Dieselgate - Kettenreaktion
Anlegerklage gegen VW - Top-Anwalt will auch für VW-Investoren Schadenersatz erstreiten
Vor wenigen Tagen berichtete wallstreet:online über weitere Milliardenforderungen, die auf den Volkswagenkonzern zukommen könnten - zumindest wenn es nach den US-amerikanischen Staranwalt Michael Hausfeld geht. Denn dieser will neben den Milliardenforderungen in den USA auch für deutsche VW-Kunden Regressansprüche gerichtlich geltend machen. Dabei könnte es sich um Entschädigungen von bis zu 2,5 Milliarden Euro drehen (wallstreet:online berichtete). Allein in den USA hat VW für mögliche Schadenersatzforderungen infolge der Abgasaffäre allein im letzten Jahr 6,7 Milliarden Euro zurückgestellt. Doch das dürfte nicht reichen (Lesen Sie mehr: Volkswagen - Dieselgate: VW-Dieselskandal - 6,7 Milliarden Euro Rückstellungen reichen nicht).
Anwalt nimmt weitere potenzielle Klientengruppe in Visier
Nun droht Volkswagen weiterer Ärger. Der US-Staranwalt Hausfeld wendet sich nach den VW-Kunden auch den VW-Anlegern und Umweltorganisationen zu. Entsprechende Sammelklagen würden von seiner Kanzlei
derzeit geprüft. „Millionen Fahrzeuge mit überhöhen Abgaswerten stellen eine ernsthafte Gefahr für die öffentliche Gesundheit dar“, sagte Hausfeld der „Welt am Sonntag“.
Und die Strategie dahinter? VW werde es nicht zu einem Prozess kommen lassen, sondern stattdessen einen Vergleich anstreben, so die Poker-Strategie Hausfelds. Sammelklagen dieser Größenordnung
können oft viele Jahre oder Jahrzehnte dauern. Jahre, in denen ein Konzern vom Tagesgeschäft abgelenkt ist und öffentlich unter Beschuss steht. „VW weiß: Je schneller man eine solche Krise
bereinigt, desto besser“, sagte Hausfeld der „Welt am Sonntag“. Den Managern in Wolfsburg müsse klar sein, dass der Konzern nur so „die Glaubwürdigkeit seiner Marke und das Vertrauen der Kunden
wiederherstellen kann“. Und natürlich auch die eigenen Kassen füllen kann, möchte man hier ergänzen.
Und die Chancen? Am Wochenende berichtete die "Bild am Sonntag" wurden Die kursrelevante Information von Volkswagen nicht entsprechend Wertpapierhandelsgesetz sofort veröffentlicht, sondern mehr als zwei Wochen später. Das belege ein internes Schreiben eines VW-Managers an den damaligen VW-Chef Martin Winterkoren (mehr dazu hier).
Der Washingtoner Staranwalt Hauswald gilt in den USA als einer der Spezialisten für Sammelklagen, mit denen er im Laufe der Jahrzehnte zum Beispiel viele Milliarden Dollar für die Zwangsarbeiter der Nazizeit, für die Geschädigten der Exxon-Valdez-Ölpest oder für diverse Opfer von Diskriminierung erkämpft hat. Für die geplanten Klagen gegen VW hat er extra eine Niederlassung in Berlin eröffnet.
Eine verhängnisvolle Kettenreaktion
Doch damit ist US-Spitzenjurist bei weitem nicht allein auf weiter Flur. Das Vorpreschen Hauswalds könnte für VW eine unheilvolle Kettenreaktion auslösen, mutmaßt die Zeitung. Hausfeld sei längst
nicht die einzige Kanzlei, die versucht, für angeblich durch Dieselgate Geschädigte Schadenersatz von Volkswagen zu erstreiten. Zum einen könnten die anderen Kanzleien verleitet werden, noch
aggressiver um VW-Kunden oder Anleger zu werben. Des weiteren könnten diese ihre angeblichen Ansprüche gegenüber Volkswagen noch höher ansetzen.
„Was jetzt läuft, ist ein Windhundrennen“, zitiert die „Welt am Sonntag“ einen Aktionärsvertreter. Während in den USA eine Vielzahl von Kanzleien eine gemeinsame Sammelklage einreichen kann, ist
das Verfahren in Deutschland komplizierter: „Am Ende kann es nur einen maßgeblichen Vertreter in einem Sammelprozess geben – oder nur einen Vergleich von Geschädigten mit VW. Und die Kanzlei, die
den aushandelt, hat das Rennen gewonnen.“
Wie sollten sich VW-Aktionäre verhalten?
„Aktionäre sollten zunächst abwarten, zu welchem Ergebnis die Finanzaufsicht BaFin im Fall der Abgasaffäre kommt“, sagt der Präsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW),
Ulrich Hocker der „Welt am Sonntag“. Dabei stehe die Frage im Mittelpunkt, ob der Autobauer Anleger zu spät über mögliche Risiken als Folge der Manipulationen von Abgaswerten informiert hat. Laut
BaFin dauern die Untersuchungen an. Den Haltern von Diesel-Modellen raten Anwälte, vor der Geltendmachung von Ansprüchen zunächst den von VW für April angekündigten Abschlussbericht abzuwarten.