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     2905  0 Kommentare Das unterschätzte Risiko von Bankguthaben - Seite 2

        • Ausnahme 2: Bankeinlagen oberhalb der staatlichen Einlagensicherung sind dann tolerierbar, wenn das betreffende Guthaben nur wenige Wochen auf dem Bankkonto zwischengeparkt wird, bevor es in ein renditeträchtigeres und/oder risikoärmeres Langfristinvestment fließt. Hier sollte die Bank selbst ein Bonitäts-Rating von nicht schlechter als A+/A1 besitzen.

    Warum sind Bankguthaben – soweit sie nicht in die beiden genannten Ausnahmen fallen – nahezu immer abzulehnen? Die wesentlichen Gründe dafür kann man wie folgt zusammenfassen:

        • Ökonomisch betrachtet ist ein Bankguthaben ein unbesicherter Kredit vom Einleger (z. B. einem Privathaushalt) an ein Finanzinstitut. Die Betonung liegt auf unbesichert. Zudem reicht der Einleger diesen unbesicherten Kredit (das Bankguthaben) an ein hoch verschuldetes Unternehmen aus: die Bank. Der typische Fremdkapitalanteil am Gesamtkapital einer Bank beträgt 92%. Das ist mehr als in allen anderen Branchen. Kein Industrie-, Handels- oder Dienstleistungsunternehmen kann dauerhaft mit einer so hohen Verschuldungsquote (neudeutsch Leverage) überleben. Soweit das Bankguthaben 100.000 Euro nicht überschreitet, ist das damit verknüpfte Risiko durch die staatliche Einlagensicherung vermutlich akzeptabel abgesichert, darüber hinaus jedoch nicht. Die privaten Sicherungssysteme der drei Bankengruppen in Deutschland (Genossenschaftsbanken, öffentliche Banken und private Banken), die deutlich höhere Sicherungsgrenzen haben, bieten im Fall einer systemischen Bankenkrise, wie sie 2008/2009 in Deutschland und zeitgleich in vielen anderen Staaten ausbrach und wie es sie in den letzten 200 Jahren in vielen Ländern oder Regionen mehrfach gegeben hat, keinen hinreichenden Schutz. Dafür sind sie zu klein und schwach. Sie helfen lediglich dann zuverlässig, wenn eine oder wenige einzelne Banken außerhalb einer systemischen Krise umkippen.

        • Darüber hinaus stellt der Kredit (die Einlage) aus der Sicht des Einlegers in vielen Fällen ein Klumpenrisiko dar. Der Einleger leiht sein Geld typischerweise einem einzelnen Institut und nicht einer diversifizierten Gruppe von Banken; es sei denn, er teilt seine Anlagen auf mehrere verschiedene Häuser auf – für sehr vermögende Privathaushalte ist das de facto nur schwer oder gar nicht möglich und jedenfalls sehr arbeitsaufwändig.

