nicht richtig verstanden zu sein. Prinzipiell kann der Staat aufschulden, so lange, wie seine Gläubiger Vertrauen in ihn besitzen. Und das werden sie tun, so lange die Zinszahlungen erwirtschaftet werden. Daran kann es derzeit keinerlei Zweifel geben.

    Abschminken muss man sich hingegen die Rückzahlungen. Staatsschulden werden niemals mehr zurück gezahlt. Sie werden nur prolongiert. Sie stellen gleichsam die Gravitationskraft dar, gegen die der Staat wirtschaften muss.

    Doch jetzt kommt das WICHTIGSTE: Staatsschulden erhöhen den Reichtum in einer Volkswirtschaft. Das ist zwar ein perverser Effekt, doch so ist es nun einmal. Je mehr der Staat sich verschuldet, umso wohlhabender ist die Volkswirtschaft.

    Doch wie kommt es dazu? Wenn ein Privatunternehmen eine neue Anleihe begibt, passiert gar nichts. Dann besitzen die Käufer der Anleihe jetzt anstelle des Geldes die Anleihe (Aktivtausch) und das Unternehmen das Geld plus die Verbindlichkeit der Rückzahlung, was sich beides jedoch gegeneinander ausgleicht (Bilanzverlängerung). Wird das Geld nun vom Unternehmen verausgabt, müssen Rücklagen, Rückstellungen und Rückzahlungspläne für die Rückzahlung gebildet werden.

    Verschuldet sich jedoch der Staat per neuer Anleihe, so verausgabt er das neue Geld, ohne das jemand Rücklagen, Rückstellungen oder Rückzahlungspläne bildet, ja, ohne dass überhaupt jemand sich dafür zuständig fühlt, für die Rückzahlung einmal verantwortlich zu sein. So entsteht also neues Vermögen, dem keine Verbindlichkeiten gegenüber stehen. So kann man Vermögen aus dem Nichts schaffen.

    Und das stabilisiert das System wie von Geisterhand. Alle verteufeln die Staatsschulden, doch genau davon hängt letztlich ihr eigenes Überleben ab. Und das geht so lange gut, bis es irgendwann nicht mehr gut geht.

    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
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