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    Forex-Report  1088  1 Kommentar May gescheitert – EU bewegt sich?

    Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.1284 (07:10 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.1250 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 111.29. In der Folge notiert EUR-JPY bei 125.60. EUR-CHF oszilliert bei 1.1370.

    May gescheitert!

    Das britische Unterhaus hat den neu mit der EU kalibrierten Ausstiegsvertrag von Theresa May mit 391 gegen 242 Stimmen abgelehnt. Das war eine krachende Niederlage. Damit sollte der ausverhandelte Ausstiegsvertrag endgültig als Option sein Ende gefunden haben.

    Nun will das Unterhaus heute darüber abstimmen, den ungeregelten Brexit auszuschließen. Sollte das der Fall sein, stünden welche Optionen auf der Agenda?

    1. Aufschub bei der EU wegen Nachverhandlung anfragen: Da die EU keinen Verhandlungsraum mehr hat, ist es fraglich, ob die 27 EU-Staaten, diesem Ansinnen zustimmen können. Die sachliche Basis erlaubte das nicht.
    2. Aufschub bei der EU anfragen, um Neuwahlen abzuhalten - Voraussichtliche Zustimmung der EU.
    3. Aufschub bei der EU anfragen, um zweites Referendum abzuhalten - Voraussichtliche Zustimmung der EU.
    4. Rücktritt vom Austritt aus der EU.


    Sollte das Unterhaus den ungeregelten Ausstieg aus der EU nicht ausschließen, nähme das Risiko eines derartigen Austritts dynamisch zu. Genau das wollen der „Club“ ERG, Boris Johnson und weitere ideologisch verankerte Brexiters. Die DUP (Nordirland) forderte, dass das UK notfalls ohne Vertrag aus der EU ausscheiden solle. Mithin ist die Chance der ökonomischen Selbstbestrafung im UK ausgeprägt. Dazu passt: Laut dem BGA wenden sich immer mehr Importeure in Deutschland von dem UK wegen der Unsicherheiten ab (Keine langfristigen Lieferverträge).

    Die EU plant strategisch?

    Struktur ist die Grundlage von Erfolg (Aristoteles). Die EU ist und hat eine Struktur. Der Erfolg der EU ist eigentlich Atem beraubend. Als ich Ende der 70er Jahre durch Europa per Interrail unterwegs war, gab es Armut in Südeuropa, die Infrastruktur war marode und ineffizient. Ohne die EU und auch die Eurozone stünden diese Länder ganz anders da. Wer sich heute dieses Europa, die EU anschaut, sieht den Erfolg losgelöst von den auch fraglos gegebenen Problemen, die jedoch in den nationalen Räumen hausgemacht sind.

    Wir „danken“ diesbezüglich verantwortungslosen Politikern, die maßgeblich konsumtiv orientierte Politikansätze fuhren, anstatt investiv vorzugehen. Dabei schaue ich auch Berlin fest in die Augen! Welche Maßnahmen waren zuletzt investiv, welche konsumtiver Natur?

    Die billige Nummer, hausgemachte Probleme der EU oder der Eurozone anzulasten, ist ein Narrativ für die eigene Bevölkerung zur eigenen Machterhaltung der nationalen „Eliten“ (Egozentrik der Handelnden gegen „Res Publica“).

    Diese Fehler sind nicht der Struktur der EU anzulasten. Ich bin immer wieder irritiert, wie wenig es einen sachlichen Diskurs über diese offenbaren Zusammenhänge gibt.

    Mit der Eurozone ist ein Mechanismus verbunden, der Charaktermerkmale des Goldstandards aufweist.

    Im Goldstandard musste ein Land, das konsumtiv die Zukunft verspielte, die Goldreserven dafür auflösen. Waren sie aufgebraucht, musste das konsumtiv orientierte System reformiert werden (Struktur/Aristoteles). Das war bisweilen brutal.

    Der Mechanismus in der Eurozone ist ähnlich, jedoch sozial durch die Solidargemeinschaft abgefedert. Bei Fehlverhalten in der Budget/Strukturpolitik gibt es blaue Briefe. Wenn der Stress zu groß wird, gibt es Hilfspakete (soziale Abfederung) gegen Reformpolitik (Aristoteles „soft“). Das ist definitiv nicht undemokratisch!

    Intrinsisch ist das ein massiver komparativer Vorteil gegenüber anderen Wirtschaftsräumen (siehe USA), die ihre konsumtiven Fehlentwicklungen dank Notenbankpresse fortsetzen können, und damit nachhaltige Zukunftsfähigkeit verspielen. 

