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    Smart Investor Weekly 37/2011  1576  0 Kommentare Stark – macht Märkte schwach - Seite 2



    Oettinger, Teufel, Belzebub
    Angesichts der sich überschlagenden Ereignisse könnte aber selbst wirtschaftlich Vernünftiges geschehen; etwa die (viel zu späte und daher unnötig teure) Pleite Griechenlands, die offenbar nicht länger kategorisch ausgeschlossen wird. Sind solche Überlegungen nun eigentlich uneuropäisch oder populistisch, oder zeigen sie lediglich, dass endlich auch die ersten Politiker in der ökonomischen Realität des selbst angerichteten Desasters ankommen?! Die bemerkenswert flache Lernkurve der EU-Granden werden die Steuerzahler allerdings wohl noch mit vielen Milliarden unterfüttern müssen, bevor das ohnehin Unvermeidliche letztlich doch geschehen darf. Bis dahin können wir uns auf allerlei Zwischenlösungen einstellen: Der nach Brüssel entsorgte ehemalige baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger (er dilettiert dort derzeit in der Rolle eines sogenannten Energiekommissars) forderte etwa die Flagge von Schuldenstaaten auf Halbmast zu setzen. Zudem sollten EU-Beamte in den Schuldenländern nach dem Rechten sehen bzw. dort die Haushaltshoheit übernehmen. Griechischen Schlendrian durch EU-Bürokratie zu ersetzen, ist ein Verfahren, das hierzulande als „den Teufel mit dem Belzebub austreiben“ bekannt geworden ist. Apropos Teufel, genauer Erwin Teufel, ebenfalls ein ehemaliger Ministerpräsident des ehemaligen Musterländles, der im Sommerloch nicht länger schweigen mochte und reichlich spät beklagte, dass sich die Regierungen nicht mehr an die Gesetze hielten. So etwas hatten wir zwar auch vermutet, aber hier irrt der Ehemalige: Das  Bundesverfassungsgericht ließ uns letzte Woche wissen, dass das Füllen bodenloser Fässer mit Steuermilliarden durchaus rechtens sei, solange der Haushaltsausschuss des Bundestages dem zustimme. Gäbe es dort so etwas wie eine Opposition, wäre das möglicherweise sogar relevant. Gibt es aber nicht.

    Zu den Märkten
    Bekanntermaßen hassen die Aktienmärkte Unsicherheit. Der Amoklauf der Politik in Sachen „Rettung“ schafft willkürlich und kaum kalkulierbar immer neue Tatsachen nach dem Motto „Was schert mich mein dummes Geschwätz von gestern“. In einem solchen, politisch geprägten Umfeld geht die Planungssicherheit gegen Null. Überspitzt gesagt: Wer heute eine Entscheidung trifft, die sich als erfolgreich erweist, muss schon morgen mit seiner Enteignung via „Sondergerechtigkeitssteuer“ rechnen. Auch dies versuchen die Märkte einzupreisen. Dennoch scheint uns eine andere Perspektive interessant. Die Schuldenkrise ist in letzter Konsequenz eine Geldkrise. Es ist daher geradezu widersinnig, dass eben dieses fragwürdige Geld nun massiv gegen Sachwerte wie Aktien aufwertet. Mit der Zeit sollte hier ein Umdenkprozess stattfinden. Zumal sich Papiergeld nicht nur beliebig vermehren lässt, sondern auch aktiv beliebig vermehrt wird. Anteile an Qualitätsunternehmen sind dagegen Raritäten.
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    Verfasst von 2Ralf Flierl
    Smart Investor Weekly 37/2011 Stark – macht Märkte schwach - Seite 2 Der überraschende Rücktritt von EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark führt erneut zu tiefgreifender Verunsicherung an den Märkten