Sparkonfusion
Nachhaltige Erholung erfordert einen fitten statt fetten Staat
Drastische Sparmaßnahmen werden von Regierungen gefordert und verkündet, Sparpakete noch und nöcher aufgelegt. Zugleich sollen die harten Sparmaßnahmen nicht in den Köpfen der Bürger
angekommen sein. Offenkundig ist das was Sparen ist und was Sparen nicht ist, auch nicht in den Köpfen vieler Journalisten und Kommentatoren angekommen.
Das sogenannte Sparpaket des spanischen Kabinetts im Frühjahr 2012 in Höhe von 27 Mrd. Euro besteht aus Budgetkürzungen, Beibehaltung der Ausgaben für Beamte und geplante Steuermehreinnahmen.
„Spanien werde aufhören ein Problem zu sein“, äußerte sich Spaniens Wirtschaftsminister zuversichtlich, um wenige Wochen später Transferzahlungen aus anderen Ländern zu beantragen. Sparen heißt das
Geld der Steuerzahler anderer Nationen verwenden?
In Italien hat Mario Monti im Dezember 2011 Steuererhöhungen durch das Parlament gebracht und staatliche Sozialausgaben gekürzt. Das Haushaltsdefizit soll 2013 bei Null liegen, wird es aber nicht,
wie inzwischen bekannt wurde. Mehr als 1.900 Mrd. Euro Staatsschulden oder 120% des BIP haben die italienischen Regierungen aufgehäuft. Für nennenswerte Liberalisierungsmaßnahmen, die mehr Wachstum
ermöglichen würden, darunter eine Reform des Arbeitsmarktes, hat es nicht gereicht. Italiens Unternehmen sind absehbar nicht wettbewerbsfähig. Die Refinanzierung des italienischen Schuldenstaats
wird derzeit auf den Märkten wieder teurer. So bald sie zu teuer wird, greift auch Italien gezielt auf das Vermögen solider wirtschaftender Volkswirtschaften zu.
Die griechischen Regierungen haben seit März 2010 eine ganze Serie von Sparpaketen verabschiedet und sogenannte Rettungsmaßnahmen erhalten, die notwendig wurden, weil Griechenland geradezu
abteuerlich unsolide gewirtschaftet hat. Sparen ist hier eine Mischung von geplanten Mehreinnahmen und Minderausgaben darunter eine Erhöhung der Mehrwertsteuer, Kürzungen bei den Gehältern von
Staatsdienern und eine Anhebung des Rentenalters. Die Ausgabenkürzungen werden geringer als vereinbart ausfallen, weil die europäischen Zentralisten erleichtert sind, dass die neue griechische
Regierung aus denen bestehen wird, die das Land in den Schuldensumpf geritten haben.
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Wussten Sie, das der deutsche Steuerzahler die PIGS-Staaten seit der Wiedervereinigung (bis 2008, also noch vor dem eigentlichen Staatsschuldenkrise) mit 130,0 Mrd. Euro finanziert hat, das sind
51,6 Prozent der EU-Nettoleistungen? Allein die deutschen Nettobeiträge an Griechenland betragen in dieser Zeit 69,0 Mrd. Euro und damit über 50 Prozent aller EU-Zahlungen, wie Franz-Ulrich Willeke
ermittelt hat.
Zwar wurden einige Staatsausgaben verringert, aber ein Schuldenabbau hat in keinem Fall stattgefunden. Auch die deutschen Regierungen haben seit Jahrzehnten praktisch keine Schulden reduziert,
allenfalls die Höhe der neu gemachten Schulden etwas verringert. Vielmehr versuchen die Regierungen die Staatseinnahmen zu erhöhen. Das verringert zwar die Neuverschuldung, sorgt aber nicht für
einen Abbau der Staatsverschuldung.
Für Schulden sind Zinsen zu bezahlen. Auf Bundesebene sind das in Deutschland jährlich 62 Mrd. Euro, Tendenz weiter steigend. Auf Landesebene fallen beispielsweise in
Nordrhein-Westfalen jährlich 4 Mrd. Ausgaben für Zinsen an. Was für schöne und wichtige Investitionen sich mit dem Geld tätigen ließen! Und der Staat kann bekanntlich noch nicht einmal tatsächlich
lohnenswerte Projekte identifizieren, zumindest können das Menschen auf Märkten viel besser. Längst nähert sich Deutschland - der „Zahlmeister Europas“ (Franz-Ulrich Willeke) - mit über 81%
Staatsverschuldung (im Verhältnis zum BIP) der kritischen Marke von 90%, die als Schwelle zu einer signifikanten Einschränkung des volkswirtschaftlichen Wachstums gilt. Bereits seit Jahren
verschuldet der Staat indes zahlreiche Wachstumsstörungen. „Wegen des Substanzverzehrs ist ein Teil des ohnehin stagnierenden Pro-Kopf-Einkommen sogar noch geborgter Wohlstand.“ urteilt Walter
Hamm.
