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    Toronto  6573  2 Kommentare Urbane Diktatur: Von der Smart City zur überwachten Stadt

    Im 19. Jahrhundert war es üblich, dass große Industriebetriebe neben der Fabrik auch Wohnungen für die Arbeiter errichteten. Dazu kamen Kindergärten, Schulen und Freizeiteinrichtungen. Nun wird Google zum Bauherr eines ganzen Quartiers und könnte zukünftig Mitarbeiter und Bürger überwachen. 

    Toronto ist eine Millionenstadt am Lake Ontario. Die Skyline der größten Stadt Kanadas erinnert an US-Metropolen. Mit ihrer futuristischen Architektur war die Stadt vielfach Kulisse von Science-Fiction-Filmen. Das jüngste Projekt könnte Toronto erneut auf die Leinwände katapultieren. Auf einer Fläche, so groß wie die Züricher Innenstadt, wird “Sidewalk Toronto” entstehen - ein Stadtteil für Fußgänger und autonome Fahrzeuge. 

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    Quelle: Sidewalk Toronto, hier.

    Das Projekt steht unter der Schirmherrschaft von Google. Eric Schmidt, CEO von Alphabet, hat mit der Stadt einen entsprechenden Vertrag unterschrieben. Im besten Sinne wird es eine perfekte Smart City, denn “ein von Grund auf vernetzter Stadtteil soll entstehen, in dem alles ineinander greift: ein Verkehrssystem, das die Daten von Smartphones, Sensoren und Kameras nutzt, um die besten Routen für selbstfahrende Autos zu bestimmen – nie wieder Stau, weniger Smog. Intelligente Ampeln werden Fußgänger erkennen, damit es weniger Verkehrstote und kein lästiges Warten mehr an roten Ampeln gibt. Frachtverkehr, Lieferdienste und Müllentsorgung werden von Robotern in Tunneln erledigt.” so die NZZ. In dem geplanten Quartier spielen Autos so gut wie keine Rolle. Dafür werden die Bewegungen der Bewohner und Roboter über Sensoren erfasst.  

    Auch die planerische Vorgehensweise erinnert an die 1960er Jahre, denn seinerzeit setzten sich erstmals große Teile der Bevölkerung für eine Beteiligung an der Stadtplanung ein. In Toronto sollen sich die Bürger an der Entstehung des neuen Quartiers beteiligen, so die NZZ. Das sogenannte “Bottom Up”-Prinzip ist ein alter Hut. Spannend an dem Projekt hingegen ist, dass für dieses Vorhaben viele Gesetze im Bereich Transportwesen und Baurecht ausgesetzt werden müssten, so die NZZ. Es heißt: “Forderungen nach Deregulierung kennt man auch von den umstrittenen Firmen der Sharing Economy wie Uber und Airbnb. Am Ende profitieren immer die Unternehmen. Alphabet will im Gegenzug seinen kanadischen Hauptsitz zwar in das neue Viertel verlegen und 50 Millionen US-Dollar für die ersten Pläne springen lassen, doch nur zu den eigenen Bedingungen.”, so die NZZ. Die Stadt wird zur Ware für einen Großkonzern und die Bewohner zu kostenlosen Testpersonen. Bei Eric Schmidt klingt es natürlich etwas anders: “Technologie und unternehmerisches Handeln”, so das implizite Versprechen von Eric Schmidt, lösen Probleme, mit denen die Gesellschaft bisher nicht alleine fertig wurde.

    Große Konzerne sind für Metropolen genauso wichtig wie Events, Star-Architektur, die Kunstwelt, Malls und die sogenannten authentischen Orte, die von Airbnb-Gästen gebucht werden. Somit sind Google, Facebook & Co. ein weiteres Element von Stadtmarketing, denn nur eine lebendige Stadt ist eine attraktive Stadt. Hierfür agieren Städte wie Konzerne und bieten Steuererleichterungen und Deregulierungen an.

    Wie es im Fall von Toronto und Google vertraglich aussieht, bleibt vorerst unter Verschluss. Fakt ist, seit mehreren Jahren sind Daten einfach Waren, es gilt, umso detaillierter die Informationen umso mehr Wert sind die Daten. Alphabet beteuert, dass man in Toronto “Datenschutz und Sicherheit, die jeder verdiene” garantieren wolle, was dies konkret bedeuten soll, wird jedoch nicht formuliert, so die NZZ. Eine “Opt-out-Option”, also die Möglichkeit, bei dem geplanten Datensammelwahn nicht mitzumachen, besteht nicht. Besonders prekär ist zudem, dass Google womöglich auf Daten der Stadt und des Staates zurückgreifen muss, die bisher nicht zu Verfügung stehen, so die NZZ.

    Die NZZ schreibt, dass Google die Richtung vorgibt, in die sich der digitale Kapitalismus in Zukunft entwickeln wird. Die Pläne für Toronto wirken wie ein Überwachungssystem, dem sich der Bewohner nicht entziehen kann. Wie die NZZ richtig konstatiert, war die Stadt in den letzten beiden Jahrhunderten ein Versprechen auf Freiheit. Die optimierte Stadt könnte jedoch das Gegenteil werden. Für eine attraktive Stadt kann und sollte ständige Kontrolle und Optimierung nicht die oberste Maxime sein, so The Guardian. Die Programmierer bei den Großkonzernen möchten über das Zusammenleben ebenso bestimmen, wie einst die Architekten mit ihren Stadtutopien. 

    “Sidewalk Toronto” wird von dem Google-Unternehmen Sidewalk Labs geplant und realisiert. Damit wird Google sein erstes eigenes städtisches Labor zur Erforschung von neuen Technologien haben. Sidewalk Labs ist bereits bei einem städtischen Projekt in New York City, dem Hudson Yards, involviert. Das Projekt in Toronto wäre das größte Smart City-Projekt in den USA.

     

     





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    Toronto Urbane Diktatur: Von der Smart City zur überwachten Stadt Im 19. Jahrhundert war es üblich, dass große Industriebetriebe neben der Fabrik auch Wohnungen für die Arbeiter errichteten. Dazu kamen Kindergärten, Schulen und Freizeiteinrichtungen. Nun wird Google zum Bauherr eines ganzen Quartiers und könnte zukünftig Mitarbeiter und Bürger überwachen.