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     849  0 Kommentare Wie soll das nur gehen?

    Es passiert jedes Mal, wenn ich merke, dass ich der Einzige bin, der mit dem Rad über den großen Parkplatz vor dem Supermarkt in der Nähe zum Einkaufen fährt. Dann muss ich an den Neuen Markt denken. Wie das damals war, als noch kein CO2, sondern die Bäume in den Himmel wuchsen.

     

    Da frage ich mich dann: Wie soll das nur alles gehen?

     

    Damals habe ich mir die Bilanzen der Unternehmen angeschaut und gestaunt, was gleichzeitig auf dem Markt passierte. Denn beides hatte absolut nichts miteinander zu tun. Zwischen den Bilanzen und der Kursexplosion gab es keinen Zusammenhang.

     

    Heute haben wir nur noch eine einzige Bilanz, das ist die Klimabilanz. Und es kursieren Worte, die ich weder verstehe noch glaube, wie zum Beispiel Klimaneutralität. Dieser Zustand herrsche dann, lese ich, wenn sämtliche Handlungen und Prozesse keine Treibhausgasemissionen verursachen oder deren Emissionen vollständig kompensiert werden. Und die EU will das bis 2050 schaffen.

     

    Dass da überhaupt jemand dran glauben kann, das kann ich schlichtweg nicht glauben. Wie soll das denn gehen?

     

    Wahrscheinlich geht das nur über den Weg des Neuen Marktes. Nur wenn unsere Klimabilanz mit der wirklichen Situation genauso wenig zu tun hat, wie das damals bei den Unternehmen des Neuen Marktes der Fall war, können wir wenigstens den Schein wahren.

     

    Doch warum machen wir so ein Theater, wenn doch jeder Mensch mit ein bisschen Verstand weiß, dass das nicht klappen kann?

     

    Ich schaue mir die ganzen Leute auf dem Parkplatz an, wie sie mit ihren Autos zum Einkaufen kommen. Irgendwie ist das ja durchaus rational, denke ich. Denn wenn wir erst 2050 klimaneutral sein wollen, kann man jetzt ja noch ordentlich auf die Tube drücken.

     

    Wie soll es aber auch anders gehen? Ich selbst bin eigentlich kein großer Klimaschützer, ich benutze zwar mein Auto so gut wie nie und mache auch keine Fernreisen mehr, aber nur deswegen, weil ich keine Lust dazu habe. Weil ich lieber Fahrrad fahre. Vielleicht geht es bei den anderen daher auch nur über das Lust-Verderben? Doch leben wir nicht auch gerade von dieser Lust? Ich meine wirtschaftlich?

     

    Gelöst werden soll das Mobilitätsproblem ja durch das E-Auto. Das jedoch ist ein noch viel größeres Potemkinsches Dorf als die Klimaneutralität. In Deutschland sind 65 Millionen Autos zugelassen, und um diese auf E-Betrieb umzustellen, bräuchte man bei sagen wir einmal durchschnittlich 100 Kilogramm an Metallen pro Batterie insgesamt 6,5 Milliarden Kilo. Allein für die Batterie. Und für die weltweit fahrenden 1,3 Milliarden Autos wären es dann 130 Milliarden Kilo. Da werden die Kindersklaven in den Minen des Kongos viel neue Arbeit bekommen.

     

    Irgendwie erinnert mich das mit den Batterie-Autos eher an ein Monty Python Sketch als an eine seriöse Zukunftsplanung. „Where do I have to put the water into the battery?“ „Battery, which battery?“

     

    Für mich persönlich habe ich auf jeden Fall die Lösung für das anstehende Umrüsten unserer Wirtschaft und Gesellschaft bereits in einer Liedzeile des wunderbaren und phantastischen Jens Lekman gefunden. Sie lautet: „She said it was all make-believe, but I thought she said Maple Leaves.“

     

    Eine Frage treibt mich aber noch um. Wie wird eigentlich der Völkermord, den die Russen und die Türken gerade in Syrien verrichten, in den Klimabilanzen erfasst? Das ganze Giftgas und die Bomben auf die Zivilbevölkerung? Wird das den Syrern zugerechnet? Das wäre doch eigentlich ungerecht, oder?

     

    Wahrscheinlich wird hierbei jedoch viel zu wenig CO2 freigesetzt, um sich über Syrien überhaupt einen Kopf zu machen.

     

     

     

     

     


    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
    Wie soll das nur gehen? It´s only make-believe

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