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     3857  0 Kommentare Oh, diese ganzen Prognosen

    Es ist definitiv auch dieses Mal die selbe Prozedur wie in jedem Jahr. Während sich am 15. Februar eines Jahres niemand Gedanken macht, was wohl am 31. Mai es darauffolgenden Jahres der Fall sein wird, scheint das Prognostizieren zum Jahresanfang so zwanghaft wie das Pinkeln am Silvestertag zu sein. Nun gut, sei es drum.

    Die Prognosen der Banken und Investmenthäuser für das Jahr 2004 liegen erstaunlich dicht beieinander. Sie liegen in der überwältigenden Mehrheit für den Dax bei 4.000 Punkten, plus oder minus fünf Prozent. Einige legen noch fünf weitere Prozent drauf – und die einzigen wirklichen "Ausreißer" sind Lehmann Brothers mit 4.600 Punkten und die Weberbank mit 3.500.

    Nach der "Theorie der Prognoselöcher" von Kenneth Fisher bedeutet das, dass der Dax im Jahr 2004 entweder über 4.600 oder unter 3.500 Punkten schließen wird. Das hilft freilich genauso wenig weiter als wenn man beim Roulettespiel erfahren würde, dass man nach dem Wurf seinen Einsatz entweder los ist – oder aber Geld dazu gewonnen hat. Das Fußballspiel ist dagegen eine echt variantenreiche Angelegenheit, denn hier gibt es schließlich auch ein Unentschieden.

    Und genau auf dieses Unentschieden tippt die große Mehrzahl der Analysten, denn ein Dax von 4.000 zum Jahresende würde das Jahr 2004 zum Nichtereignis werden lassen. Ich halte das fast für ausgeschlossen – und schliee mich den Wahlkampfzyklikern an, die behaupten, dass Wahljahre in den USA stets gute Börsenjahre sind. Misstrauisch macht mich jedoch, dass es anscheinend niemanden auf dieser ganzen großen Erde gibt, der nicht der Meinung ist, dass die Aktien bis in den Sommer/Herbst hinein steigen und anschließend wieder deutlich zurückfallen werden.

    Was also tun? Weiterhin mit kalkuliertem Risiko in Aktien engagiert bleiben – und einfach sehen, was passiert. Wenn die Welt dann untergeht, sind alle Spatzen tot. Geht sie jedoch nicht unter, dann fliegen sie so hoch, wie Spatzen eben fliegen.

    berndniquet@t-online.de

    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
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