EZB-Negativzinsen
Der Kapitalismus mit Negativzinsen: Am Ende oder stärker denn je?
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Die negativen Zinsen der EZB haben eine Diskussion entfacht, die sehr weitgehend ist: Schnell war die Rede vom „Ende des Kapitalismus“. Doch es gibt auch die andere Seite der Medaille. Der
Kapitalismus werde durch die aktuelle Entwicklung sogar gestärkt, behauptet dagegen Alan Posener.
In seiner Kolumne in der „Welt“ kontert Alan Posener auf eine
Kolumne von Thomas Straubhaar, Leiter des Hamburger Weltwirtschaftsinstituts. Straubhaar argumentierte jüngst für das „Ende des Kapitalismus“ als Folge der EZB-Maßnahmen. Posener sieht dies strikt anders. Er vertritt die These, dass der Kapitalismus dies locker
meistern werde. Ein Hauptpunkt von Poseners Kolumne sind die durchaus zu differenzierenden Konsequenzen, die er je nach vorhandenem Vermögen soertiert. Liegt die Zukunft also in einer noch
stärkeren Trennung zwischen Vermögenden und jenen, die kein oder wenig Vermögen besitzen?
Poseners Argumentation ist relativ simpel: Da Kreditaufnahme vereinfacht, Sparen aber weniger lukrativ wird, werde dem Kapitalismus sogar noch unter die Arme
gegriffen. „Wer freilich bereits ein Vermögen besitzt, müsste dumm oder faul sein, wollte er nicht die günstige Gelegenheit ergreifen, sein Vermögen auf Pump aufzustocken.“
Doch was ist mit denen, die ihr Gespartes sicher, aber wertvermehrend anlegen möchten? Posener beantwortet diese Frage pessimistisch: „Künftige Rentner und andere Vorsorge-Sparer finden keine
sichere Anlagemöglichkeit. Wer nicht in Realien wie Aktien oder Immobilien investiert, kann keine Rendite erwarten. Das freilich ist für Menschen ohne Vermögen eine riskante Gelegenheit.“
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Oder auf die Spitze getrieben: „Wer Kapital hat, der bekommt die Gelegenheit, es billig und fast risikofrei zu mehren; wer keins hat – Pech.“
Erste Auswirkungen des negativen Einlagezinses
Neben den Diskussionen um die Zukunft des Wirtschaftssystems, stellt sich die Frage, ob die EZB mit ihrer Niedrig- bzw. Negativzinspolitik denn ihr Ziel erreichen könnte? Ein Vergleich mit der
Situation Dänemarks während der Negativzins-Periode legte nahe, dass die Maßnahmen zur Stärkung der Konjunktur verpuffen könnten (siehe hier). Die kurzfristigen Daten scheinen aber zumindest zu zeigen, dass die Banken weniger Geld
bei der EZB parken – was bedeuten würde, dass der negative Einlagenzins Wirkung zeigt. Bereits am Tag nach Inkrafttreten des negativen Einlagenzinses seien die Einlagen laut EUB um 25,4 Milliarden
Euro auf 13,6 Milliarden Euro gesunken, berichtet „Spiegel online“.