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    Glaubenskrieg der Ökonomen  4336  3 Kommentare "Arrogant, anmaßend und polemisch" - Straubhaar geht auf US-Ökonomen los

    Gleich mehrere prominente US-Ökonomen haben in den vergangenen Tagen mit teils heftigen Worten die Haltung der Gläubiger kritisiert (siehe: Von „Inkompetenz“ bis monströse Torheit“ – US-Ökonomen attackieren Geldgeber). Dass dabei besonders die Bundesregierung ihr Fett wegbekam, macht Thomas Straubhaar stinksauer. Der Schweizer Ökonom geht hart mit seinen US-Kollegen ins Gericht. Ihre Belehrungen seien „arrogant, anmaßend und polemisch“.

    Eigentlich sind die Schweizer ja für ihr ruhiges Gemüt bekannt. Doch die Meinungsäußerungen der US-Ökonomen haben Thomas Straubhaar so sehr auf die Palme gebracht, dass der Schweizer Ökonom jetzt zum großen Gegenschlag ausholt. Das „Deutschen-Bashing“ sei in Mode, so Straubhaar in seiner Kolumne für die „Welt“. Denn: „Es macht es andernorts so herrlich einfach, von selbst verursachten Fehlern, Versäumnissen und Unzulänglichkeiten abzulenken und für das eigene Versagen andere verantwortlich zu machen.“

    Besonders echauffiert sich Straubhaar über die Äußerungen von Nobelpreisträgern wie Paul Krugman („Die Geldgeber haben eine monströse Torheit begangen“) oder Jospeh E. Stiglitz („Troika hat Griechenland-Krise absichtlich herbeigeführt“). „Nobelpreise sagen rein gar nichts darüber aus, ob eine Meinung (beziehungsweise deren Bewertung) ausgewogener oder gewichtiger als jene anderer Menschen ist“, poltert er. Um zu beurteilen, ob eine Politik „richtig“ oder „falsch“, „gut“ oder „schlecht“ sei, spielten weder Professorentitel noch Nobelpreisehrungen eine Rolle. Die US-Ökonomen würden wichtige Unterschiede zwischen Europa und den USA übersehen. Aus diesem Grund wirkten „die Belehrungen der amerikanischen Nobelpreisträger arrogant, anmaßend und polemisch.“

    „Ökonomen sollen Meinung äußern, nicht Politik betreiben“

    Zwar begrüßt es Straubhaar, wenn Ökonomen sich über die Medien in aktuelle Debatten einschalten: „Selbstverständlich, sollen und dürfen, ja müssen Wirtschaftswissenschaftler ihre Meinung öffentlich kundtun.“ Allerdings könnten „politische Aktionen von Wissenschaftlern“ auch problematisch werden. Nämlich dann, „wenn sie vorgaukeln, dass eine Ideologie wissenschaftlich belegt und alle anderen Erkenntnisse widerlegt seien.“

    Damit hat er zwar im Prinzip Recht. Auch wenn er sagt, dass die Wirtschaftswissenschaft eine Geistes- und Sozialwissenschaft sei und ökonomische Analysen daher immer abhängig von der Perspektive des Betrachters. Allerdings macht Straubhaar dann genau das, was er seinen US-Kollegen vorwirft: Vorgaukeln, dass es etwas wissenschaftlich belegt sei und alle anderen Erkenntnisse widerlegt.

    Eine Frage der ideologischen Perspektive

    Für die keynesianisch geprägten US-Ökonomen ist eine Sparpolitik in Krisenzeiten kontraproduktiv. Ihr Argument: Es braucht Investitionsimpulse, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Aus diesem Grund fordern Eichengreen und Co. einen Schuldenerlass für Griechenland. So erinnert beispielsweise Jeffrey Sachs daran, dass eine Umschuldung im Nachkriegsdeutschland eine zentrale Rolle bei der wirtschaftlichen Erholung und dem Aufbau demokratischer Strukturen gespielt habe. Er appelliert daher: „Lasst die Griechen von der deutschen Geschichte profitieren!“ Ein Schuldenerlass werde die wirtschaftlichen Probleme Griechenlands zwar nicht lösen können, aber er würde die Tür für eine Lösung öffnen.

    Bei Straubhaar klingt die Argumentation der US-Ökonomen dagegen so: „Dass ein "Nein" zum Referendum die realen Probleme Griechenlands nachhaltig verringert oder gar löst, ist wissenschaftlich nicht untermauert. Im Gegenteil: Die Erwartung, dass Regellosigkeit und ein Staatsbankrott in einem Land ohne funktionierende Strukturen zu nachhaltigem wirtschaftlichem Erfolg führen, widerspricht allen momentan bekannten wissenschaftlichen Erkenntnissen.“ Damit verzerrt er ganz klar die Aussagen seiner US-Kollegen und spricht ihnen auf diese Weise jegliche Legitimation ab. Natürlich ist die von Straubhaar dargestellte Erwartung wissenschaftlich nicht belegt – es entspricht in dieser Überspitzung aber auch nicht der Argumentation der US-Ökonomen.

    Umgekehrt stellt er seine eigene Denkschule als die einzig wissenschaftlich legitimierte dar: „Gute Regeln führen zu guten Spielen. Rechtsstaatlichkeit, Schutz von individuellen Grundrechten sowie die Untrennbarkeit von Verantwortung und Haftung sind unverzichtbare Voraussetzungen für nachhaltigen ökonomischen Erfolg. Das sind die Erkenntnisse der in Deutschland hoch gehaltenen Ordnungspolitik.“ Dafür bekäme man zwar keine Nobelpreise. Aber die ordnungspolitischen Grundsätze hätten mitgeholfen, Deutschland zu einem der weltweit attraktivsten Länder zum Leben, Wohnen und Arbeiten zu machen.“

    Es gibt sie nicht, die EINE ökonomische Wahrheit!

    Um es noch einmal klar zu sagen: Es geht nicht darum, Straubhaar oder die ordnungspolitische Denkschule mit ihren Erkenntnissen in Frage zu stellen. Der Punkt ist lediglich, dass er andere für eine ideologische Verbohrtheit kritisiert, die er dann selbst an den Tag legt. Straubhaar räumt selbst ein, dass ökomische Analysen je nach Perspektive zu unterschiedlichen Ergebnissen führen, eben weil es in der Wirtschaftswissenschaft keine allgemeingültigen Naturgesetze gibt. So kann ein Phänomen bei einer Denkschule als wissenschaftlich belegt gelten, bei der anderen dagegen als widerlegt. Aus diesem Grund ist ein „Deutschen-Bashing“ genauso wenig zielführend wie die Einlassungen von Ökonomen anderer Denkschulen als „arrogant, anmaßend und polemisch“ abzutun.

    Der Kommentar Straubhaars macht einmal mehr deutlich: Der Glaubenskrieg der Ökonomen ist in vollem Gange.




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