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    EUR/USD  3947  0 Kommentare Der Euro ist überbewertet – Langfristiges Kursziel bei 1,30 EUR/USD

    Wie wir es von der Weltmacht USA gewohnt sind, hat sie sich wieder einmal „fünf vor Zwölf“ vor der Zahlungsunfähigkeit selbst gerettet – ein Showdown, wie ihn Hollywood nicht besser inszenieren können. Die Finanzmärkte hatten auch nicht wirklich damit gerechnet, dass die weltgrößte Volkswirtschaft ihre Rechnungen eines Tages wird nicht mehr bezahlen können, die Gelassenheit vor allem an den Aktienbörsen nahm schon erschreckende Züge an. Auch am Devisenmarkt ging es im Vergleich zu anderen drohenden und tatsächlichen Krisen ruhig zu. Man hatte fast den Eindruck, der US-Dollar würde auch diesmal wieder als Krisenwährung gekauft, obwohl die Wurzel allen Übels ja gerade die Amerikaner selbst waren.

     

    Nur so lässt sich heute Morgen auch nur halbwegs erklären, dass der Euro wieder über 1,36 US-Dollar notiert und der Greenback gegenüber allen anderen wichtigen Währungen wie Yen und Pfund kräftig verliert. Ein Großteil der Marktteilnehmer hat scheinbar darauf spekuliert, dass es nach einer Einigung eine erhöhte Kaufneigung in Sachen US-Dollar geben würde. Als diese nun ausblieb, mussten die auf dem falschen Fuß erwischten sich in die andere Richtung eindecken. Fundamental und damit vor allem langfristig spricht allerdings nicht viel für einen starken Euro und im Gegenzug einen schwachen US-Dollar.

    Neue Liquiditätsspritze der EZB nur eine Frage der Zeit

    In Frankfurt bei der Europäischen Zentralbank (EZB), aber vor allem auch in Paris, Madrid und Rom dürfte man sich schon seit längerem Sorgen machen, was einen Euro an oder sogar über der Marke von 1,35 US-Dollar angeht. Mühsam zurück eroberte  Wettbewerbsvorteile in Südeuropa werden durch die Aufwertung des Euro fast vollständig kompensiert. Und auch eines der größten Sorgenkinder, Frankreich, kommt nicht so richtig in die Gänge, während die Schuldenberge weiter steigen. Die EZB allerdings tat in den vergangenen Monaten nicht viel, um einer steigenden Gemeinschaftswährung  entgegen zu wirken. Zwar drohte ihr Präsident jüngst mit neuen geldpolitischen Maßnahmen, konkret einer Neuauflage der längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte namens LTRO, um der zurückhaltenden Kreditvergabe der Banken vor allem in Südeuropa endlich etwas Dynamik zu verleihen. Dies ist auch notwendig, schaut man sich die Überschuss-Liquidität im Euroraum an. Sie hat das Niveau vor der ersten LTRO-Maßnahme Ende 2011 längst unterschritten. Eine Inflation in der Eurozone, die sich gerade mal bei einem Prozent bewegt und seit Anfang des Jahres kontinuierlich zurückgeht, erlaubt – wenn nicht sogar erfordert – einen solchen Schritt der Notenbank. Aber so recht zu glauben scheint der Markt noch nicht daran. Was aber im Umkehrschluss auch bedeutet, sollte es zeitnah zu einer in meinen Augen sehr wahrscheinlichen Neuauflage kommen, wäre einiges an Abwärtspotenzial für den Euro gegeben.

    US-Notenbank steht als erste der Großen vor einem Kurswechsel

    Auf der anderen Seite des Atlantiks stellt sich die Situation dagegen etwas anders dar. Zwar läuft die amerikanische Wirtschaft noch längst nicht wieder auf Hochtouren, aber der Eurozone zumindest ist man ein ganzes Stück voraus. Der Arbeitsmarkt zeigt erste Anzeichen einer Erholung, die Konsumenten sind ausgabefreudig und die Stimmung im Land ist  - mal abgesehen vom quälenden Streit über den Haushalt – alles andere als pessimistisch. Gerade deshalb war es auch völlig unverständlich, warum die US-Notenbank, als sie den Finanzmarkt für einen solchen Schritt voll auf ihrer Seite hatte, nicht den Fuß vom Gaspedal genommen hat. Immerhin, die Entscheidung gegen eine erste Reduzierung der monatlich 85 Milliarden Dollar schweren Anleihekäufe ist sehr knapp ausgefallen. Zünglein an der Waage bei den noch zwei verbleibenden Treffen des Gremiums in diesem Jahr dürften die tatsächlichen negativen Effekte des 16 Tage andauernden Shutdowns und die Erwartungen der Federal Reserve (Fed) über den zukünftigen Umgang mit diesem Thema sein. Ich gehe allerdings davon aus, dass sich erstere in Grenzen halten und letzteres nur schwer prognostizierbar sein dürfte. Aber auch wenn die Fed erst später, und dann unter Führung der nominierten Nachfolgerin Yellen, den Kurswechsel einleitet, sie wird es damit auf jeden Fall früher als eine der anderen Notenbanken, wie der Bank of Japan oder der EZB tun. Früher oder später wird sie es auch sein, die den Leitzins wieder anhebt, wenn auch zunächst und frühestens 2015 in einem Minischritt. Aber diese langfristigen Erwartungen sind es, die an den Devisenmärkten für die Entwicklung von Wechselkursen entscheidend sind. In einem solchen Szenario steigt der Zinsvorsprung amerikanischer Staatspapiere gegenüber Bundesanleihen weiter an, was den US-Dollar mehr und mehr favorisiert.

    Euro auf Sicht von zwölf Monaten wieder bei 1,30 US-Dollar

    Das weitere Potenzial des Euro halte ich vor diesem Hintergrund für sehr begrenzt. Es ist dabei nicht ausgeschlossen, dass wir in den nächsten Tagen noch einmal das Jahreshoch aus dem Februar bei 1,3710 EUR/USD testen werden. Aber spätestens dann sollte sich der Euro auf Sicht der nächsten sechs bis zwölf Monate wieder in Richtung 1,30 EUR/USD aufmachen, begleitet von Maßnahmen der EZB in die expansive und der US-Notenbank in die eher restriktivere Richtung.

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    Torsten Gellert
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    Torsten Gellert ist seit Januar 2015 Head of Germany/Austria bei CMC Markets. Schon von 2007 bis 2009 war er mitverantwortlich für die Geschäfte im deutschsprachigen Raum und etablierte in dieser Zeit CMC Markets als größten Anbieter von CFDs und Forex in Deutschland. Der studierte Diplom-Mathematiker startete seine berufliche Karriere 1997 bei der Allianz Versicherung. Nach zehn Jahren in der Versicherungsbranche wechselte er 2007 zu CMC Markets Deutschland in die Geschäftsleitung. 2010 zog es ihn in seine Heimatstadt zurück und er baute das Deutschland-Geschäft des internationalen Brokers FXCM auf.
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    Verfasst von 2Torsten Gellert
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