Doch nicht Dax 5.000?
Es ist schon bezeichnend: In beinahe dem selben Moment, in dem ich hier meine Wochenendkolumne mit dem Titel "Jetzt Dax 5.000?" veröffentlicht habe, erscheint eine große deutsche Sonntagszeitung mit
dem Aufmacher "Dax 5.000?" auf der Titelseite ihres Finanzteils. Und heute schreibt das Handelsblatt sogar: "Die Baisse ist vorbei":
Die Kontraindikatoren sind also bezeichnender Weise beizeiten zur Stelle. 5.000 Punkte im Dax sind damit wohl kaum noch drin. Jetzt fehlt nur noch der "Spiegel" mit einer Überschrift über das neue Reichwerden – und die 5.000 sind dann ganz sicher nicht mehr möglich.
Dabei habe ich selbst natürlich an die 5.000 Punkte kaum gedacht, sondern nur eine interessante Theorie von Kenneth Fisher zitiert, nach der in den letzten Jahren (und daher möglicherweise auch in der Zukunft) der Dax stets am Jahresende dort gelandet ist, wo kein Analyst ihn vorher gesehen hat. Denn Analysten glauben im Mittel immer an einen leichten bis deutlichen Zuwachs; der Dax hat jedoch entweder die Prognosen bei weitem übertroffen – oder aber er hat sie bitter enttäuscht.
Doch so plausibel dies auch klingt, ergeben sich dennoch extreme methodische und theoretische Probleme bei diesem Erklärungsschema. Nehmen wir einmal an, alle Analysten wären einer Meinung, dass der Dax im nächsten Jahr zwischen 10 % und 20 % zulegen wird Dann wäre das eine ganz extreme Positionierung, eine völlig einseitige Markterwartung, die mit Sicherheit dazu führen müsste, dass der Markt ein sehr extremes Verhalten zeigt, wohingegen Fishers Theorie in diesem Fall jedoch aussagt, dass die reale Performance des Marktes entweder leicht über oder leicht unter den extremsten (in diesem Fall jedoch keineswegs extremen) Erwartungspunkten liegen wird. Konkret: Identische Erwartungen führen in Fishers Theorie zu einer niedrigen Varianz, in der Praxis jedoch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu einer hohen Varianz.
Und nehmen wir im umgekehrten Fall an, dass die Experten zwischen plus 80 % und minus 80 % alle möglichen Kursveränderungen breitgefächert abdecken, dann dürfte sich im Markt ein wunderbares Gleichgewicht zwischen Optimisten und Pessimisten ergeben, so dass man eigentlich per Saldo kaum eine Veränderung erwarten dürfte. Die Theorie erfordert für diesen Fall jedoch entweder ein Marktplus von mindestens über 80 % oder aber ein Minus in gleicher Größenordnung. Ausgeglichene Markterwartung müssen nach Fishers Theorie also zu einer großen Varianz führen, wohingegen ich in der Wirklichkeit bei dieser Ausgangslage jede Wette auf eine geringe Varianz abschließen würde.
Es wird also auch weiter unmöglich bleiben, die Entwicklung am Aktienmarkt vorherzusehen. Einige Erklärungsschemata funktionieren manchmal über eine erstaunlich lange Zeit ziemlich gut. Doch dann hat es auf einmal irgendwann ganz plötzlich mit dem Funktionieren ein Ende. Wie hat der alte Kosto dazu immer gesagt: Jeder Systemspieler, den er in seinem über achtzigjährigen Leben gekannt hat, ist früher oder später Pleite gegangen. Dem bleibt sicherlich nichts hinzuzufügen. Wer wenigstens diese Lektion gelernt hat, ist zumindest für das Ärgste gewappnet.
berndniquet@t-online.de
Die Kontraindikatoren sind also bezeichnender Weise beizeiten zur Stelle. 5.000 Punkte im Dax sind damit wohl kaum noch drin. Jetzt fehlt nur noch der "Spiegel" mit einer Überschrift über das neue Reichwerden – und die 5.000 sind dann ganz sicher nicht mehr möglich.
Dabei habe ich selbst natürlich an die 5.000 Punkte kaum gedacht, sondern nur eine interessante Theorie von Kenneth Fisher zitiert, nach der in den letzten Jahren (und daher möglicherweise auch in der Zukunft) der Dax stets am Jahresende dort gelandet ist, wo kein Analyst ihn vorher gesehen hat. Denn Analysten glauben im Mittel immer an einen leichten bis deutlichen Zuwachs; der Dax hat jedoch entweder die Prognosen bei weitem übertroffen – oder aber er hat sie bitter enttäuscht.
Doch so plausibel dies auch klingt, ergeben sich dennoch extreme methodische und theoretische Probleme bei diesem Erklärungsschema. Nehmen wir einmal an, alle Analysten wären einer Meinung, dass der Dax im nächsten Jahr zwischen 10 % und 20 % zulegen wird Dann wäre das eine ganz extreme Positionierung, eine völlig einseitige Markterwartung, die mit Sicherheit dazu führen müsste, dass der Markt ein sehr extremes Verhalten zeigt, wohingegen Fishers Theorie in diesem Fall jedoch aussagt, dass die reale Performance des Marktes entweder leicht über oder leicht unter den extremsten (in diesem Fall jedoch keineswegs extremen) Erwartungspunkten liegen wird. Konkret: Identische Erwartungen führen in Fishers Theorie zu einer niedrigen Varianz, in der Praxis jedoch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu einer hohen Varianz.
Und nehmen wir im umgekehrten Fall an, dass die Experten zwischen plus 80 % und minus 80 % alle möglichen Kursveränderungen breitgefächert abdecken, dann dürfte sich im Markt ein wunderbares Gleichgewicht zwischen Optimisten und Pessimisten ergeben, so dass man eigentlich per Saldo kaum eine Veränderung erwarten dürfte. Die Theorie erfordert für diesen Fall jedoch entweder ein Marktplus von mindestens über 80 % oder aber ein Minus in gleicher Größenordnung. Ausgeglichene Markterwartung müssen nach Fishers Theorie also zu einer großen Varianz führen, wohingegen ich in der Wirklichkeit bei dieser Ausgangslage jede Wette auf eine geringe Varianz abschließen würde.
Es wird also auch weiter unmöglich bleiben, die Entwicklung am Aktienmarkt vorherzusehen. Einige Erklärungsschemata funktionieren manchmal über eine erstaunlich lange Zeit ziemlich gut. Doch dann hat es auf einmal irgendwann ganz plötzlich mit dem Funktionieren ein Ende. Wie hat der alte Kosto dazu immer gesagt: Jeder Systemspieler, den er in seinem über achtzigjährigen Leben gekannt hat, ist früher oder später Pleite gegangen. Dem bleibt sicherlich nichts hinzuzufügen. Wer wenigstens diese Lektion gelernt hat, ist zumindest für das Ärgste gewappnet.
berndniquet@t-online.de