Große Koalition verpasst Chance für einen modernen Jugendschutz - Seite 2
einzusetzen", sagt Susanne Dehmel, Mitglied der Bitkom-Geschäftsleitung.
Daniela Beaujean, VAUNET-Geschäftsführerin: "Durch den Gesetzesvorschlag droht
eine Doppelregulierung, der Aufbau von Doppelstrukturen und eine Überfrachtung
der Alterskennzeichen. Im Gesetzestext fehlt eine eindeutige Regelung, dass die
Länder für inhaltsbezogene Fragen audiovisueller Medien und der Bund für die
strukturellen zuständig sind. Auch dass einzelne Regelungen nur private
'gewinnorientierte' Anbieter treffen sollen, führt zu einer Ungleichbehandlung
privater Medien. Im weiteren Verfahren sollten im Interesse eines
zukunftsfähigen Jugendmedienschutzes nun noch alle Möglichkeiten genutzt werden,
um notwendige Verbesserungen zu erzielen."
"Die kurz vor Ende des parlamentarischen Verfahrens erfolgten Verschärfungen
schränken den Spielraum der Selbstkontrollen ein. So wird die
jugendschutzrechtliche Bewertung von Trailern einer individuellen Prüfung
entzogen und richtet sich ausschließlich nach dem beworbenen Medium. Damit
verbunden sind einseitige Beschränkungen für audiovisuelle Werbeformate, die
insbesondere das Kino treffen werden. Auch müssen die Selbstkontrollen selbst
bei nicht interaktiven Einzelinhalten angebotsabhängige Nutzungsrisiken
berücksichtigen. Das kann bei identischen Inhalten zu unterschiedlichen
Altersbewertungen führen. Für Kinder, Jugendliche und Eltern ist nicht mehr
nachvollziehbar, ob sich eine Altersbewertung auf einen Inhalt bezieht oder dem
Angebotsumfeld folgt. Die Alterskennzeichen und die zusätzlich vorgesehenen
Deskriptoren verlieren dadurch ihre Orientierungsfunktion", sagt Dr. Thomas
Negele, Präsident der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft e.V.
Im Gesetzgebungsprozess der vergangenen eineinhalb Jahre haben Bitkom, game,
SPIO und VAUNET immer wieder konkrete Lösungsvorschläge gemacht, die nun
weitestgehend nicht umgesetzt werden. Im Gegenteil: Noch kurz vor Ende des
parlamentarischen Verfahrens erfolgten gravierende Änderungen, die vor allem den
Handlungsspielraum der Selbstkontrollen begrenzen und sie damit schwächen. Hinzu
kommt: Manche der bisherigen Probleme werden durch das neue Jugendschutzgesetz
sogar noch verstärkt. Dazu zählen die Überschneidungen von Kompetenzen von Bund
und Ländern, die Doppelzuständigkeiten von Behörden, die Schwächung der
Selbstkontrollen oder die Überfrachtung der Alterskennzeichen. Zusätzlich ist
aus Sicht von Bitkom, game, SPIO und VAUNET die Benachteiligung von Anbietern
aus Deutschland eine der Folgen der Reform, da sich Anbieter im europäischen
Ausland den Regelungen mit Verweis auf das Herkunftslandprinzip entziehen
können. Kritik wie diese wurde nicht nur von Bitkom, game, SPIO und VAUNET,