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    Marktkommentar  706  0 Kommentare Bantleon Investment Insight Juli 2016

    Nach dem Brexit-Referendum gibt Grossbritannien ein chaotisches Bild ab. Allein die Unsicherheit dürfte in den nächsten Monaten zu einer starken wirtschaftlichen Abkühlung im vereinigten Königreich führen. Der mögliche Brexit trifft die Weltwirtschaft jedoch in einer Phase anziehenden Wachstums und hat kaum das Potential, die globale Konjunktur in die Rezession zu stossen. Tatsächlich stecken derzeit in Aktien und Anleihen gleichermassen erhebliche Kurschancen. Deshalb haben wir unsere Anleihenpositionen bereits seit längerem kräftig ausgebaut. Auf der Aktienseite sind wir teilweise bereits wieder investiert, bleiben aber in alle Richtungen sehr flexibel. Unbenommen aller Euphorie ist das Rückschlagsrisiko derzeit vollkommen unkalkulierbar.

    Die Austrittsbefürworter sind von ihrem Erfolg selbst überrascht und haben keinen Plan in der Schublade. Gleichzeitig stehen die regierenden Tories ebenso führungslos da wie die wichtigste Oppositionspartei. Derweil gewinnt in Schottland die Sezessionsbewegung Aufwind und erste Unternehmen (Vodafone, JP Morgan) signalisieren ihren Rückzug aus UK.

    Allein die Unsicherheit dürfte in den nächsten Monaten zu einer starken wirtschaftlichen Abkühlung in Grossbritannien führen. Die Bank of England hat entsprechend bereits für den Sommer zusätzliche Massnahmen angekündigt. Zusammen mit der Pfund-Abwertung soll dies den wirtschaftlichen Niedergang abfedern.

    Die Entwicklung in Grossbritannien wird auch auf den Kontinent ausstrahlen - die Eurozone dürfte aber mit einem blauen Auge davonkommen. Denn anders als zur Zeit der Lehman-Pleite zeigte sich die Wirtschaft vor dem Referendum in einer robusten Verfassung.

    Weltwirtschaft

    Chinas konjunkturelle Zwischenbelebung geht in Trippelschritten weiter. Auch im Juni war gemessen an den Einkaufsmanagerindikatoren eine uneinheitliche Entwicklung und in der Summe eine moderate Erholung auszumachen.

    Treibende Kraft der aktuellen Erholung ist zum einen die wieder anziehende Bautätigkeit. Zum anderen schieben die nach oben gefahrenen Infrastrukturinvestitionen das Wachstum an. Vor allem die Staatsbetriebe haben in den vergangenen Monaten ihre Ausgaben für Kapitalgüter sprunghaft aufgestockt.

    Während in China der Staat derzeit die treibende Kraft der wirtschaftlichen Belebung ist, nimmt diese Rolle in den USA in beeindruckender Manier der private Konsum ein. Noch stärker waren die Konsumausgaben zuletzt vor fast sieben Jahren gestiegen, als die Regierung mit einer Abwrackprämie (»cash for clunkers«) der Wirtschaft wieder auf die Beine helfen wollte. Und auch von der Industrie häufen sich Signale, die auf ein Ende der Talfahrt beziehungsweise eine Wiederbelebung hindeuten.

    Die Konjunkturdaten der Eurozone haben den Nachteil, dass sie die Zeit vor dem Brexit-Referendum spiegeln. Deshalb sind sie jedoch nicht völlig wertlos, geben sie doch Auskunft darüber, in welcher Verfassung sich die Wirtschaft vor dem Schock befand. Was Deutschland und andere Kernländer (Belgien, Österreich, Niederlande) betrifft, überwogen eindeutig die positiven Botschaften. In der Peripherie und in Frankreich sieht das Bild differenzierter aus. Schliesslich haben dort bereits andere Ereignisse Gegenwind geschaffen: in Spanien etwa das politische Vakuum und in Frankreich die vielfältigen Proteste der Bevölkerung.

    Finanzmärkte

    Das Brexit-Beben ist natürlich das beherrschende Thema. Zwischenzeitlich waren die Schnäppchenjäger jedoch zurückgekehrt und die Aktienmärkte hatten eine beeindruckende Aufholjagd gestartet.

    Treibende Kraft war die Hoffnung, dass sich der politische Graben zwischen UK und der EU als nicht unüberbrückbar erweisen könnte. Auch goutierten die Märkte das Signal der Bank of England und der EZB, einer Abwärtsspirale an den Finanzmärkten nicht tatenlos zusehen zu wollen. (Weitere) Zinssenkungen sind in diesem Kontext ebenso denkbar wie neue (oder aufgestockte) QE-Programme.