    Dazu, als eine Facette des Themas Zukunftsfähigkeit:



    Quelle; IWF, Fiscal Monitor 10/2018; SOLVECON

    Nach diesem sachlichen Vorspiel kommen wir zum eigentlichen Thema:

    Die EU plant nach Angaben von Kanzlerin Merkel, über industrielle Großprojekte zu sprechen. Das macht Sinn!

    Pläne basieren auf Struktur und optimieren Struktur, sofern sie realitätsnah und nicht notwendig konsumtiv kalibriert sind.

    Die Strukturen der EU basieren zum großen Teil auf den Geschäftsmodellen der Unternehmen der 80er und 90er Jahre. Hier ist Anpassungsbedarf gegeben, da die Unternehmen heute global aufgestellt sind. Damit ist das EU-Regelwerk anachronistisch und liefert einen strukturellen Nachteil gegenüber unseren maßgeblichen Konkurrenten.

    Wir bewegen uns in einer globalen Welt mit global aufgestelltem Kapitalstock. Da gilt es, die „Naseweisbrille“ der nationalen Wirtschaftsräume tunlichst zu vermeiden. Das Projekt Airbus kommt einem als die große Erfolgsstory in den Sinn, auch vor dem aktuellem Hintergrund Boeing. Diesbezüglich noch einmal ein „DANKE“ an FJS und Bayern!

    Aber leider kommt das nachfolgende Thema bisher zu kurz. Das größte Thema ist „Big Data“ und damit auch Datensicherheit. Es ist seit Jahren überfällig, dass Kontinentaleuropa seinen eigenen „Hardware/Software/Internet Airbus“ auf die Beine stellt. Wir sind der Hort der „Hidden Champions“ (Eurozone hält bei 4,6% der Weltbevölkerung und circa 60% der „Hidden Champions“ = innovativer Kapitalstock). Um diesen Kapitalstock, an dem unsere Zukunft hängt, zu erhalten und zu sichern, dürfen wir uns definitiv nicht auf die USA verlassen (NSA/Snowden).

    Das, was auf die Agenda für Brüssel am 21. und 22. März gesetzt wurde, ist fraglos von hoher Bedeutung. Es ginge um die EU-Industriepolitik und um eine verbesserte Wettbewerbsfähigkeit.

    Merkel hatte mit dem französischen Präsidenten Macron verabredet, das Thema Industriepolitik auf die Agenda des EU-Gipfels zu setzen. Beide Regierungen haben Vorschläge für eine gemeinsame Industriepolitik vorgelegt, die auch eine Reform des EU-Wettbewerbsrechts beinhaltet.

    Das kann aber nur der Anfang sein (europäische Bildungspolitik/OBOR)!

    Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, eine neutrale Haltung in der Währungsrelation EUR/USD favorisiert. Erst ein Ausbruch aus der Bandbreite 1,1100 – 1,1520 eröffnet neue Opportunitäten.

    Viel Erfolg!

     





    Folker Hellmeyer
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    Folker Hellmeyer gilt als einer der profiliertesten Volkswirte und Chefanalysten Deutschlands. Nach dem Abschluss seiner Banklehre und der Bankakademie war Folker Hellmeyer in den 1980er Jahren im Devisenhandel der Deutsche Bank AG in Hamburg tätig. Später entsandte ihn die Bank als Kassahändler für ein Jahr nach London. 1989 kehrte er zurück nach Hamburg und initiierte den Aufbau eines JPY-Handelstisches.

    Im Februar 1990 wechselte Folker Hellmeyer als Freiverkehrsmakler im Interbankendevisenmarkt zur Bierbaum & Co. GmbH & Co. OHG.

    Von 1995 bis 2002 war er zunächst als Senior Dealer und ab 1997/98 als Chefanalyst und Verantwortlicher des Zentralbanktisches bei der Landesbank Hessen-Thüringen GZ tätig. Im Jahre 1998 schloss Folker Hellmeyer erfolgreich das ACI-Diplom ab.

    Von April 2002 bis Ende 2017 war Folker Hellmeyer Chefanalyst/Chefvolkswirt der Bremer Landesbank. Seit 2016 war er darüber hinaus Im Fonds Advisory der BLB tätig.

    Seit Anfang 2018 nimmt er in der neu gegründeten Firma Solvecon-Invest den Posten des Chefanalysten und die Rolle im Fonds Advisory ein.

    Als Kommentator des Geschehens an den internationalen Finanzmärkten ist er u. a. regelmäßig auf n-tv, Welt-TV und anderen Sendern zu sehen.

    Im Jahr 2008 veröffentlichte Hellmeyer das Bestsellerbuch „Endlich Klartext“* im FinanzBuch Verlag.

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    Verfasst von Folker Hellmeyer
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