US-Dollar: Totgesagte leben länger
Dieser Kommentar von mir erschien bei der WirtschaftsWoche online:
Vor einem Jahr noch war das Interesse am Dollar groß, heute ist der Euro der Liebling der Märkte. Wie lange noch?
Zugegeben, der Titel des Beitrages würde noch besser auf den Euro passen. Viele Beobachter – ich gehöre dazu – hätten sich im Jahre 2010 nicht träumen lassen, dass es den Euro heute noch gibt, dass keine Länder aus der Eurozone ausgeschieden sind und schon gar nicht, dass der Euro zum neuen Star am Wechselkurshimmel wird, während der US-Dollar verfällt. Offensichtlich hat der Euro alle Kritiker widerlegt, während der US-Dollar das macht, was er seit Jahrzehnten tut: an Wert verlieren.
Das exorbitante Privileg
Die USA haben ein einmaliges Privileg. Sie verschulden sich massiv für staatlichen und privaten Konsum, importieren seit Jahrzehnten mehr als sie exportieren, bauen dennoch Auslandsvermögen auf und bezahlen für alles in der Weltwährung US-Dollar, die sie beliebig erzeugen können und die trotz nachhaltiger Entwertung immer gefragt bleibt. Donald Trump vergisst diesen Zusammenhang, wenn er über den unfairen Handel klagt. Die USA profitieren in Wahrheit, konsumieren sie doch letztlich umsonst mehr, als sie aus eigenem Einkommen eigentlich könnten.
Wie lange dieses Privileg Bestand hat, muss sich noch erweisen. Ursprüngliche Hoffnungen, der Euro könnte dem US-Dollar Konkurrenz machen, haben sich zerschlagen. Der Euro hat einen Anteil an den Weltwährungsreserven wie früher die D-Mark. Da französischer Franc, spanische Peseten und selbst italienische Lira früher auch noch eine Rolle spielten, muss man sich eingestehen, dass das Gewicht Europas insgesamt abgenommen hat.
Die Kritiker der US-Dominanz setzen nun auf dem chinesischen Renminbi. In der Tat hat China immer mehr Handelsverträge in eigener Währung abgeschlossen, so zum Beispiel mit Russland. Manche Beobachter sehen in den umfangreichen Goldkäufen der Chinesen (und der Russen) ebenfalls Anzeichen für eine Strategie, die jeweilige Währung international attraktiver zu machen. Dies mag auf lange Sicht erfolgreich sein, vorerst sollten wir die Dominanz des US-Dollar als gegeben ansehen.