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    EZB-Geldflut steigt an / Kommentar zu den Folgen der Geldpolitik von Kai Johannsen
    Frankfurt (ots) - Die von der Europäischen Zentralbank (EZB) beschlossene Ausweitung der Notfallmaßnahmen ist ein weiterer Paukenschlag. Infolge des Konjunktureinbruchs im Zuge der weltweiten Corona-Pandemie erhöhen die europäischen Währungshüter das Volumen ihrer dafür eingesetzten Anleihekäufe von bislang 750 Mrd. Euro auf nunmehr 1,35 Bill. Euro. Damit wurden die Prognosen der Volkswirte nochmals leicht übertroffen; sie hatten im Schnitt mit einer Erhöhung um 500 Mrd. Euro gerechnet. Wie die EZB am Donnerstag weiter mitteilte, soll das bislang bis Jahresende terminierte sogenannte Pandemic Emergency Purchase Programme - kurz PEPP - bis mindestens Ende Juni 2021 verlängert werden. Den Leitzins ließen die Währungshüter um EZB-Chefin Christine Lagarde erstmal unverändert bei null Prozent, den Einlagensatz hielt die EZB auf dem bisherigen Niveau von minus 0,5%. Die PEPP-Geldflut steigt also weiter an und wird die Märkte von nun an wenigstens ein gutes Jahr beeinflussen.

    Es stellen sich zwei Fragen in diesem Zusammenhang. Erstens: Reicht die Ausweitung? Das lässt sich verständlicherweise nicht abschließend beantworten. Wenn es zu einer schnellen Erholung der globalen konjunkturellen Aktivitäten kommt, können Marktteilnehmer in dieser Hinsicht womöglich optimistisch sein. Dann müsste die Konjunktur aber einen V- oder U-förmigen Verlauf nehmen, sich also relativ zügig aus dem Tal der Tränen herausbewegen. Dann muss die EZB wahrscheinlich nicht noch mal nachlegen. Aber: Die grobe Tragweite der Covid-19-Pandemie in Sachen Konjunkturbeeinträchtigung wird sich erst mit den Zahlenwerken zum zweiten Quartal, also ab Juli andeuten. Wie stark ist die Wirtschaft dann eingebrochen, wie heftig ist die Arbeitslosigkeit in die Höhe geschnellt, wie viele Insolvenzen liegen vor, wie ist es um die Ertrags- und Liquiditätslage der Firmen bestellt, welchen Ausblick geben sie ab? Die Antworten auf diese Fragen müssen erst einmal abgewartet werden, erst dann lässt sich einigermaßen belastbar abschätzen, wo die Konjunkturreise hingeht.

    Und wenn eine zweite Covid-19-Infektionswelle kommt und ein zweiter Lockdown eintritt? Man will gar nicht daran denken. Aber wie weit müssen dann die Notfallmaßnahmen der EZB und die Konjunkturstimulierungsprogramme der Regierungen ausgeweitet werden? Und vor allem: Kann das noch überzeugend vorgenommen werden? Man kann nur hoffen, dass dieser Fall nicht eintritt.

    Die zweite Frage, die sich nun stellt, ist: Welche Marktreaktionen sind in den nächsten Wochen wohl zu erwarten, wenn die Flutung der Märkte mit EZB-Geld weitergeht? Viele Investoren werden nach der TINA-Devise handeln: There Is No Alternative. Und dann werden sie Aktien kaufen. Denn die Liquiditätsschwemme der Zentralbanken rund um den Globus während der vergangenen Krisenjahre - und das sind so einige - hat diese Entwicklung ja schon gezeigt. Die Aktienmärkte erlebten eine beeindruckende Hausse. Und auch jetzt hat so mancher Aktienindex seine Verlustserie, die er im Zuge der Covid-19-bedingten Turbulenzen an den Finanzmärkten hingelegt hatte, schon wieder ausgebügelt.

    Auch an den Anleihemärkten wird die EZB-Geldflutung weiter tiefe Spuren hinterlassen. Die Renditen der Staatsanleihen in der Eurozone, insbesondere in der Eurozonenperipherie, allen voran in Italien, werden weiter zurückgehen - dies ist eine logische Folge der Käufe und natürlich die klare Absicht der EZB. Der Anlagedruck wird auch im Fixed-Income-Bereich weiter anschwellen. Bonds werden gekauft und an die EZB durchgereicht. Und damit darf man sich auch darauf einstellen, dass Rekordorderbücher bei Anleiheemissionen auftreten werden. Erst in der gerade abgelaufenen Woche war wieder einer dieser Meilensteine aufgestellt worden. Italien generierte für eine einzige Anleihe ein Nachfragevolumen von 107 Mrd. Euro. Man darf gespannt sein, wann Ordervolumina von 150 Mrd. Euro oder gar mehr als 200 Mrd. Euro berichtet werden. Mal ehrlich: Wer hätte sich so etwas vor ein oder zwei Jahren ausgemalt? Und wie geht der Markt dann damit um, wenn Anleiheemissionen mal nur fünf- oder sechsfach überzeichnet sind? Ist der Deal dann bereits ein Flop? Eines ist vollkommen sicher: Die Flutung der Märkte wird Anleiheemittenten aus allen Lagern eine solide bis kräftige und mancherorts sogar überbordende Nachfrage bescheren. Renditen werden sinken, Spreads werden sich einengen. Und das wird sehr deutlich sein. Nur besonders beruhigend oder sonderlich gesund wirkt diese Entwicklung nicht gerade.

    (Börsen-Zeitung, 06.06.2020)

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