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     1044  1 Kommentar Lasst die jungen Leute mal machen!

    Ich muss gestehen, dass mir die Bewegung unserer Jugend um die Schülerin Greta Thunberg immer besser gefällt. Natürlich kann man mit Schulschwänzen die Welt nicht ändern. Und natürlich ist der Ansatz radikal und die Chance auf Verwirklichung sehr klein.

     

    Doch ich finde es phantastisch, dass und wie die Jugend sich einmischt. Mir gefällt das besser als die 68er. Es ist intelligenter, zukunftsorientierter, weniger einäugig und vor allem gewaltfreier. Wenn nicht die Jungen, wer sonst? Wir Alten haben doch die Karre total in den Dreck gefahren.

     

    Und dass den ganzen Sportwagen- und SUV-Fahrern jetzt ein schlechtes Gewissen gemacht wird? Serves them right. Heute denken doch in Deutschland mehr SUV-Fahrer an Pädophilie als an Umweltschutz. Warum sie daher nicht symbolisch an ihren Schwänzen aufhängen? Da macht man doch nichts verkehrt, selbst wenn das nicht viel nützt.

     

    Natürlich wird jetzt mehr mit der Moral als mit dem Verstand argumentiert. Doch hat in den letzten Jahrzehnten irgendjemand mit dem Verstand etwas bewirkt? Was soll daher der Vorwurf, rein moralisch zu argumentieren? Fänden die Leute, die das kritisieren, es besser, wenn die Jugend Gewalt anwenden würden? Sollen Sie Waffen einsetzen?

     

    Wenn ich mir die Autowerbung im Fernsehen anschaue und mir auf dem Supermarkt-Parkplatz die ganz fetten Männer in ihren riesigen Autos anschaue, fühle ich mich sowieso eher in einem Monty Python Sketch als in der Wirklichkeit. Hätte mir jemand vor dreißig Jahren gesagt, dass unsere Zukunft einmal so aussehen könnte, hätte ich ihn ausgelacht.

     

    Natürlich geht es nicht ohne Autos. Ganz Deutschland lebt von den Autos wie die Pädophilen vom Frischfleisch. Natürlich bleibt unser Wohlstand nur erhalten, wenn wir prinzipiell so weitermachen wie bisher. Und ich könnte nicht sagen, dass mir das sehr unangenehm ist. Dennoch ist meine Sympathie für Jugend riesengroß.

     

    Denn wer soll noch dagegen sein, wenn nicht sie? Wer stellt sich gegen die alten Kader? Wer sagt heute noch nein, wo ansonsten alle willig mitspielen?

     

    Wer steuert die Karre in die Zukunft? Das sind nicht die fetten Alten, die ihre Schäfchen bereits im Trocknen haben. Den jetzt an der Macht befindlichen Politikern kann doch egal sein, was passiert, sie werden das ja nicht mehr erleben.

     

    Und was ist denn die Alternative? Dass die Jugendlichen Investmentbanker werden? Oder im Bayer-Konzern Karriere machen?

     

    Ich freue mich über jedes Gegengewicht. Egal, was es bringt. Daran darf man vorher nicht denken. Und wer genau wissen möchte, was ich meine, schaue sich bei YouTube das Jackass-Video „Golf Course Airhorn“ an.

     

    Ach, wie schön, dass ich selbst nie wirklich erwachsen geworden bin. Jedenfalls nicht so, wie diejenigen, die heute darauf pochen, das zu sein.

     

     

     


    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
    Lasst die jungen Leute mal machen! Was wäre denn die Alternative?