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     1142  1 Kommentar Während Amerika schon ernsthaft Standortpolitik betreibt, geht es in Europa noch sehr lustig zu - Seite 2

    Für diese kollektiven Euro-Schulden müssen alle Euro-Länder wie bei einer Autoversicherung haften, selbst wenn sie national keine machen. Und hat man erst einmal dieser Kredit-Versicherung auf Gegenseitigkeit zugestimmt, gehen die Tore der Schulden-Hölle so richtig auf.

    So wird in der EU diskutiert, jene Länder vom Reformhaken zu lassen, die angeschlagen sind oder bei denen zu strikte Sparmaßnahmen die konjunkturelle Genesung angeblich erschweren würden, z.B. Italien. Hallo? Diese Staaten sind in die Schuldenfalle getappt, weil sie keine Reform-Hausaufgaben gemacht haben und so mit weniger oder keinem Wachstum die eigene Schuldentragfähigkeit torpedierten. Kommt es zu einer Hausaufgabenbefreiung zu Lasten der Allgemeinheit, werden sie zukünftig gar keine Reformanreize mehr haben, dafür aber mehr Schulden zum wirtschaftlichen Überleben brauchen. Ein Teufelskreis!

    Selbst das heiligste aller Maastricht-Stabilitätskriterien ist keine heilige Kuh mehr. So sollen der französische Währungskommissar Pierre Moscovici - sicher kein im Fell gefärbter Anhänger von Stabilität, sondern ihr Weichspüler - aber auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude eine fixe Idee haben. Nicht mehr jedes Euro-Land einzeln soll das Haushaltsdefizit von maximal drei Prozent seiner Wirtschaftsleistung einhalten, sondern die Eurozone als Schuldenunion insgesamt.

    Tatsächlich hat die Eurozone insgesamt nur ein Defizit von knapp über einem Prozent. Während Frankreich und Italien bei Schulden kräftig zulangen, machen Länder wie Deutschland und die Niederlande Haushaltsüberschüsse. Wenn unsereins die orthodoxen Verschuldungskriterien mustergültig einhält, werden die anderen also mit unorthodox höheren Neuverschuldungsquoten belohnt? Wer braucht da noch Verbesserungen der Standortqualität. Und wundert es da wirklich noch, dass viele Stabilitätsgegner in Europa Macrons europäischer Schuldenintegration hinterherlaufen wie Hunde dem Briefträger?

    Man wird diese absurden Gedankenspiele zur Transferunion zunächst zurückziehen. Doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Europa ist „lernfähig“. Erst sind die Vorschläge absurd, dann überlegenswert und am Ende alternativlos.

    Ich bin nicht Europa-feindlich, im Gegenteil! Ich war schon Europa-freundlich, als der junge Macron noch unter der Regie seiner späteren Ehefrau Theater spielte.

    Wirtschaftskriege wurden noch nie mit Wattebällchen geführt

    Doch einen europäischen Zusammenhalt über Schuldengläubigkeit bei gleichzeitiger Reformungläubigkeit schaffen zu wollen, macht Europa nicht fit für einen global immer brutaleren Wettbewerb, sondern behäbig wie eine Couch Potatoe. Die Lage am Arbeitsmarkt wird bestimmt nicht besser.     

    Nur ein gegenüber Amerika reformorientierter und damit konkurrenzfähiger europäischer Standort lässt Unternehmen bei uns investieren. Dazu gehören auch attraktive Unternehmenssteuern. Das mag wie eine Kapitulation vor den „Heuschrecken“ der Wirtschaft klingen. Aber ist es nicht sinnvoll, Firmen dann mit Steuererleichterungen auf erwirtschaftete Gewinne entgegenzukommen, wenn sie diese nicht an die Eigentümer ausschütten, sondern in Europa reinvestieren? Erst dann entstehen Arbeitsplätze und damit ein Wohlgefühl von Europas Bürgern gegenüber der europäischen Idee.

    Amerika mag zwar vom grimmigen Captain Ahab navigiert werden. Aber die derzeitigen Seefahrer in Europa der Marke Käpt’n Iglo sind auch nicht besser.

    Rechtliche Hinweise / Disclaimer und Grundsätze zum Umgang mit Interessenkonflikten der Baader Bank AG

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    Robert Halver
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    Robert Halver verfügt über langjährige Erfahrung als Kapitalmarkt- und Börsenkommentator und ist durch regelmäßige Medienauftritte bei Fernsehsendern und Radiostationen, auf Fachveranstaltungen und Anlegermessen sowie Fachpublikationen und als Kolumnist einem breiten Anlegerpublikum bekannt. Seine Markenzeichen, die unterhaltsame, bildhafte Sprache, kommen bei keinem seiner Auftritte zu kurz.

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    Verfasst von Robert Halver
    Während Amerika schon ernsthaft Standortpolitik betreibt, geht es in Europa noch sehr lustig zu - Seite 2 Trump kann doch noch mehr als tweeten. Er hat eine Steuerreform durchgepaukt, die mit der Senkung von Unternehmenssteuern von bislang 35 Richtung 20 Prozent ordentlich „Schmackes“ hat. Mit dann reduzierten unter dem Durchschnitt der großen …