        • Bankpleiten und systemische Bankenkrisen waren wirtschaftsgeschichtlich in den letzten Jahrhunderten – wie auch in den letzten 50 Jahren – "normal", wenngleich sie überwiegend nur in großen zeitlichen Abständen auftreten (siehe z. B. Calomiris 2007 und Reinhart/Rogoff 2009). "Bankenpleite" bedeutet hier nicht unbedingt formal-rechtlicher Konkurs, sondern eine existenzielle wirtschaftliche Notlage (neudeutsch "bank failure"), welche entweder staatliche Stützungsmaßnahmen nach sich ziehen, die Übernahme durch einen Konkurrenten oder eben einen formalen Konkurs mit anschließender Liquidierung. In allen diesen Fällen bedeutet "Pleite", dass manche oder alle Kontoinhaber um die Rückzahlung ihrer Einlagen über eine längere Zeit bangen müssen und/oder tatsächliche Verluste erleiden. Die Aktionäre und Anleihengläubiger der betroffenen Bank werden in der Regel einen großen Teil ihres Investments verlieren. Zur Illustration ein paar Zahlen zu Bank Failures aus der jüngeren Vergangenheit: In den fünf Jahren von 2008 bis 2012 gingen in den USA 465 Banken unter (etwa 7% aller Institute). Von 2006 bis 2013 teilten in Deutschland mehr als ein Dutzend Banken dieses Schicksal, darunter die damals zweitgrößte und drittgrößte Bank wie auch die größte Immobilienbank (Commerzbank, Dresdner Bank, Hypo Real Estate) sowie mehrere staatliche Landesbanken. Es gab kaum ein Land in der EU, das 2008/2009 keine Bankenkrise erlebte. Auch die beiden größten Schweizer Bankhäuser UBS und Credit Suisse erlitten schwerste und, aus der damaligen Sicht, existenzbedrohende Verluste. Die Zeit um 2008/2009 war jedoch kein einmaliger Sonderfall. Gravierende nationale Bankenkrisen zwischen dem Zweiten Weltkrieg und 2008/2009 gab es in den USA, Japan, Norwegen, Spanien, Schweden, der Schweiz und Großbritannien, um nur die bekannteren Fälle zu nennen (siehe die englische Wikipedia unter dem Stichwort "list of banking crises"). Die drei heute am kürzesten zurückliegenden deutschen Bankpleiten sind die Maple Bank in Frankfurt/M (2016), das Bankhaus Wölbern in Hamburg (2016) und die Süddeutsche Aktienbank in Stuttgart (2017). In wirtschaftlich weniger entwickelten Ländern sind Bankkonkurse und -beinahekonkurse noch häufiger.

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    Dr. Gerd Kommer, Alexander Weis, Jonas Schweizer
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    Dr. Gerd Kommer ist Geschäftsführer der Gerd Kommer Invest GmbH, München. Das Unternehmen berät vermögende Privatkunden, Family Offices und Stiftungen in ihren Finanzangelegenheiten. Bis Ende 2016 war Kommer 24 Jahre bei europäischen Großbanken und Asset Managern tätig; zuletzt als Leiter der Niederlassung London und Global Head of Infrastructure & Asset Finance der FMS Wertmanagement, ein Asset Manager, der dem deutschen Staat gehört. In dieser Position verantwortete er ein Portfolio aus strukturierten Krediten und Anleihen im Volumen von 16 Mrd. Euro. Kommer hat mehrere Bücher zu Investmentthemen* veröffentlicht. Er studierte BWL, Steuerrecht und Politikwissenschaft in Deutschland, USA und Liechtenstein.

    Alexander Weis ist Finanzberater bei der Gerd Kommer Invest GmbH. Vor seiner Zeit bei der Gerd Kommer Invest GmbH war Alexander Weis bei einer internationalen Unternehmensberatung im Finanzdienstleistungssektor tätig. Er hält einen MSc. in Quantitative Finance von der Wirtschaftsuniversität Wien und einen BA in Banking & Finance von der Universität Zürich.

    Jonas Schweizer ist Finanzberater bei der Gerd Kommer Invest GmbH. Vor seinem Einstieg bei der Gerd Kommer Invest GmbH war Jonas Schweizer bei mehreren internationalen Großbanken und Finanzdienstleistern tätig. Neben seiner Vollzeitstelle bei einer Großbank erwarb er 2018 einen MSc. in Finance & Accounting an der FOM München. Zudem hält er einen BA in Banking & Finance der DHBW Heidenheim.

    *Werbelink

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    Das unterschätzte Risiko von Bankguthaben - Seite 2 Bankeinlagen repräsentieren den größten Teil des liquiden Vermögens deutscher Haushalte. Dass Bankeinlagen inflationsbereinigt eine negative Rendite produzieren, ist inzwischen Allgemeingut. Unter Privatanlegern hingegen weniger bekannt ist ihr Risiko. Ursachen und Ausprägungen dieses Risikos werden im vorliegenden Blog-Beitrag analysiert und beschrieben.