Staatskrise
Risikoaufschlag steigt: Wird Frankreich zum neuen Schulden-Sorgenkind Europas?
Der französische Staat gerät durch die Gelbwesten-Krise wirtschaftlich und finanziell unter Druck. An den Märkten leuchten Warnlampen auf.
Die Märkte reagieren auf die Nachrichten aus Paris. So stieg die Rendite der französischen Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit von gestern auf heute zeitweise um 0,036 Basispunkte an – ein prozentualer Anstieg von über fünf Prozent, was für den Anleihenmarkt einen deutlichen Verlust markiert. Der Risikoaufschlag zu den vergleichbaren Bundesanleihen weitete sich aus und erreichte den höchsten Stand seit Mai, berichtet das "Handelsblatt".
Im Gegensatz dazu stieg der französische Aktienleitindex CAC 40 mit den 40 führenden Aktiengesellschaften Frankreich heute zeitweise um mehr als 1,5 Prozent an. Aktionäre hoffen wahrscheinlich nach den Zugeständnissen der Regierung auf eine Beruhigung der Proteste. Auf Wochen- und Monatsbasis verlor der CAC 40 aber rund sechs Prozent.
Bei den Markteilnehmern steht die Frage im Vordergrund, ob Emmanuel Macron die Proteste und die Staatsfinanzen zeitnah in den Griff bekommen wird - also nicht zu stark die Staatsfinanzen belastet, aber gleichzeitig die Gelbwesten besänftigt, damit deren Proteste nicht die Wirtschaft beeinträchtigen.
Der französischen Notenbank in Paris zufolge stört die Protestwelle insbesondere Lieferketten in der Industrie, meldet "Reuters". Auch der Einzelhandel leidet. Dies belegen Daten aus der Branche: In den großen Einkaufszentren wurde allein am vorigen Wochenende ein Besucherrückgang von 17 Prozent verzeichnet. Viele Händler hielten ihre Läden aus Sorge vor Vandalismus geschlossen. Nach Schätzungen des Branchenverbandes sind den Geschäften im wichtigen Weihnachtsgeschäft bislang etwa eine Milliarde Euro an Einnahmen verloren gegangen.
Zudem trüben sich im Zuge der Proteste die Konjunkturaussichten Frankreichs ein. Die Notenbank halbierte ihre Prognose für den Zuwachs der Wirtschaftsleistung im Schlussquartal 2018 auf 0,2 Prozent. Auch Finanzminister Bruno Le Maire erwartet einen Dämpfer: "Ich denke, die aktuellen Ereignisse dürften dazu führen, dass wir im letzten Quartal ein Wachstum von 0,1 Punkte verlieren." Das entspräche einem Verlust von zwei Milliarden Euro.
Lesen Sie auch
Macron hatte eigentlich versprochen, die Staatsfinanzen zu sanieren und die Maastrichter Defizitgrenze von drei Prozent der Wirtschaftsleistung dauerhaft einzuhalten. Aber die staatlichen Ausgaben, die er gestern in einer Fernsehansprache versprochen hat, werden teuer. Die Kosten für die Massnahmen Macrons schätzen Ökonomen "vorsichtig auf 12 bis 14 Milliarden Euro". Es wird für Frankreich schwer, die von der EU geforderte Defizit-Limite von drei Prozent zu erreichen.
Quellen: