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    Marktkommentar  530  0 Kommentare Karen Ward (J. P. Morgan AM): Warum sind die Brexit-Risiken wieder Thema?

    Das Vereinigte Königreich (UK) ist zwar am 31. Januar aus der Europäischen Union (EU) ausgetreten, wegen der elfmonatigen Übergangsfrist hat sich für die Wirtschaft aber tatsächlich nichts geändert.

    Ein amerikanischer Kollege nahm kürzlich mit mir gemeinsam an einem Meeting teil und war perplex, dass ich über den Brexit sprach. „Ist der Brexit denn nicht erledigt?“, fragte er mich. Nein, ist er nicht. Das Vereinigte Königreich (UK) ist zwar am 31. Januar aus der Europäischen Union (EU) ausgetreten, wegen der elfmonatigen Übergangsfrist hat sich für die Wirtschaft aber tatsächlich nichts geändert. In diesem Zeitraum sollten sich die UK und die EU auf ein zukünftiges Handelsabkommen einigen, das am 1. Januar 2021 in Kraft treten sollte.

    Die Bedingungen für den Austritt der UK aus der EU wurden rechtlich im Austrittsabkommen verankert. Darin wurde auch festgehalten, dass die UK eine Verlängerung des Übergangszeitraums beantragen könnte, wenn seiner Ansicht nach mehr Zeit für Verhandlungen erforderlich sei. Dies müsste jedoch bis zum 30. Juni diesen Jahres beantragt werden. Und deshalb spricht man jetzt wieder über den Brexit.

    Bei den Verhandlungen wurden anscheinend keine großen Fortschritte gemacht. Und das liegt nicht nur an den physischen und kapazitätsmäßigen Einschränkungen infolge von Covid-19. Die grundlegende Ursache des Problems ist dasselbe Thema, das die Gespräche während der gesamten letzten vier Jahre erschwert hat. Die UK möchte die Kontrolle zurückerlangen und wirklich selbstbestimmt werden, indem es eigene, von britischen Gerichten durchgesetzte Regeln und Vorschriften erlässt. Die EU hingegen ist zur Gewährung eines nennenswerten Zugangs zum EU-Binnenmarkt nur gegen die Abgabe von Garantien bereit, dass ihre Standards nicht für das Erreichen von Wettbewerbsvorteilen unterlaufen werden.

    Was geschieht also als nächstes? Die britische Regierung scheint fest entschlossen zu sein, keine Verlängerung zu beantragen. Das wird allem Anschein nach zu einem Knackpunkt gegen Jahresende führen: Entweder wird in den nächsten sechs Monaten ein Durchbruch in Form eines Freihandelsabkommens erreicht, oder das Vereinigte Königreich tritt aus und wird Handelspartner nach den Regeln der Welthandelsorganisation WTO.

    Der Handel nach WTO-Regeln gilt als Synonym für einen „harten Brexit“. Was genau bedeutet das eigentlich? Die kurze Antwort lautet: Möglicherweise Zölle, mehr Zollformularien für Unternehmen, die mit der EU handeln möchten, und eventuell die Notwendigkeit, das Vereinigte Königreich von EU-Lieferketten auszuschließen, wenn keine regulatorische Konformität gewährleistet werden kann. Diese nicht-tarifären Barrieren werden unserer Ansicht nach die größten Auswirkungen auf wirtschaftlicher Ebene haben. Auch für Finanzfirmen könnten sich erhebliche Konsequenzen ergeben, weil Großbritannien nicht mehr Teil des Passporting-Systems wäre, durch das EU-Kunden von Niederlassungen im Vereinigten Königreich betreut werden können. Fürsprecher eines harten Brexit argumentieren, dass ein sauberer Bruch der UK mehr Flexibilität für das Aushandeln von künftigen Handelsabkommen mit anderen Handelspartnern gäbe. Allerdings würden sich jegliche Vorteile dieser Abkommen erst zeigen, wenn sie umgesetzt sind, was häufig ein sehr langer Prozess ist.

    Was wird geschehen, mit welchen Folgen für die Märkte? Unserer Ansicht nach könnte die Ankündigung eines umfassenden Freihandelsabkommens eine Aufwertung des britischen Pfunds auf 1,45 USD bewirken. In einem Szenario ohne Handelsabkommen dem Vereinigten Königreich teilweise helfen, mit neuen Friktionen im Handel fertig zu werden.

    Eine negative Reaktion der Märkte auf das Verstreichen der Frist vom 30. Juni ist unwahrscheinlich, sofern nicht beide Seiten ausdrücklich festhalten, dass weitere Verhandlungen zwecklos seien und Vorbereitungen auf einen No-Deal-Ausstieg getroffen werden sollten. Gegenwärtig hat die EU verlautbart, dass die Verhandlungen weitergeführt werden sollten, begleitet von der Vorbereitung einer „Bereitschaft“ für den Fall, dass kein Abkommen erreicht werden kann.

    Wenn die Verhandlungen voranschreiten, werden die Märkte ihnen möglicherweise bis zum Herbst, wenn der Knackpunkt näher rückt, kaum Beachtung schenken. Unsere zentrale Erwartung ist, dass beide Seiten bis zum Beginn des vierten Quartals weiterhin laut mit den Säbeln rasseln, um möglichst viele Zugeständnisse zu erreichen. Es wird so aussehen, als bestünde keine Aussicht auf ein Abkommen. Mit näher rückendem Jahresende dürfte sich jedoch der Pragmatismus durchsetzen und eine Lösung gefunden werden.

    Als der Begriff „Brexit“ in das englische Wörterbuch aufgenommen wurde, hätte man gleich das Wort „Schaumschlägerei“ hinzufügen sollen. Wir erwarten im Umfeld der Ausarbeitung eines teilweisen Handelsabkommens eine erhebliche Menge an „Schaumschlägerei“. Das kann tatsächlich auch Vereinbarungen auf höherer Ebene umfassen, aus denen nach und nach die Details herausgearbeitet werden.

    Dies entspricht im Kern unseren Erwartungen, es bestehen allerdings erhebliche Risiken, derer sich Anleger bewusst sein sollten. Das britische Pfund könnte größeren Schwankungen ausgesetzt sein. Da nahezu 80 % der Erlöse aller FTSE 100-Unternehmen aus dem Ausland stammen, wird dies auch Folgen für den Aktienmarkt haben, denn eine Aufwertung des Pfunds könnte die Gewinne belasten, mit dem gegenteiligen Effekt bei einer Abwertung, solange alle anderen Faktoren unverändert bleiben. Wir raten jedoch davon ab, sich zu sehr auf eine Erholung des FTSE im Fall eines harten Brexit zu verlassen, weil ein ungeordneter Austritt negative Folgen sowohl für das Vereinigte Königreich als auch die EU hätte, was einen Teil der für britische Unternehmen wichtigen Auslandsumsätze beeinträchtigen würde.




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