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     2589  0 Kommentare Wette verloren

    Die Börse ist ein Ringelspiel

    Na prima. Kaum wette ich einmal, verliere ich auch gleich. Am Mittwoch habe ich noch geschrieben, ich könnte wetten, es geht erst noch einmal herunter und erst dann herauf – doch seitdem steigen die Kurse kontinuierlich.

    Als alter Kostolany-Schüler hätte ich das auch unterlassen sollen. Denn wie hat Kosto immer gesagt: Entweder man ist der Meinung, die Aktien werden steigen – oder man glaubt, sie werden fallen. Doch zu glauben, sie werden erst fallen und dann steigen oder erste steigen und dann fallen – das ist alles Unsinn. Aber auch ich, der ich nun fern der Märkte bin wie sicherlich kaum ein anderer Kommentator, kann sich eben nicht völlig frei machen vom täglichen Dummgeschwätz.

    Ich denke, die Aktien werden weiter steigen. So lange, wie wirtschaftlich sich kein deutlicher Abschwung andeutet. Sie werden steigen, nicht weil etwa Liquidität in die Aktienmärkte fließen wird oder die Investoren auf die Käuferseite wechseln, wie ich das in den beiden letzten Kolumnen kritisiert habe – sondern einfach deswegen, weil relevante Kreise nicht investiert sind. Und die Papiere zur Abänderung dieses Zustandes aus den hartgesottenen Händen zu steigenden Kursen herauslocken müssen.

    Denn im Unterschied zur Vorstellung des Allgemeinverstandes ist die Börse kein Krug, in den irgendwelche Flüssigkeiten (Achtung: Liquidität!) herein- und herausfließen, sondern ein Ringelspiel: Die Anleger als Gesamtheit müssen an jedem Tag alle Aktien in ihrem Besitz halten. Nettokäufe oder Nettoverkäufe an Aktien kann es nicht geben. Es gibt nur in jeder Sekunde einen neuen Preis für jede Aktie, der festlegt, wer welche Aktien halten und von welchen er sich trennen möchte. Und ist es den Geldhaltern wichtiger, in den Aktienmarkt hineinzukommen als den Aktienbesitzern, herauszukommen, dann steigen die Kurse. Genauso sieht es im Moment aus.

    berndniquet@t-online.de


    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
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