checkAd

     1679  0 Kommentare IFD und IFR: Neue europäische Regeln für Wertpapierfirmen

    Die Regulierung für Wertpapierfirmen steht auf einem neuen Fundament:
    Am 5. Dezember 2019 wurden die Investment Firm Directive (IFD) und die Investment Firm Regulation (IFR) im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Was mit den neuen Regeln auf die Unternehmen zukommt, erläutern Experten von Ernst & Young.Die Investment Firm Directive (IFD) sowie die Investment Firm Regulation (IFR), veröffentlicht am 5. Dezember im Amtsblatt der Europäischen Union, schaffen umfangreiche neue Regeln für Wertpapierunternehmen. Sie müssen jezt noch national umgesetzt und somit präzisiert werden.
    Zum Hintergrund
    Wertpapierfirmen unterliegen – ebenso wie Kreditinstitute – bislang der europäischen CRR (Kapitaladäquanzverordnung) sowie der CRD IV (Eigenkapitalrichtlinie). Diese bilden den aufsichtsrechtlichen Rahmen für Eigenkapital- beziehungsweise Liquiditätsanforderungen sowie für Teile des Risikomanagements. Der in der CRR/CRD IV festgelegte Aufsichtsrahmen für Wertpapierfirmen gilt in Verbindung mit der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (Mifid). Seit Januar 2018 sind auch in der Mifid II und Mifir die Voraussetzungen für die Zulassung von Wertpapierfirmen festgelegt.
    Im Gegensatz zu Kreditinstituten nehmen Wertpapierfirmen jedoch keine Einlagen entgegen und gewähren auch nicht in großem Umfang Darlehen. Für sie ist das Risiko, dass Einleger ihr Geld kurzfristig zurückziehen und Gläubiger ihre Kredite nicht mehr bedienen können, deshalb deutlich geringer. Eigenständige europäische Vorgaben für Wertpapierfirmen zur stärkeren Berücksichtigung ihrer spezifischen Geschäftsmodelle und Risiken werden deshalb bereits seit längerem in der EU diskutiert.
    Im Dezember 2014 bat die EU-Kommission die Europäische Bankenaufsichtsbehörde EBA um einen entsprechenden Vorschlag. Im September 2017 legte daraufhin die EBA einen finalen Bericht vor. Nachdem die EU-Kommission im Dezember 2017 erste Entwürfe entwickelt hatte, kam es im Februar 2019 zu einer politischen Einigung zu diesem Thema auf EU-Ebene. Im April beziehungsweise November 2019 verabschiedete das Europäische Parlament die IFD und IFR. Beide Regularien wurden am 5. Dezember 2019 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.
    Die Umsetzung
    Zentraler Ausgangspunkt der neuen Regulierung ist die Unterscheidung von Wertpapierfirmen anhand ihrer Größe und Verflechtung mit anderen Finanz- und Wirtschaftsakteuren. Die größten und am stärksten verflochtenen Wertpapierfirmen mit risikoreichen, "bankähnlichen" Aktivitäten unterliegen weiterhin der aufsichtsrechtlichen Regelung nach CRR/CRD IV. Sie werden also Kreditinstituten gleichgestellt und genauso wie diese beaufsichtigt.
    Kleinere Wertpapierfirmen werden im Gegensatz dazu künftig unter eine neue Regelung fallen. Ihre Aufsichtsanforderungen sollen speziell auf sie zugeschnitten sein. In den meisten Fällen werden für sie dann andere Vorschriften gelten als für Kreditinstitute. In Feldern, wie dem Handel auf eigene Rechnung, in denen Kreditinstitute und Wertpapierfirmen ähnlichen Risiken ausgesetzt sind, sieht die neue Regulierung die Einführung einer vereinfachten Version einiger der derzeitigen Aufsichtsanforderungen vor.

    Insgesamt wird zwischen systemrelevanten und nicht systemrelevanten Wertpapierfirmen unterschieden. So werden Wertpapierfirmen als klein und nicht verflochten definiert, wenn sie keinen Handel für eigene Rechnung betreiben beziehungsweise kein Risiko aus dem Handel mit Finanzinstrumenten eingehen und bestimmte Größenkriterien unterschreiten. Diese "kleinen und nicht verflochtenen Wertpapierfirmen" unterliegen vereinfachten Aufsichtsanforderungen.

    Die IFD beschreibt das anfängliche Kapital von Wertpapierfirmen, die Aufsichtsbefugnisse und das Instrumentarium der zuständigen Aufsichtsbehörden sowie die Veröffentlichungspflichten von Aufsichtsbehörden.
    Die IFR regelt neben generellen Anforderungen die Zusammensetzung des Eigenkapitals und Anforderungen an das Kapital. Darüber hinaus behandelt die IFR Konzentrationsrisiken, Anforderungen an die Liquidität sowie Offenlegungsvorschriften. Zudem werden Reporting-Anforderungen an zuständige Aufsichtsbehörden festgelegt.

