Strategien
Das du-Dilemma in Unternehmen - zwischen Start-Up und Biedermann - Seite 3
Wie hältst du’s mit dem du?
Die Stilrichtlinien von Kommunikationsexperten, dem guten alten Knigge oder dem Duden reflektieren die Unsicherheit der Unternehmen. Nichts muss, alles kann. Auf der einen Seite überschwemmen
amerikanische und skandinavische Unternehmenskulturen Deutschland, auf der anderen Seite gibt sich gerade die Finanz- und Immobilienwirtschaft weiterhin gern im Kleid des ehrbaren, unnahbaren
Kaufmanns – bis vor 20 Jahren galt die formelle Höflichkeit noch offiziell. Der Chef bietet an, die älteren Mitarbeiter, die Männer. Variablen, die über Sie oder du entscheiden,
waren demnach Status (Hierarchie), Alter, Unternehmenszugehörigkeit oder Geschlecht. An genau diesen Variablen orientiert sich auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung in der Ausgabe vom
13./14. Mai 2017, die eine entsprechende Entscheidungshilfe präsentiert, wer wem das du anbieten darf. Dies erscheint völlig verknappend, da die Variablen Medium, Kontext sowie
Beziehungsqualität völlig verschwiegen werden.
Dass vor allem das Medium eine gewichtige Entscheidungshilfe ist, zeigt eine Analyse der schriftlichen Korrespondenz der Volksbank Mittelhessen in E-Mails und schriftlichen Briefen, die 2014 durchgeführt wurde. Die folgende Tabelle veranschaulicht die Entscheidung der Schreibenden bzgl. Anrede, Grußformel und Abbinder (in %):
Wie die Tabelle zeigt, wird hier also wenig geduzt und es herrscht Uneinheitlichkeit in der Verwendung von Anrede und Abbinder, d.h. eine E-Mail setzt einen anderen Stil voraus als ein Brief. Außerdem wird ersichtlich, dass auch unterschiedliche Gruß- und Schlussformeln verwendet werden.
Entscheidungshilfen
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Um mehr Einheitlichkeit und Support bei der Entscheidung zu gewährleisten, empfehlen sich zur Definition mögliche Mustertexte, die je nach Inhalt und Anlass angepasst werden – sie sorgen zudem für Wiedererkennungswert. Es sollte von Beginn an geklärt werden, ob man im wir-Stil verfährt (der tendenziell inkludierend wirkt), in der, eher Distanz suggerierenden, 3. Person spricht (Die Volksbank will) oder beide Formen mischt. Auch die Ansprache des Textadressaten von formell (Guten Tag, Sie) bis hin zum lockeren Ton (Hallo, du, Wir@Unternehmen X) sollte definiert werden. Armin Reins empfahl hierbei schon 2006 sogenannte Sprachstilgruppen. Dies könnte für die Anrede erweitert werden. Ob Sie oder du verwendet werden, hängt nämlich nicht nur von Status (Hierarchie), Alter, Unternehmenszugehörigkeit oder Geschlecht ab, sondern auch von