    Gleichzeitig setzte sich der positive konjunkturelle Datenstrom fort, was den Eindruck erhärtete, die Weltwirtschaft sei robust genug, um einen Brexit wegstecken zu können. Besonders hervorzuheben ist dabei die Entwicklung in den USA. Wir bleiben daher dabei, dass die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Aufwärtstrends der Aktienmärkte günstig sind. DAX und Eurostoxx50 dürften in den Sommermonaten neue Jahreshöchststände markieren, bei den US-Barometern ist mit neuen Allzeitrekorden zu rechnen.

    Die Volatilität wird dennoch hoch bleiben, denn es dürfte nicht lange dauern, bis die guten US-Konjunkturdaten im Verbund mit der Aktienmarkterholung die aufgeschobenen Zinserhöhungen der Fed auf die Tagesordnung zurückbringen.

    Der eindrückliche Höhenflug deutscher Bundesanleihen dürfte vor diesem Hintergrund eine Pause einlegen - auch wenn man den Eindruck gewinnen könnte, der Trend sei durch gar nichts zu stoppen, geschweige denn umzukehren.

    Umgekehrt spricht vieles dafür, dass die Risikoprämien von Peripheriebonds weiter schrumpfen werden. Die Renditen italienischer und vor allem spanischer Staatsanleihen sind zwar zuletzt bereits deutlich gesunken und haben nun ihrerseits neue historische Tiefststände erreicht (10J Italien: 1,21%; 10J Spanien: 1,14%). Die Zinsaufschläge gegenüber deutschen Bundesanleihen befinden sich aber immer noch über dem Durchschnitt der vergangenen zwölf Monate und deutlich über den zyklischen Tiefstständen von Anfang Dezember 2015.

    Fazit

    Der Brexit trifft die Weltwirtschaft in einer Phase anziehenden Wachstums und besitzt kaum das Potential, die globale Konjunktur in die Rezession zu stossen.

    Dies ist offensichtlich auch die Meinung der Finanzmärkte. Von einer weltweiten Risk-off-Stimmung nach dem Brexit kann jedenfalls keine Rede sein. Vielmehr haben sich die Aktienbörsen schnell wieder gefangen. Noch erstaunlicher ist aber die Entwicklung an den Staatsanleihenmärkten. Dort haben sich die Risikoaufschläge in der Währungsunion nicht ausgeweitet, sondern sogar eingeengt.

    Neben länderspezifischen Entwicklungen kamen Gerüchte hinzu, wonach die EZB erwägt, ihre Staatsanleihenkäufe weniger strikt am Kapitalschlüssel auszurichten. Auch wenn diese Meldung unbestätigt blieb, ist es plausibel, dass eine grosse Fraktion der Währungshüter einen solchen Schritt befürwortet. Wir gehen indes davon aus, dass zunächst die Zinsuntergrenze für die Anleihenkäufe aufgehoben und die Kauflimite für Staatsanleihen (bislang 33%) angehoben werden.

    So oder so haben die Tauben im EZB-Rat mit dem Brexit ein Argument zur Ausweitung der ultraexpansiven Geldpolitik hinzugewonnen. Damit ist die Wahrscheinlichkeit gestiegen, dass spätestens im September eine erneute Verlängerung des QE-Programms um sechs Monate verkündet wird.

    Aktien und Anleihen - in beiden Märkten stecken derzeit erhebliche Kurschancen. Die vergangenen Tage können hier bereits ein Vorgeschmack sein. Wir haben unsere Anleihenpositionen bereits seit längerem kräftig ausgebaut und werden daran vorerst nichts verändern. Auf der Aktienseite sind wir teilweise bereits wieder investiert, bleiben aber in alle Richtungen sehr flexibel. Unbenommen aller Euphorie ist das Rückschlagsrisiko derzeit vollkommen unkalkulierbar.

    Zum Bericht:

    http://www.bantleon.com/de/aktuelles/analysen/2016/2016-07-08




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    Verfasst von Asset Standard
    Marktkommentar Bantleon Investment Insight Juli 2016 Nach dem Brexit-Referendum gibt Grossbritannien ein chaotisches Bild ab. Allein die Unsicherheit dürfte in den nächsten Monaten zu einer starken wirtschaftlichen Abkühlung im vereinigten Königreich führen. Der mögliche Brexit trifft die Weltwirtschaft jedoch in einer Phase anziehenden Wachstums und hat kaum das Potential, die globale Konjunktur in die Rezession zu stossen. Tatsächlich stecken derzeit in Aktien und Anleihen gleichermassen erhebliche Kurschancen. Deshalb haben wir unsere Anleihenpositionen bereits seit längerem kräftig ausgebaut. Auf der Aktienseite sind wir teilweise bereits wieder investiert, bleiben aber in alle Richtungen sehr flexibel. Unbenommen aller Euphorie ist das Rückschlagsrisiko derzeit vollkommen unkalkulierbar.