Die kapitalbildende Lebensversicherung – ein deutscher Irrweg
Eine kapitalbildende Lebensversicherung ist ein aus ökonomischer Sicht kurioses Kuppelprodukt aus einer Versicherungskomponente zur Todesfallabsicherung und einem langfristigen Sparvertrag zur Vermögensbildung im Nicht-Todesfall. In diesem Beitrag beleuchten wir, warum es sich dabei um eine wirtschaftlich unsinnige Fehlkonstruktion handelt und warum dieses Finanzprodukt im deutschsprachigen Raum dennoch so enorm verbreitet ist. Wir benennen darüberhinaus praktische Handlungsoptionen in Bezug auf vorhandene Lebensversicherungsverträge.
Ein Drittel des liquiden Vermögens der bundesdeutschen Haushalte steckt in kapitalbildenden Lebensversicherungen (KLVs) – ein Finanzprodukt, das vorrangig der langfristigen Vermögensbildung und Altersvorsorge dienen soll. Statistisch gesehen hält jeder der über 40 Millionen Haushalte in diesem Land mehr als zwei KLV-Policen.
Aus dieser weltweit wohl einmaligen "KLV-Dichte" könnte man auf den ersten Blick ableiten, dass die KLV für die Deutschen ein wesentliches und erfolgreiches Investmentprodukt sei. Wesentlich ist sie angesichts dieser Größenordnung gewiss; erfolgreich auch – für die Versicherer. Der Erfolg von KLVs für die Versicherten dürfte dagegen eher bescheiden sein. Wie bescheiden, warum bescheiden und welche Handlungsfolgen daraus abzuleiten sind, das versucht dieser Blog-Beitrag zu zeigen. Die folgenden Ausführungen gelten in Bezug auf steuerliche und aufsichtsrechtliche Aussagen nicht oder nur bedingt für Österreich und die Schweiz.
KLVs existieren in einer "klassischen" und in einer fondsgebundenen Form. Bei der klassischen Variante werden die Beiträge der Versicherungsnehmer vorwiegend in langfristige Anleihen aus dem oberen Bonitätssegment investiert (primär Staatsanleihen), bei fondsgebundenen Lebensversicherungen fast immer in teure aktiv gemanagte Aktien- oder Mischfonds.
Das zugrunde liegende Investment in Anleihen oder Investmentfonds (die wiederum in Aktien oder Anleihen anlegen) wird umhüllt von einer dicken, rechtlich komplexen "Verpackung", dem "Versicherungsmantel". Er kostet viel Geld, führt ein nennenswertes Zusatzrisiko ein (das Gegenparteirisiko oder Bonitätsrisiko der Lebensversicherungsgesellschaft), macht eine ansonsten recht banale Kapitalmarktanlage intransparent und bringt – wie wir sehen werden – keinen einzigen echten Vorteil. Zum wichtigen Gegenparteirisiko weiter unten mehr.
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KLVs kann man aus Anwendersicht als veritable Fehlkonstruktion bezeichnen. Fehlkonstruktion deswegen, weil eine KLV bei rationaler Betrachtung eine ökonomisch eher unsinnige Verkupplung eines Versicherungsproduktes mit einem Investmentprodukt ist, nämlich eine Risikolebensversicherung verzahnt mit einem Sparvertrag. Die Risikolebensversicherung repräsentiert eine – in aller Regel nur zeitlich begrenzt notwendige – Todesfallabsicherung. Der Sparvertrag ist dagegen ein Anlageprodukt für die sehr langfristige Vermögensbildung und Altersvorsorge. Diese beiden Funktionen und Ziele haben letztlich genauso viel mit einander zu tun wie eine Schwimmweste und ein Fahrrad. Trotzdem werden sie von Versicherungen kombiniert, weil man in dieser intransparenten, illiquiden, unnötig komplexen Kombination hohe Kosten und Margen besonders gut verstecken kann.
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