Was hat das alles mit Sparen zu tun? Nichts! Sparen bedeutet momentan verfügbare Mittel zurückzulegen, um sie später zu verwenden. Die herrschende Sparkonfusion kommt durch eine
permanent reproduzierte Sprachkonfusion zustanden – und durch gedankliche Verwirrung. Ausgabenkürzungen muss es statt Sparen in den oben genannten Fällen korrekt heißen. Dementsprechend handelt es
sich um Maßnahmen zur Ausgabensenkung, nicht aber um Sparpakete. Der deutsche Staat hat wie die weit überwiegende Zahl der europäischen Staaten seit Jahrzehnten nicht mehr gespart und wird das auch
in den kommenden Jahrzehnten absehbar nicht tun. 2012 beträgt die Nettokreditaufnahme 32, 1 Mrd. Euro bei geplanten Ausgaben in Höhe von 306,2 Mrd Euro und geplanten Steuereinnahmen von knapp 250
Mrd Euro. Darin enthalten sind 8,7 Mrd. Euro für den ESM.
Überbordende Staatsverschuldung ist in Demokratien an der Tagesordnung, weil der politische Wettbewerb um Wäherstimmen negative externe Effekte verursacht. Leistungen werden versprochen, die Kosten
auf spätere Wahlperioden und zuweilen sogar Generationen verschoben. Allein in Deutschland betrugen 2010 die Subventionen 163,3 Mrd. Euro, darunter 111,9 Mrd. Euro Finanzhilfen. Staatsbedienstete
sollen als „Spar“kommissare fungieren? Ohne Haftung für Politiker und mehr nationalen wie föderalen Wettbewerb in Europa und Deutschland wird sich an der unozialen Verschuldungspolitik nichts
ändern. Mit der angestrebten Zentralisierung Europas wird die Staatsverschuldung zusätzlich steigen, zumal die europäischen Gesellschaften stark altern.
Der Unterschied zwischen Sparen und Ausgaben kürzen ist nicht trivial, sondern fundamental: Sparen bedeutet, etwas nicht auszugeben, was man hat. Sparen ist Konsumverzicht heute.
Sparen heißt in die Zukunft investieren, mit nicht selbst verwendetem Kapital von heute. Wer richtig spart kann in der Zukunft mehr konsumieren.
Sparen ist eine Tugend. Sparen ist die Grundlage für Wohlstand, Kapital ist der zentrale Produktivitätstreiber für massenwirksame Wohlfahrt. Sparen ist allerdings keine Aufgabe des Staates, sondern
der Bürger. Aufgabe des Staates ist es, massive Ausgabenkürzungen durchzuführen. Und staatliche Ausgabenkürzungen stärken das Wachstum wie inzwischen zahlreiche Studien belegen. Das ist wenig
überraschend, bleibt doch das Geld beim Bürger, der es sorgfältiger und für wichtigere Dinge ausgibt. Das zeigt nicht nur ein Blick in die Geschichte des Staatssozialismus. International gilt
inzwischen ein Staatsanteil von maximal 15-25 Prozent am Bruttoinlandsprodukt als Wachstum erhöhend. Darüber hinaus beeinträchtigen Staatsausgaben das Wachstum. Wahrscheinlich liegt der produktive
Staatsanteil sogar noch niedriger.
Die praktizierten verschwenderischen Regierungsausgaben in Europa zu reduzieren ist natürlich richtig, den produktiven Menschen noch mehr Geld weg zu nehmen hingegen falsch. Wir brauchen mehr Raum
für private Initiative und Unternehmertum. Wir brauchen weniger Schulden für ungeborene Steuerzahler. Die deutsche Bevölkerung macht es richtig mit einer im internationalen Vergleich mit über 10
Prozent relativ hohen Sparquote. Die Regierung kann von der Bevölkerung viel lernen: Weniger ist mehr – das gilt für staatliche Ausgaben. Eine nachhaltige Erholung erfordert eine drastisch
verschlankte Regierung, einen fitten statt einen fetten Staat, der nur im Weg steht, wenn die Menschen ihre Ziele zu gegenseitigem Vorteil verfolgen. Also: Vorfahrt für unbeschränkten Handel, für
Freihandel und unternehmerisch geschaffene Wohlfahrt! Sprachliche Klarheit hilft!