Smart Investor Weekly 37/2011
Stark – macht Märkte schwach
Paukenschlag am Freitag
Es war ein Paukenschlag, als EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark am vergangenen Freitag seinen Rücktritt erklärte. Zwar fragte man sich schon seit einiger Zeit, wie lange der hochangesehene
Geldexperte in der politisch willfährigen EZB unter Jean-Claude Trichet noch mitspielen werde, der Zeitpunkt seiner Entscheidung kam dennoch überraschend – vor allem überraschend spät. Durchsetzen
konnte sich der Mahner für stabiles Geld jedenfalls schon lange nicht mehr. Mit Stark verlässt – nach dem Rücktritt von Ex-Bundesbank-Chef Axel Weber im Februar – der letzte profilierte Vertreter
der stabilitätsorientierten Bundesbank-Tradition das EZB-System. Das ist konsequent, denn die Stabilitätsorientierung dieses Systems erweist sich nun immer offensichtlicher als bloßes
Lippenbekenntnis, für das lediglich ein paar Feigenblätter benötigt werden. Bei den tatsächlichen Entscheidungen ist die Bewahrung des Geldwerts inzwischen eine exotische Minderheitsposition. Die
sich häufenden geldpolitischen Sündenfälle können kaum noch als einmalige Ausrutscher angesehen werden, sie sind das neue Programm. Die EZB, einst als Nachfolgerin der weltweit höchstangesehenen
Deutschen Bundesbank aus der Taufe gehoben, feiert an der kurzen Leine der Politik nur noch höchst zweifelhafte Erfolge: Führender Ramschanleihen-Händler der Eurozone, Größte Bad Bank der EU,
etc.
Ausgerechnet dieser Mann?!
Für die Nachfolge Starks ist nun ausgerechnet jener Jörg Asmussen im Gespräch, dessen Name hierzulande so untrennbar mit der „Finanzkrise“ verbunden ist. Einst war er als Lobbyist der True Sale
International GmbH unterwegs, die sich überhaupt erst für jene unglückseligen Asset-Backed-Securities stark machte, die in der Folge die Bilanzen von Banken und eigens gegründeten
Zweckgesellschaften vergifteten. Daneben gab er den Aufsichtsrat der Skandalbank IKB, zu deren „Retter“ er sich schließlich beim Bankenrettungsfonds SoFFin aufschwang. Im Verwaltungsrat der
Aufsichtsbehörde Bafin saß er nebenbei auch noch. Geschmeidig ist er also, der Herr Asmussen – eine Eigenschaft, die ihm bei den zunehmend kopf- und hilflosen Ad-hoc- oder besser Hüh-Hott-Maßnahmen
der selbsternannten „Retter“ von Banken und Staaten hilfreich sein dürfte. Auch scheint das fragwürdige „Vom-Bock-zum-Gärtner“-Prinzip zumindest bei der Auswahl des politischen Personals inzwischen
etabliert zu sein. Lediglich die Märkte, im Neusprech der EU-Nomenklatura also „verantwortungslose Spekulanten“, fanden wenig Gefallen an der Auswahl des neuen Gärtners, der schon so viele Böcke
geschossen hat.