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    Diskussion um Mega-Lockdown  2628  0 Kommentare
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    Corona-Lockdown-Verschärfungen juristisch fragwürdig

    Ausgangssperren und Kontaktverbote: Verschärfung des Corona-Lockdowns juristisch nicht umsetzbar

    Was ist passiert?

     

     

    Nachdem Bundeskanzlerin Angela Merkel sich in einem Interview bei Anne Will für Verschärfungen der Corona-Maßnahmen ausgesprochen hat, ist die Sorge in vielen Bereichen groß. Die Verschärfungen würden noch tiefere Eingriffe in die individuellen Grundrechte mit sich bringen, als ohnehin derzeit schon gelten. Was ist davon juristisch überhaupt noch umsetzbar? Dieser Frage soll nachfolgend auf den Grund gegangen werden.

     

    Ziel der Verschärfungen ist es, das Ansteigen der Inzidenzwerte zu stoppen und damit auch die Verbreitung der Corona-Mutationen einzuschränken. Dieses Ziel würde dem Grundsatz des überragenden Guts der Volksgesundheit entsprechen. Dem gegenüber stehen jedoch die individuellen Grundrechte jeder einzelnen Person. Um zu bewerten, inwiefern die Maßnahmen juristisch also vertretbar sind, muss eine Abwägung zwischen diesen beiden Parteien vorgenommen werden.

     

     

    1. Forderung: Ausgangssperre

     

     

    Von 22 bis 5 Uhr dürfte niemand die eigenen vier Wände verlassen – das würde die Ausgangssperre bedeuten, wenn sie denn kommt. Grundsätzlich ist dafür die Ermächtigungsgrundlage mittlerweile bereits gegeben, denn so ist es im Infektionsschutzgesetz §28a Abs. 1 Nr. 3 festgelegt.

     

    An dieser Stelle muss nun also die Abwägung stattfinden: Ist der immense Eingriff in die Grundrechte eines Einzelnen rechtens, wenn dies in Verhältnismäßigkeit zur Volksgesundheit auf der anderen Seite steht? Verhältnismäßig ist ein solcher Eingriff dann, wenn er geeignet, erforderlich und angemessen ist.

     

     

    Ist die Ausgangssperre als Maßnahme verhältnismäßig?

     

     

    Grundsätzlich lässt sich bereits festhalten, dass große Zweifel an der Eignung der Ausgangssperre als probates Mittel zur Eindämmung von Infektionszahlen vorliegen. Denn, betrachtet man diese politische Forderung ganz pragmatisch, zeigt sich: Nachts halten sich weitaus weniger Menschen auf der Straße auf – also wird sich diese Maßnahme auch kaum auf das Infektionsgeschehen auswirken. Geeignet ist das Mittel zum Zweck also kaum.

     

    Angemessen ist diese Maßnahme ebenfalls kaum. Denn auf der Grundlage bisheriger Erfahrungswerte (bspw. aus Bayern oder Nachbarländern, die bereits Ausgangssperren verhängt haben) gibt es keine evidenzbasierte Statistik, die besagt, dass nächtliche Ausgangssperren zu einem erheblichen Rückgang der Infektionszahlen führen würden. Es gibt also keine faktenbasierte Argumentationsgrundlage, die den Mittel zum Zweck untermauern würde.

     

    Die Verhältnismäßigkeit dieser geforderten Maßnahme ist also kaum gegeben und ein derart massiver Eingriff in das Grundrecht des Einzelnen daher nicht vertretbar.

     

     

    2. Forderung: Besuchs- und Kontaktverbote

     

     

    Weiterhin ist zur Eindämmung der Pandemie eine Ausweitung des Besuchs- und Kontaktverbots gefordert worden. Die politische Ermächtigungsgrundlage liegt auch für diese Regelung im Infektionsschutzgesetz vor.

     

    Doch dafür muss erneut geprüft werden, ob diese Maßnahme in Verhältnismäßigkeit zum Nutzen steht: Ist das Mittel zum Zweck also geeignet, erforderlich und angemessen?

     

     

    Sind Besuchs- und Kontaktverbote verhältnismäßig?

     

     

    Zunächst ein Blick auf die Frage, inwiefern Kontaktverbote geeignet wären. Da die privaten Haushalte der Hauptspreader bezüglich des Infektionsgeschehens sind (so geht es aus diversen Statistiken hervor), erscheint eine Reduzierung der Kontakte im privaten Bereich geeignet und vielleicht sogar erforderlich.

     

    Gleichzeitig steht dabei aber auch die Frage im Fokus: Gibt es vielleicht ein milderes Mittel? Denn solch massive Eingriffe in die Grundrechte sollten immer das letzte Mittel der Wahl sein.

