Halvers Woche
"Italienische Parlamentswahl oder was wäre, wenn?" - Seite 2
Auch an den Finanzmärkten würde die Wiederwahl des Cavalliere keine Entzückungen hervorrufen. Italienische Aktien und natürlich auch Renten werden das tun, was der schiefe Turm von Pisa bislang noch nicht getan hat: Fallen. Ein Comeback Berlusconis wird die Finanzinvestoren mit dem Wink eines Zaunpfahls daran erinnern, dass die realwirtschaftlichen Probleme Italiens und Eurolands ungelöst sind, obwohl sie mit viel bunter euro-politischer Harmonie und noch bunteren Farben der EZB aufgehübscht wurden. Schließlich geriete Italien mit steigenden Staatsanleihen und Risikoaufschlägen zu deutschen Staatspapieren „andiamo“ wieder in die Krisenschusslinie und die Euro-Krise würde fröhliche Urstände feiern.
Der Berlusconi-Effekt könnte sogar den Draghi-Effekt überkompensieren. Draghis bisher rein verbale Ankündigung, im Falle eines Falles unbegrenzt Staatsanleihen aufzukaufen, könnte sich als zu
schwache Beruhigungspille erweisen. Bricht die Krise wieder durch, könnte sich die EZB trotz ihrer Unabhängigkeit gezwungen sehen, ernst zu machen und tatsächlich italienische und im Schlepptau
womöglich auch spanische Staatspapiere aufkaufen.
Jetzt könnte man einwenden, dass Notfallmaßnahmen nur als Gegenleistung für Reform- und Sparmaßnahmen gewährt werden. Glauben Sie, dass Berlusconi sich diesem - wie er es nennt - „Austerità
Tedesca“ (deutsches Spardiktat) beugen würde? Erstens hat er mit Frau Merkel noch ein Hühnchen zu rupfen, hat diese doch im Hintergrund politisch kräftig mitgeholfen, dass er im letzten Jahr
seinen Hut als Ministerpräsident nehmen musste.
Und zweitens ist ihm das hohe italienische Krisenpotenzial bewusst, mit dem er wie mit einem Pfund wuchern kann. Italien ist der fünftgrößte Staatsanleihemarkt der Welt. Wenn schon das
vergleichsweise kleine Griechenland die Eurozone in sehr schweres Fahrwasser bringen konnte, wäre ein taumelndes Italien der Super-Gau für die Eurozone. Na, wenn sich daraus keine Erpressungen -
Entschuldigung, sagen wir Entscheidungshilfen - für die EZB ergeben.
Im Zweifel muss die EZB die „Romanische Schuldenunion“ bezahlen
In letzter Konsequenz wäre die EZB gezwungen, den Deckel bei italienischen Schuldengelagen ohne jede Gegenleistung, nein, sogar mit Reformrückabwicklung, zu bezahlen. Die EZB wäre endgültig in
die Fußstapfen der anderen, zur Konjunkturstützung verdonnerten Notenbanken getreten. Und spätestens dann gibt es ein Killerargument gegen weitere Reformbemühungen auch in anderen prekären
Euro-Ländern.
Am Ende dieser italienisch beginnenden Nahrungskette wäre aus der ehemals markt- und stabilitätsorientierten Eurozone ein instabiler Nachtwächterstaat von Leuten wie Berlusconis Gnaden
geworden. Und damit sollen wir gegenüber den Schwellenländern bestehen können?
„Unser täglich Berlusconi gib uns heute“, brauchen weder Italien noch Euroland. Hoffen wir, dass dieser Kelch an uns vorüber geht. Niemand kann jemals so gesündigt haben, dass man zum fünften
Mal mit der Höchststrafe Berlusconi bestraft wird.
Ansonsten singt ganz Euroland demnächst ein neues Klagelied: „Wärst Du doch im Ruhestand geblieben, Schöner Playboy, Du wirst nie ein Europäer sein, Wärst Du doch im Ruhestand geblieben, Das
wär besser für Italien und den Euro obendrein“.
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Autor: Robert Halver, Leiter Kapitalmarktanalyse der Baader Bank.
Dieser Artikel gibt die Meinung des Autors wieder, nicht die der Redaktion von boerse-frankfurt.de. Sein Inhalt ist die alleinige Verantwortung des Autors.
© 22. Februar 2013/Baader Bank AG