OMT-Urteil des EuGH Falsche Weichenstellung - Ökonomen kritisieren "das entgrenzte Mandat der EZB"
Verstoß gegen das Verbot monetärer Staatsfinanzierung: Die Ökonomen des Kronberger Kreises kritisieren die "Entgrenzung des Mandats der EZB" (Europäische Zentralbank) infolge des OMT-Urteils des Europäischen Gerichteshofes (EuGH) - Lesen Sie hier und hier mehr zum OMT-Urteil.
„Das EuGH-Urteil zum OMT-Programm hat die Zuständigkeit der Europäischen Zen- tralbank so weit gefasst, dass eine wirksame Abgrenzung zur wirtschaftspolitischen Zuständigkeit der Euro-Mitgliedstaaten nicht mehr möglich ist“, befürchtet der Kronberger Kreis, wissenschaftlicher Beirat der Stiftung Marktwirtschaft, in seiner neuen Studie. „Die Marktdisziplinierung mitgliedstaatlicher Finanzpolitiken wird als ein für das System der EWU grundlegendes Prinzip weiter ausgehöhlt“, so die Juristin und Mitautorin Heike Schweitzer. „Aus einer Krisenintervention der EZB droht eine strukturelle Weichenstellung in die falsche Richtung zu werden", warnt der Sprecher des Kronberger Kreises, Lars P. Feld.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat im Jahr 2014 dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens einen Fragenkatalog vorgelegt, der die Vereinbarkeit des „Outright Monetary Transactions“ (OMT)-Programms mit dem Unionsrecht hinterfragt. Mit dem OMT-Programm wird der Europäischen Zentralbank (EZB) der selektive Erwerb von Staatsanleihen von Euro-Krisenstaaten ermöglicht. Der EuGH entschied daraufhin in seinem Urteil ein Jahr später, dass das OMT-Programm von der Zuständigkeit der EZB gedeckt ist und nicht gegen das Verbot monetärer Staatsfinanzierung verstößt. Die Bedenken des BVerfG wurden nur in Teilen aufgegriffen. Im Februar nimmt der Zweite Senat des BVerfG das Verfahren zum OMT-Programm auf Basis des EuGH-Urteils wieder auf.
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Das Urteil des EuGH bedeutet nach Ansicht des Kronberger Kreises eine Entgrenzung des geldpolitischen Mandats. „Das Verbot der monetären Staatsfinanzierung wird in
seiner fundamentalen Bedeutung für die Wirtschafts- und Währungsunion nachhaltig geschwächt“, erklärt Volker Wieland, Mitglied im Kronberger Kreis. Würde das BVerfG dem EuGH-Urteil uneingeschränkt
folgen, so drohen damit weitreichende und strukturell bedeutsame Verschiebungen im System der EWU. Zugleich bleibt der Bestand der Union als Rechtsgemeinschaft ein hoher Wert. Zur Begrenzung des
Konflikts besteht die Möglichkeit, dem EuGH im Ergebnis aber nicht in der Begründung zu folgen.
Kronberger Kreis
Der Kronberger Kreis wurde 1982 ins Leben gerufen und ist der wissenschaftliche Beirat der Stiftung Marktwirtschaft. Die Mitglieder des Kronberger Kreises:
• Prof. Dr. Lars P. Feld (Sprecher, Walter Eucken Institut, Freiburg)
• Prof. Dr. Clemens Fuest (Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung, ZEW), Mannheim)
• Prof. Dr. Justus Haucap (Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf)
• Prof. Dr. Heike Schweitzer, LL.M. (Freie Universität Berlin)
• Prof. Volker Wieland Ph.D. (Goethe-Universität Frankfurt am Main)
• Prof. Dr. Berthold U. Wigger (Karlsruher Institut für Technologie (KIT)).
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