     

    Mit Bezug auf die aktuelle Situation ist dahingehend festzustellen, dass sowohl Impfungen als auch Schnelltests bereits vorhanden sind. Durch Tests können Krankheitsfälle schnell erkannt werden. Wenn man also sagt, man darf sich mit einer definierten Anzahl an Personen treffen sofern alle getestet sind und alle weisen einen tagesaktuellen negativen Test vor – dann würde sich dies nicht negativ auf das Infektionsgeschehen auswirken. Gleichermaßen wäre dies ein weitaus milderes Mittel, als pauschal das Kontakt- und Besuchsverbot auszusprechen.

     

     

    3. Forderung: Testpflicht für Unternehmen

     

     

    Auch der Arbeitsplatz kann ein Ort der Krankheitsübertragung sein. Damit dies verhindert werden kann, steht eine Testpflicht für Unternehmen zur Debatte. Insbesondere da, wo Homeoffice nicht möglich ist oder gegebenenfalls sogar Kundenkontakt besteht, soll in Unternehmen eventuell ein- bis zweimal pro Woche getestet werden. Sowohl die Kosten dafür als auch die Organisation und Logistik müsste dafür der Arbeitgeber übernehmen. Doch inwiefern ist die Durchführung von Tests für Arbeitgeber- oder Arbeitnehmerseite verpflichtend?

     

    Eine dementsprechende Ermächtigungsgrundlage, die das Durchführen von Tests zur Pflicht machen könnte, gibt es in der Corona-Arbeitsschutzverordnung derzeit nicht. Dort ist nur von der Möglichkeit, Tests anzubieten, die Rede. Eine Verpflichtung schließt dies zum jetzigen Zeitpunkt aus.

     

     

    Wäre die Testpflicht für Unternehmen verhältnismäßig?

     

     

    Obwohl es sich für den Arbeitgeber offensichtlich um eine freiwillige Maßnahme handelt, Teststrukturen im eigenen Unternehmen zu etablieren, können Arbeitnehmer durchaus unter Umständen zum Testen verpflichtet werden. Denn dies könnte dem Direktionsrecht des Arbeitgebers unterliegen. Dies legt fest, dass der Arbeitgeber zur Erhaltung der betrieblichen Belange berechtigt ist, dem Arbeitnehmer Weisungen zu erteilen. Das Durchführen des Tests kann eben eine solche Weisung sein.

     

    Arbeitsrechtlich könnte diese Interpretation der Umstände jedoch umstritten sein. Erneut zeigt sich hier die Komplexität des Themas. Erneut müsste eine Abwägung stattfinden. Außerdem als problematisch könnte sich dabei das Thema Datenschutz erweisen. Denn es würde sich um personenbezogene Daten des Arbeitnehmers handeln, die vom Arbeitgeber verarbeitet würden.

     

    Kurz gesagt: Eine Verpflichtung für Arbeitgeber, Tests durchzuführen, gibt es bisher nicht. Dafür müsste zunächst das Corona-Arbeitsschutzgesetz verändert werden, um die Ermächtigungsgrundlage zu schaffen. Inwiefern Arbeitgeber Arbeitnehmer verpflichten können, Tests durchzuführen, lässt sich bisher kaum konkret beantworten.

     

     

    Fazit: Forderungen um Mega-Lockdown höchst problematisch

     

     

    Es bleibt eine Debatte zwischen verhärteten Fronten und stets muss erneut abgewägt werden. In der Form, wie der Corona-Mega-Lockdown zum jetzigen Zeitpunkt jedoch angesprochen wurde, ist er juristisch definitiv nicht umsetzbar und höchst anzweifelbar.

     

     

    Wenden Sie sich bei weiteren Fragen an uns!

     

     

    Zu diesem Thema gibt es außerdem bereits ein Video. Bei weiteren Fragen wenden Sie sich an die Kanzlei Mingers. Rechtsanwaltsgesellschaft mbH! Wir beraten Sie gerne. Erreichen können Sie uns unter der Telefonnummer 02461/ 8081 oder dem Kontaktformular auf unserer Website. Weitere Rechtsnews finden Sie in unserem Blog oder YouTube-Channel.

    Markus Mingers
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    Markus Mingers ist Rechtsanwalt für Verbraucherrecht, sowie Arbeitsrecht, Bank- und Kapitalmarktrecht. Seit mehr als 20 Jahren ist er als Anwalt tätig. Als Inhaber von Mingers. Rechtsanwaltsgesellschaft erzielt er mit seinem Team bisher unbekannte Gewinne für Verbraucher. Er ist Experte im Bereich Rückabwicklung Lebensversicherung, Widerruf Autokredit und Verbraucherdarlehen sowie im VW Abgasskandal. Bekannt ist Markus Mingers vor allem durch seine Auftritte bei n-tv oder RTL sowie als Experte von FOCUS Online, hier ist sein Rat im Verbraucherrecht zu aktuellen Themen gefragt.
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    Verfasst von Markus Mingers
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