    Eine zentrale Vorschrift der IFR besteht in den Regelungen zur Zusammensetzung der Eigenmittel. Die neue Berechnung beinhaltet im Vergleich zur CRR zahlreiche Abweichungen, und es müssen einige Nebenbedingungen eingehalten werden. Interpretationsspielräume und Auslegungsfragen dürfte es hier insbesondere hinsichtlich der sogenannten K-Faktor-Anforderung geben (Kapitalanforderungen für Risiken). Denn in diesem Rahmen sind zahlreiche Einzelelemente zu ermitteln. Die EBA wird technische Regulierungsstandards zur Klärung von Einzelfragen setzen.
    Bezüglich des Konzentrationsrisikos gilt der Grundsatz: Wertpapierfirmen sollen ihr Konzentrationsrisiko anhand solider Verwaltungs- und Rechnungslegungsverfahren sowie robuster interner Kontrollmechanismen überwachen und kontrollieren. Detaillierte Regelungen werden zum Beispiel zur Berechnung des Risikopositionswerts oder der Obergrenze für das Konzentrationsrisiko getroffen.
    Hinsichtlich der Anforderungen an die Liquidität lautet der Grundsatz: Wertpapierfirmen müssen liquide Aktiva mindestens in Höhe eines Drittels der Anforderungen für die fixen Gemeinkosten halten. Regelungen werden hier insbesondere zu der Frage getroffen, welche Aktiva als liquide einzustufen sind.
    Bezüglich der Offenlegung von Wertpapierfirmen wird unterschieden: Sind die Firmen als "kleine und nicht verflochtene Wertpapierfirmen" einzustufen – und welche Geschäftsaktivitäten haben diese? Die Offenlegungsanforderungen umfassen Aspekte des Risikomanagements, der Unternehmensführung, der Eigenmittel, Vergütungspolitik und -praxis, Anlagestrategie sowie Informationen zu Umwelt-, Sozial- und Unternehmensführungsrisiken.

    Des Weiteren sollen Wertpapierfirmen grundsätzlich verpflichtet werden, den zuständigen Aufsichtsbehörden einen Quartalsbericht mit bestimmten Mindestinhalten zu übermitteln. Eine Erleichterung ist für kleine, nicht vernetzte Wertpapierfirmen vorgesehen. Sie sollen diesen Bericht nur jährlich vorlegen müssen.
    Es bleibt abzuwarten, wie die nationale Umsetzung durch den deutschen Gesetzgeber im Detail aussehen wird. Mit Verweis auf andere Umsetzungen europäischer Vorgaben in den vergangenen Jahren befürchten einige Marktteilnehmer bereits ein Gold Plating (ein unerwünschtes Übererfüllen von Mindeststandards, die Red.).
    Fazit
    Auch bei Wertpapierfirmen setzt sich die Regulierung auf europäischer Ebene fort. Ziel der EU ist es in diesem Fall, Geschäftsmodelle und Risiken von Wertpapierfirmen spezifischer zu berücksichtigen und auf diese Weise nachvollziehbare Regeln zu gestalten.
    Obwohl die nationale Umsetzung durch den deutschen Gesetzgeber noch aussteht, zeigen bereits die IFD und IFR, dass die neuen Regeln in einigen Bereichen sehr komplex ausfallen und die betroffenen Wertpapierfirmen vor einige Herausforderungen stehen werden.
    Hervorzuheben sind die Erleichterungen für kleine, nicht vernetzte Wertpapierfirmen. Allerdings haben die Unternehmen insgesamt einen knapp bemessenen Übergangszeitraum von nur 18 Monaten, um die neuen Berechnungsmethoden IT-seitig umzusetzen. Es bleibt abzuwarten, ob künftig für einzelne Wertpapierfirmen ein signifikant erhöhter Eigenmittelbedarf besteht. In diesem Fall sollte analysiert werden, ob die betroffenen Wertpapierfirmen die Voraussetzungen der fünfjährigen Übergangsvorschriften erfüllen, wonach nur modifizierte Eigenmittelanforderungen bestehen.
    Die Autoren:Oliver Heist ist Partner, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Leiter des Bereichs Wealth & Asset Management, Christopher Zilch ist Wirtschaftsprüfer und Alexandra Zentis Senior Manager bei der Ernst & Young Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.


    Weiterlesen auf www.dasinvestment.com

    Diskutieren Sie über die enthaltenen Werte


    DAS INVESTMENT
    0 Follower
    Autor folgen
    Mehr anzeigen
    DAS INVESTMENT wurde 1999 als DER FONDS gegründet und 2007 umbenannt. Das Magazin zählt zu den führenden Fonds-Content-Providern im deutschsprachigen Europa. Themen sind Investmentfonds, Märkte und Volkswirtschaften, geschlossene Fonds, Private Equity, Immobilien sowie Steuern und Recht. Zur Mediengruppe zählen auch die Magazine private banking magazin (Online und Print) sowie die Internetseite multiasset.com. Zudem richtet die Mediengruppe auch den private banking kongress aus.
    Mehr anzeigen

    Verfasst von DAS INVESTMENT
    IFD und IFR: Neue europäische Regeln für Wertpapierfirmen Die Regulierung für Wertpapierfirmen steht auf einem neuen Fundament: Am 5. Dezember 2019 wurden die Investment Firm Directive (IFD) und die Investment Firm Regulation (IFR) im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Was mit den neuen Regeln auf die Unternehmen zukommt, erläutern Experten von Ernst & Young.

    Schreibe Deinen Kommentar

    Disclaimer